Ende 2022 führten wir das Gespräch mit Stephan aus Solingen , welcher sich den ukrainischen Streitkräften im Kampf gegen Russland angeschlossen hat. Bei den Antworten handelt es sich um die private Ansicht eines Kriegsteilnehmers.
Hallo Stephan!
Du befindest dich derzeit als Freiwilliger im Ukrainekrieg. Kannst du vielleicht erst einmal etwas zu deiner Person und deinen Beweggründen sagen?
Mein Name ist Stephan, ich bin 36 Jahre alt und habe zuletzt in Solingen gewohnt.
Ich pflege schon seit einigen Jahren Freundschaften in die Ukraine. Ich habe, bevor ich in die Ukraine gegangen bin, lange überlegt, ob ich mir sicher bin, dorthin zu gehen. Ich bin kein Kriegstourist oder etwas in diese Richtung. Ich wollte einfach nicht dabei zusehen, wie Putin dieses wundervolle Land überfällt. Wie das russische Militär dort stündlich Kriegsverbrechen begeht. Der andere Punkt ist natürlich, dass ich Nationalist bin und für ein Europa der Vaterländer einstehe. Deshalb war es auch für mich klar, dass ich mehr tun möchte als Pakete schicken oder Geld spenden.
Insbesondere am Anfang meldeten sich viele Europäer, aber auch Menschen aus anderen Kontinenten als Freiwillige in der Ukraine. Mittlerweile hat sich auch die Internationale Legion aus den anfänglich chaotischen Zuständen befreit, dennoch bestand vor allem am Anfang eine unübersichtliche Lage für viele Freiwillige. Wie war dein Weg in die Ukraine?
Ich bin über einen engen Freund hierher gekommen. Ich denke einigen von euch ist die Marke White Rex und der Name Dennis Nikitin ein Begriff. Dennis kämpft hier von der ersten Stunde an. Er ist selbst Einwohner von Kyiv (Kiew). Deshalb war für ihn klar, die Waffe in die Hand zu nehmen und sein Zuhause zu verteidigen. Dennis hat mir vom ersten Tag an geholfen. Für mich kam der Weg über die Internationale Legion nicht in Betracht. Ich habe mir schlussendlich einfach ein Flixbus-Ticket gebucht und bin nach Kyiv gefahren.
Hattest du bereits im Vorfeld Kontakte oder Beziehungen in die Ukraine, wie beispielsweise einen familiären Hintergrund?
Einen familiären Hintergrund in die Ukraine hatte ich nicht. Mittlerweile habe ich aber auch ein Privatleben in der Ukraine und bin dabei, mir langfristig eine Zukunft hier aufzubauen.
Hattest du bereits vorher eine militärische Ausbildung oder bist du ohne eine solche in die Ukraine gefahren?
Ich habe nicht in der Bundeswehr gedient und keinen Wehrdienst geleistet.
Jedoch habe ich durch Kontakte die Möglichkeit gehabt, mit verschiedenen Schusswaffen zu schießen. Auch taktische Trainings habe ich mehrfach besucht. Jedoch alles außerhalb der Bundeswehr. Ich bin aber der Meinung, dass man eine echte Kriegssituation nicht trainieren kann. Des weiteren ist der Ukrainekrieg auch nicht mit Afghanistan oder anderen Kriegsplätzen der letzten Jahrzehnte zu vergleichen. Ich selber habe das Glück gehabt, viele Möglichkeiten hier vor Ort zu haben, um zu schießen, aber auch taktische Dinge zu trainieren. Und ich behalte das auch weiterhin bei, dass ich z. B. in der Zeit, in der ich nicht im Einsatz bin, trainiere oder mich auch durch Literatur über Minen und ähnliches weiterbilde.
Du bist Teil einer vor allem von russischen Nationalisten geprägten Einheit, die auf ukrainischer Seite kämpft. Wieso bist du ausgerechnet bei dieser Einheit und wie gestaltet sich die Kommunikation für dich?
Es ist richtig, daß ich die ersten Monate in einem russischen Freiwilligenbataillon (RDK) gekämpft habe. Wie vorher schon erwähnt, hat dieses Bataillon Dennis in den ersten Tagen gegründet, als Kyiv angegriffen wurde. Jedoch bin ich mittlerweile nicht mehr bei RDK. Ich habe das Battaillon vor einigen Wochen verlassen. Mittlerweile bin ich Angehöriger der ukrainischen Streitkräfte. Ich bin in dem Infanterie-Bataillon Karpartska. Ich habe RDK verlassen, um offizielle militärische Dokumente zu erhalten. Zum einen, da ich nun einen regulären Sold erhalte. Aber der Hauptgrund war, das ich die ukrainische Staatsbürgerschaft erhalten möchte. Und ich nun vollen militärischen Schutz habe und Absicherung, falls ich verwundet werde. Zu deiner Frage der Kommunikation, viele sprechen hier natürlich Englisch als Zweitsprache. Ich selber spreche relativ gut Englisch. Ich habe aber auch von Anfang an Kommandos auf Russisch gelernt. Mittlerweile bemühe ich mich, Ukrainisch zu lernen, da ich der Meinung bin, daß man die Sprache lernen sollte, wenn man hier leben möchte. Ich denke, es ist auch eine Frage von Respekt vor der ukrainischen Kultur, dass man die Sprache lernt, wenn man hier leben möchte.
