Stimmen der Kurve: Im Gespräch mit Oleksii von Dynamo Kiew (Ukraine)

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Im Rahmen unserer Gesprächsreihe „Stimmen der Kurve“ wollen wir nicht nur einen Blick in die deutschen Stadien werfen, sondern auch auf die Situation im europäischen Ausland. Hierfür konnten wir Oleksii als organisierten Fan von Dynamo Kyiv (Dynamo Kiew) gewinnen. Mit ihm sprachen wir über die Lage des ukrainischen Fußballs, die Frage nach der Verbindung von Fußball und Nationalismus und wie er die Situation im Westen wahrnimmt.

Der III. Weg: Stelle dich doch bitte kurz unseren Lesern vor.

Oleksii: Mein Name ist Oleksii. Ich unterstütze Dynamo Kyiv seit vielen Jahren. Dynamo ist das Hauptteam der Ukraine. In der Sowjetzeit war es der stärkste Klub in Osteuropa und ich bin aus einer Arbeitergegend und hatte daher nicht die Wahl, jemand anderes zu unterstützen. Ich grüße alle erwachten Weißen.


Der III. Weg: Wie ist die Situation im ukrainischen Fußball im Allgemeinen und aus politischer Sicht? Ist Fußball beispielsweise ein Sport, der viele junge Leute anzieht oder nur eine Minderheit? Wie groß ist die Ultra- und Hooliganszene in der Ukraine? Sind die meisten Ultra- Hooligangruppen nationalistisch, gibt es linke Gruppen oder sind die meisten unpolitisch?

Oleksii: Die Situation im ukrainischen Fußball als Fanszene ist nicht gut. In den letzten Jahren ging es bergab. Das hängt mit den Entwicklungen in meinem Land (der Revolution und dem Krieg) zusammen. Große Firmen wollen nicht in den Fußball investieren und Fans sind nicht mehr so sehr am Fußball interessiert wie früher. Wenn man in den Nachrichten hört, dass an der Front ukrainische Männer gestorben sind, ist Fußball eben nicht so wichtig. Ein weiterer Grund ist, dass während der letzten sechs Jahre ein Waffenstillstand (mit wenigen Ausnahmen) zwischen den Fans herrschte. Es gab daher keine Action und es ist nicht mehr so interessant umherzureisen wie vor 2014.

Die ukrainische Fanszene ist absolut nationalistisch. Es gibt aber mit Arsenal Kyiv einen kleinen linken Klub. Bei allen Zusammentreffen waren wir immer siegreich und es ging oft nicht fair dabei zu. Übrigens unterhalten sie Verbindungen zu verschiedenen Klubs in der BRD (Sankt-Pauli, Darmstadt, Chemie Leipzig).

Bezüglich Fußball – ja, es ist der bekannteste Sport in unserem Land, aber der Nationalsport der Ukraine ist sicherlich Boxen. Wir sind besser darin, auf Köpfe zu schlagen, als auf Bälle.

Der III. Weg: Wie ist die Situation für deinen Klub (Dynamo Kyiv) und deine Gruppe? Es gibt viele Aufkleber der Dynamo Kyiv Ultras mit Keltenkreuzen und SS Totenköpfen. Ist das “normal” für ukrainische Fußballfans?

Oleksii: Die Dynamobewegung ist groß und es gibt viele Ultra- und Hooligangruppen. Es gibt zwei Blöcke in unterschiedlichen Gebieten: Rodychi und White Boys Club.
Ja, das ist normal. Seit den 80ern ist Dynamo berühmt für seine nationalistischen Ansichten (welche in der Gesellschaft nicht beliebt waren) und wir waren immer nationalistisch eingestellt. Unsere Gebiete waren Leuten mit gegenteiligen Positionen nicht zugänglich.

Dynamo Kiew in Griechenland

Der III. Weg: Wie sind eure Beziehungen und Ansichten bezüglich anderer europäischer Fußballklubs?

