„Deutschland ist die Gesamtheit aller deutsch empfindenden, deutsch denkenden, deutsch wollenden Deutschen: jeder Einzelne von uns ein Landesverräter, wenn er nicht in dieser Einsicht sich für die Existenz, das Glück, die Zukunft des Vaterlandes in jedem Augenblicke seines Lebens persönlich verantwortlich erachtet, jeder Einzelne ein Held und Befreier, wenn er es tut.“
Paul Anton de Lagarde, ursprünglich Paul Anton Bötticher, wurde am 2.11.1827 in Berlin geboren. Als Sohn des Theologen Johann Friedrich Wilhelm Bötticher wurde er schon früh vom christlichen Glauben beeinflusst. Seine Mutter starb noch im selben Jahr seiner Geburt. Lagardes schulische Ausbildung erfolgte am Friedrich-Wilhelms-Gymnasium in Berlin, ab 1844 studierte er evangelische Theologie bei den Professoren Ernst Wilhelm Hengstenberg und August Neander sowie Orientalistik bei Friedrich Rückert.
Zu seinen Leistungen gehörte die Bemühung, ein nationales Christentum zu etablieren. Paul de Lagarde erkannte zu Recht, dass das Christentum der damaligen Zeit „fade“ und „schwach“ war und hoffte auf eine Nationalreligion der Zukunft, wie er es in seinem Werk „Über das Verhältnis des deutschen Staates zu Theologie, Kirche und Religion. Ein Versuch Nicht-Theologen zu orientieren“ ausdrückte. Damit war er einer der ersten Schriftsteller der sich entwickelnden anti-christlichen, völkischen Bewegung. Spätestens seit Nietzsches Antichrist wurde das Christentum immer mehr als artfremde Religion bezeichnet und als eine Religion der Schwäche erkannt. Der auch politische Machtkonflikt zwischen dem organisierten, politischen Christentum in Form der Zentrumspartei und der politischen Weisungen aus Rom – denen viele gläubige Christen folgten – ließen zunehmend mehr Menschen in Opposition zum Christentum geraten, viele davon waren auch von Lagarde beeinflusst. Dieser unterhielt enge Kontakte zur Berliner Bewegung des evangelischen Theologen Adolf Stoecker, zum deutschen Volksverein von Bernhard Förster und zur Deutschsozialen Partei von Theodor Fritsch. Letzterem schickte er 1886 eine Schrift namens „Die nächsten Pflichten deutscher Politik“, als deren Kern er eine deutsche Siedlungspolitik in Osteuropa ansah.
Paul de Lagarde beeinflusste maßgeblich verschiedene Vordenker der sich entwickelnden völkischen Bewegung wie Housten Stewert Chamberlain, Heinrich Claß oder auch Alfred Rosenberg. Aber auch Friedrich Nietzsche, Richard Wagner und Julius Langbehn gehörten zu seinen Lesern. Der heute weitestgehend vergessene Lagarde genoss bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs eine hohe Popularität. Nicht nur, dass seine Bücher in hohen Auflagen immer wieder nachgedruckt wurden, auf der Weltausstellung für Buch und Graphik 1914 in Leipzig gab es eine „Lagarde Kapelle“ und zur Erinnerung seines 50. Todestags 1941 fanden nicht weniger als 180 Lagarde-Feiern in Deutschland statt.
Lagarde erlag kurz nach seiner Rückkehr von einer Studienreise nach Italien am 22. Dezember 1891 im Göttinger Mariahilf-Krankenhaus einem Krebsleiden. Sein Nachlass wird von der Universitätsbibliothek Göttingen betreut.
Einen Artikel über Theodor Fritsch bitte nicht vergessen. Danke. 😉