Was waren deine politischen Beweggründe, zur Waffe zu greifen, und hat sich etwas an deinen Ansichten seit deinem Aufenthalt in der Ukraine geändert?
Politisch war mein Beweggrund in erster Linie, dass ich europäischer Nationalist bin und ich ein Land wie die Ukraine, in dem man großen Wert auf die eigene kulturelle Identität legt, in ihren Kampf um den Schutz und Wahrung dieser Identität natürlich unterstützen wollte. Zum anderen denke ich, dass ich auch Deutschland ein Stück weit hier schütze. Wir haben in den letzten Monaten das Gesicht von Putin gesehen. Und als Nationalist sehe ich es als meine Pflicht, Putin und seinen Neo-Bolschewismus zu bekämpfen. Der effektivste Kampf ist in meinen Augen in diesem Fall der mit der Waffe. Ich möchte nicht dabei zusehen, wie man zum zweiten Mal versucht, Europa mit der roten Pest zu verseuchen. Meine Ansichten haben sich in den letzten Monaten nicht geändert. Für mich ist es die wichtigste Entscheidung meines Lebens gewesen, hier zu kämpfen.
Wie nimmst du die Kämpfe wahr und wie gehst du mit den Belastungen des Krieges um?
Die erste Zeit hier habe ich an den Regionsgrenzen vom Donezk und Zaparoje gekämpft. Ich hatte eine feste Position an der Frontlinie, etwa 100 bis 150 Meter von der russischen Stellung entfernt. Dort habe ich viel Artillerie und Mörserbeschuss erlebt. Teilweise 5 Stunden am Stück ist unsere Stellung beschossen worden. Ich habe aber auch an Recon-Missionen teilgenommen, ca. 10 Meter von den Russen entfernt, und war auch an mehreren Gefechten beteiligt.
Zuletzt war ich in der Nähe von Kupjansk. In diesem Moment bin ich auf dem Weg nach Donezk.
Psychisch belasten mich die Kampfhandlungen nicht. Aber natürlich habe ich auch schon Momente der Furcht gehabt. Wenn man im Gefecht ist und denkt, jetzt ist es vorbei mit dem eigenen Leben, ist das natürlich nicht egal. Jedoch bin ich mir auch bewußt, dass man hier mit echten Kugeln schießt und ich sterben kann. Leider habe ich schon viele Freunde hier verloren. Und der Verlust von Freunden und Kameraden bewegt einen natürlich. Psychisch gesehen komme ich mit allem aber gut zurecht. Und einige Dinge sind leider auch eine Sache der Gewohnheit. Wie dass ich bei Mörserbeschuss einfach weiter schlafe. Ich denke, das kann niemand nachvollziehen, der es selber nicht erlebt hat. Aber wenn man Stunde um Stunde mit Mörsern beschossen wird und die Ablösung der eigenen Wache kommt, dann legt man sich einfach hin und schläft. Bei mir war es so, dass wir immer 48 Stunden auf Position waren. Das bedeutet, dass ich 6 Stunden Wache hatte und dann für 6 Stunden abgelöst wurde. Diese Zeit nutzt man dann auch zum Ausruhen. Aber es gibt auch Momente wie vor einigen Tagen. Da war ein Stromausfall und als der Strom wieder angegangen ist, ist auch der Gasboiler für das warme Wasser wieder angegangen. Und als er die Flamme gezündet hat, bin ich automatisch in Deckung gegangen. Weil es sich einfach angehört hat, wie der Abschuss einer Mörsergranate. Aber es ist nicht so, dass mich Erlebnisse im Schlaf verfolgen oder sonstiges.
Ich habe auch schon überlegt mich anzuschliessen, leider auch keinen Wehrdienst geleistet was die Sache erschwert. Muss sagen es fröstelt mich mit dieser Regierung auf einer Seite zu stehen, aber wenn uns Putin den Krieg erklärt, dann besteht keine Hoffnung mehr auf Verhandlungen, als wären die Eilanträge und Demonstrationen nicht jetzt schon nur Schall und Rauch. Es wird dann darum gehen die Heimat zu verteidigen und einen erneut androhenden Bolschewismus in Europa abzuwehren.
Mal eine historische Anmerkung: Das hier gebrauchte Wort «Mörser» ist (in dieser Bedeutung) ein nach dem 2. WK eingeschleppter Anglizismus. Auf Deutsch heißt sowas Minenwerfer oder – die ganz kleinen Modelle – Ladungs- oder Granatwerfer. Das deutsche Mörser bezeichnet ein schweres (Kurzrohr-)Steilfeuergeschütz der Belagerungsartillerie.
Klasse! Eindrücke direkt von der Front, bin auf den zweiten Teil gespannt. Ein Mann der Tat und ein wahrer Nationalist aber für die dickbäuchigen Patrioten hier im Land mit Russland-Fahne auf den Montagsdemos wahrscheinlich auch nur wieder ein gesteuerter Menschenfresser Nato-Nazi.