– von Gerd Honsik aus dem Jahr 1999 –
Als einst die Tierwelt nicht mehr war gewesen
zufrieden mit dem Löwen als Regent
und man sich dachte, daß ein eisern Besen
den Dreck womöglich besser kehren könnt,
da hat man sich ein andres Tier erkoren,
das lauter brüllte als der Löwe noch
und riesenstark, zu Höherem geboren
einherschritt stolz und niemals schlich und kroch.
Ein Großes Tier, das niemals Fleisch gefressen,
nicht Frischfleisch, nicht Kottlet und auch nicht Aas.
Doch blieb es siegreich stets beim Kräftemessen
auch wenn es Vollkost nur und Blätter fraß.
Da schwand die Dürre, Steppen blühten wieder
und Weide sproß, wo vorher Sand und Stein
und alle Tiere waren plötzlich Brüder,
egal ob Löwe oder Warzenschwein.
Nun sangen, balzten sie und suchten Bräute
und luden neckisch sie zum Nisten ein.
Der Eber sprach: „Ist das nicht herrlich Leute?
Hier bin ich Viech! Hier endlich darf ichs sein!“
Es war ein Traum. Es wär so schön gewesen:
„Wahlrecht der Tiere!“ Doch es sollt nicht sein.
Ein Petzer war beim Gouverneur gewesen.
Der sprach mit London. London sagte: Nein.
Nun zog das Große Tier hinaus zum Streite:
Vom Hörnerkrachen bebte die Prärie!
„Es ward erlegt!“ so munkelt man bis heute
doch echt beweisen konnte man das nie.
Dann haben sie dem Tierreich aufgezwungen
die alten Löwen, die einst abgewählt
und haben sich das Jagdrecht ausbedungen:
Zum Reservat verkam die heile Welt.
Aufs Schärfste ward die Pflanzenfresserei
im Reich der Tiere nun dem Volk verboten:
Man mischte Knochenmehl der Kuh ins Heu
zwecks BSE. Bald gabs die ersten Toten.
Die Jagdgesellschaft und die Dürre kam,
die Spekulanten, das Motorgeknatter
und für das Land, das man den Tieren nahm
streute man Fertigfutter in die Gatter.
Da wuchs die Sehnsucht nach dem Großen Tiere:
Man sandte Späher aus in alle Welt!
Man flog, man schwamm. Man kroch auf alle Viere,
man fragte, winselte und hat gebellt.
„Und wenn es auch nicht selber kommen wollte,“
so sprach das Volk „es reicht schon, wenn es bloß
uns nur ein Junges rüberschickten sollte.
Ein Kleines nur. Und wär es bloß so… groß!“
Ein altes Wildschwein war auch ausgezogen,
das Tier zu finden irgendwann und wo.
Endlich – nach Irrfahrt auf des Meeres Wogen
kams heimgetrampelt mit der Botschaft froh:
„Ich traf das Tier! Es ist schon hundertzehne,
ich traf es an – in Südamerika!
Wohl hat es graue Strähne in der Mähne
doch steht es sonst voll Kraft durch Freude da.“
„Hast Du es nicht gefragt obs wiederkehre?“
so stürmt die Tierwelt auf den Eber ein.
Drauf der gekränkt: „Ich schwör bei meiner Ehre,
ich hab gefragt. Es sagte auch nicht nein!“
„Doch hat es sich die Gangart ausbedungen!“
Nun schrie das Volk: „Egal! Wie es auch will!“
Und fortzufahren sah sich nun gezwungen
die wilde Sau! Es wurde mäuschenstill:
„Das Große Tier hob auf zu mir den Schädel
von dem Gefäß mit Nockerl und Salat!
Tief hing die Mähne in die Stirne edel
(wie sie dies immer, eh es brüllte, tat).
Als es mich ansprach, war sein Augenpaar
auf mich gerichtet. Stahlblau so wie immer:
Der guade Lotsch, der was ich damals war,
– das sag ich Euch – der bin ich heute nimmer.“
Ende