Oleksii: Die sind normal. Wir haben Verbindungen zu verschiedenen Klubs. Die Szene im Westen ist in den letzten Jahren besser geworden, manchmal gibt es ganz gute Kämpfe. Ich mag es aber nicht, wenn sie Neger oder so in ihren Gruppen haben. In der Ukraine ist sowas einfach nicht möglich und wir warnen westliche Klubs immer, dass sie keine Migranten dabei haben dürfen, da sonst nicht fair gekämpft wird, wenn es um Straßenkämpfe geht. Hooligankultur ist eine Angelegenheit von Weißen.

Der III. Weg: Soweit wir wissen, waren viele Ultra- und Hooligangruppen Teil der Maidan-Revolution. Kannst du uns etwas darüber sagen?

Oleksii: Ja, das stimmt. Fans aus dem ganzen Land waren stark an den Unruhen beteiligt. Allgemein hat die Revolution das nationale Selbstgefühl erweckt.
Es begann alles, als unser ehemaliger Präsident die Regierung näher an Russland heranbrachte, unsere Gesellschaft damit aber nicht einverstanden war und es zu Protesten kam. Die Polizei schlug die meist aus Studenten bestehenden Proteste hart nieder. Das nächste Mal kamen um die eine Million Menschen zum zentralen Maidan. Als die Kämpfe mit der Polizei begannen, waren Hooligans in der ersten Reihe, dann, Monate später, kam es zu einem großen Kampf nahe des Dynamo-Stadions. Die ersten Menschen starben (einer davon ein Nationalist aus Weißrußland) und die ersten Molotowcocktails flogen von unserer Seite. Im nächsten Monat fand die entscheidende Auseinandersetzung statt, die in unserem Sieg endete, aber leider starben fast 100 Menschen. Russland evakuierte die meisten Polizisten, die dafür verantwortlich sind und sie kamen nicht in der Ukraine ins Gefängnis. ACAB.

Der III. Weg: Was bedeutet es für dich und deine Gruppe, ein Ultra oder Hooligan zu sein? Viele Ultras und Hooligans im Westen haben beispielsweise keine Probleme damit, Drogen zu nehmen oder große Mengen Alkohol zu konsumieren. In Osteuropa scheint die Szene dagegen stark Straight Edge orientiert zu sein?

Oleksii: Der Straight Edge-Trend ging in den 2010er-Jahren um, aber einige sind heute noch immer sXe. Sport als reguläres Phänomen kam etwas vor den Nullerjahren in unsere Szene. Davor gab es viel Alkohol und anderes Randgruppenverhalten. Aber eine Sache, die zu dieser Zeit festgelegt wurde, war die Regel: Dynamo flüchtet niemals. Das ist für mich das, was es bedeutet, Hooligan zu sein – bis zum Ende zu kämpfen.

Der III. Weg: Die osteuropäischen Hooligangruppen sind bekannt dafür, sehr gute Kämpfer zu sein. Russische Hooligans sorgten für große Schlagzeilen, als sie in Marseille gegen englische Fans kämpften. Für Westeuropäer scheint es so, als hätten sie mehr Unterstützung und weniger Probleme mit der Polizei als beispielsweise in Deutschland, wo die Mitgliedschaft in einer Hooligangruppe einen ins Gefängnis bringen kann. Wie ist die Situation und warum denkst du, haben die osteuropäischen Hooligans so einen guten Ruf?

Oleksii: Letztes Jahr hörten wir viel über die Szene aus dem Westen. Die Hooligans dort wären groß, tätowiert und sportlich, als wir sie aber von Angesicht zu Angesicht trafen, waren wir enttäuscht.
Bezüglich der Gefängnisse stimme ich nicht zu. In Polen ist beispielsweise die Beziehung zwischen Hooligans und der Polizei härter und das hält die polnischen Männer auch nicht auf. Hooligans aus dem Westen sind mehr auf der Jagd nach Hype und Instagram. Ich sehe das so: Der osteuropäische Stil ist professioneller und unsere Mentalität ist härter, das ist der Hauptgrund.

Der III. Weg: In der BRD vertreten viele nationalistische Fußballfans das Motto: „Fußball ist Fußball, Politik ist Politik“. In der Ukraine und anderen Ländern sieht man in den Stadien dagegen viele nationalistische Banner. Wie siehst du das?

Oleksii: Das ist Unsinn. Fußball kann wie jeder Sport nicht unpolitisch sein. Ich verstehe, dass die Möglichkeiten der europäischen Fans durch liberale Zensoren eingeschränkt sind. Aber zuallererst ist Nationalismus die Liebe zu seinem Heimatland. Es ist nichts Schlimmes, seine Verbundenheit zu seinem Vaterland zu zeigen. In Liedern, auf Bannern, durch Taten müssen wir uns als Europäer, Deutsche, Dänen etc. zu erkennen geben. Zuletzt verbietet dir niemand, stolz auf deinen Klub zu sein. Als warum kann man dir verbieten, stolz auf dein Land zu sein?

Der III. Weg: Hast du Verbindungen zu nationalistischen Bewegungen in der Ukraine, zu Azov oder dem rechten Sektor? Betreibst du nationale Politik im Stadion und wenn ja, wie; oder ist das etwas Privates?

Oleksii: Fans taten viel dafür, Nationalismus in der Gesellschaft zu verbreiten. Wir hatten immer nationale Botschaften in den Stadien, die auf verschiedene Weise beispielsweise nationale Helden oder Symbole glorifizierten. Weiter reagierten wir auf die Entwicklungen in unserem Land. Beispielsweise ist der Bruder des Präsidenten unseres Klubs Mitglied in einer prorussischen Partei und wir versuchen deswegen Druck auf ihn auszuüben.

Wegen dem Rechten Sektor/Azov: Ja, natürlich. Viele unserer Leute beteiligten sich als Teil derer Einheiten an den Kämpfen im Donbas. Für die, die es nicht wissen – unser Territorium wurde von russischen Kräften besetzt.

Besonders in der Azov-Bewegung haben viele Hooligans Schlüsselpositionen im Regiment inne, was die politische Ausrichtung anbelangt (National Corps).

Fans von Dynamo Kiew, bevor sie zur Front gehen

Der III. Weg: Was ist deine Sicht auf die Zukunft des Fußballs und die Fankultur, wenn wir das Beispiel Großbritannien betrachten, wo die Eintrittskarten sehr teuer sind und eine Fankultur nicht mehr möglich ist; Gibt es in der Ukraine erste Schritte in diese Richtung?

Oleksii: Erstens kommt es darauf an, wie die Fans darauf reagieren. Die Idee steht oder fällt mit Repressionen. Wegen Großbritannien, dort sehe ich eine neue Generation, die versucht, etwas zu tun, und ich hoffe, dass die Fundamente der Hooligankultur sich dort wieder zeigen.

In der Ukraine gab es die ersten Schritte, dass man für den Besuch beim Fußball seinen Ausweis braucht, aber ich glaube, das ist etwas, das zum letzten Mal versucht wurde.

Der III. Weg: Was ist dein Rat an deutsche und westeuropäische nationalistische Fußballfans?

Oleksii: Habt keine Beziehungen zu linken Klubs, wie z.B. mit Treffen im Wald etc. Damit helft ihr ihnen, sich zu entwickeln. Von Hooligans wünsche ich mir, dass sie mehr kämpfen und immer ihr Wort halten.

Der III. Weg: Die letzten Worte gehören dir.

Oleksii: Respekt für die rechten Klubs, die keine linksliberalen Werte in ihrer Bewegung akzeptieren und auf dem richtigen Kurs sind. Kämpft für euer Land, kämpft für euer Team!

Fans von Dynamo Kiew, die im Krieg starben

1 Kommentar

  • Sehr interessantes Interview. Respekt für die Konsequenz der ukrainischen Jungs und Ehre für die an der Front gefallenen Helden.

    Gerd 14.11.2020
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