Gedenktag: Houston Stewart Chamberlain (Teil 1/2)

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Houston Stewart Chamberlain 1895

Houston Stewart Chamberlain, geboren am 9. September 1855 in Portsmouth/England und verstorben am 9. Januar 1927 in Bayreuth, war ein deutschsprachiger englischer Schriftsteller und Verfasser des über 1200 Seiten umfassenden weltanschaulichen Monumentalwerkes „Die Grundlagen des XIX. Jahrhunderts“, veröffentlicht im Jahre 1899 zur Jahrhundertwende. Zutreffend auf sein geistreiches Schaffen betitelte er sich gerne selbst als Geschichtsphilosoph und war bei gebildeten Europäern als Universalgelehrter anerkannt.

Chamberlain entstammte einer adligen Familie, welche fest in England verankert war und durch hohe Ämter entsprechendes Ansehen genoss. Dessen Vater Konteradmiral William Charles Chamberlain sah auch seinen Sohn zu einer militärischen Karriere im Offiziersstand bestimmt. Doch das sowohl geographisch als auch emotional distanzierte Verhältnis zwischen Vater und Sohn sollten diesem Sohne Englands einen eigenen Weg weisen. Schon die ersten Jahre seiner Jugend verbrachte er bei seiner Tante Harriet Chamberlain in Versailles, da seine Mutter schon kurz nach der Geburt verstarb. Dass sein Vater ihn nun doch auf eine englische Privatschule schickte, löste jedoch nicht den erwünschten Effekt einer Bindung an sein Geburtsland aus.

Im Alter von 15 Jahren lebte Chamberlain bereits zeitweilen in der Schweiz. Dort engagierte ihm seine Tante den norddeutschen Geistlichen und Lehrer Otto Kuntze als Hauslehrer, welchem eine prägende Bildungsrolle des Edelmannes Chamberlain zuteil kam. Dieser war es, der Chamberlain ein höchstes Niveau der deutschen Sprache vermittelte, sodass diese zu seiner erlernten Muttersprache wurde. Des Weiteren förderte der selbst englandbegeisterte Herr Kuntze Chamberlains Interesse an Shakespeare und brachte ihm die deutsche Literatur näher. Mit erwecktem Interesse und beseelt vom Bildungsdrang waren Goethe, Schiller und Kant die von Chamberlain bewunderten deutschen Gelehrten.

Im Jahre 1879 begann Chamberlain mit dem Studium der Naturwissenschaften in Genf und erreichte schon 1881 sein Baccalaureus (Bachelor). Durch einen stressbedingten Nervenzusammenbruch, der seine Forschung anhaltend unterbrach, vollendete er seine begonnene Doktorarbeit über Wurzeldruck bei Pflanzen vorerst nicht, veröffentlichte diese aber 1897, jedoch ohne die Absicht, sie bei der Universität Genf abzugeben.

Aufgrund von erschwinglicheren Lebenshaltungskosten und wegen des enormen kulturellen Angebots, zog Chamberlain im Jahre 1884 mit seiner Frau Anna Horst nach Dresden. Hier widmete er sich gänzlich dem Studium von Kant und Platon und vertiefte sich immer mehr in deutsche Literatur. In Dresden beteiligte sich der von Richard Wagner begeisterte Chamberlain im lokalen Wagnerclub und begann im Jahre 1888 seine ersten deutschsprachigen Artikel zu veröffentlichen. Diese erregten die Aufmerksamkeit und das Interesse des sogenannten Wahnfried-Zirkels, welcher sich um Wagners Frau und Witwe Cosima Wagner drehte. Diese Anerkennung in solch hohen Kulturkreisen veranlasste Chamberlain, sich nun ausschließlich der Schriftstellerei zu widmen.

Wien war sein nächstes Ziel, dorthin zog es ihn im Jahre 1889 und dort war er als freischaffender Schriftsteller tätig. In Wien veröffentlichte er sein erstes großes Werk über Richard Wagner (1895). Im Februar 1886 schrieb er innerhalb von nur 19 Monaten sein 1200-seitiges literarisches Lebenswerk, den Zweibänder „Die Grundlagen des XIX. Jahrhunderts“, veröffentlicht 1899. „Die Grundlagen“ wurden als Bestseller 250.000 mal verkauft. Zu den prominentesten Lesern gehörten unter anderem Kaiser Wilhelm II. (zwischen Chamberlain und Wilhelm II. bestand von dort an ein freundschaftliches Verhältnis), Alfred Rosenberg, welcher so stark von diesem Werk geprägt war, dass er selbst den Nachfolger mit dem Titel „Der Mythus des 20. Jahrhunderts“ verfasste. Ein weiterer bekannter Bewunderer Chamberlains ist kein anderer als Karl May, welcher den doch jüngeren Chamberlain in Briefwechseln als Meister lobte und seine Werke für sich persönlich als höchste Bereicherung sah. Der weltweit angesehene Schriftsteller Hermann Hesse bezeichnet „Die Grundlagen“ als eines der Bücher, die „zum Bildungsbedarf eines humanistisch gebildeten jungen Mannes“ zu rechnen seien. Und auch Albert Schweitzer war ein Anhänger Chamberlains, sodass er nach Chamberlains Tod 1927 gegenüber seiner Witwe Eva Chamberlain (geborene Wagner) vom Tod „des Denkers und Dulders, den ich so tief verehrte“ sprach. Auch Adolf Hitler trat später als Bewunderer Chamberlains in Erscheinung. Dies sollte genügen, um die einmalige Breitenwirkung seines Monumentalwerkes zu beschreiben, auch wenn gewiss noch viele weitere historische Persönlichkeiten als seine treuen Leser genannt werden könnten.

Chamberlain hat somit ein geschichtsphilosophisches Werk erschaffen, in welchem er die europäische Historie einer Bewertung unterzieht. Um es im Kern zusammenzufassen, unterscheidet Chamberlain zwischen drei Elementen des Einflusses auf Europa. Diese sind erstens die Germanen, die rechtmäßigen Erben des europäischen Kontinents, zweitens Rom als negativer Einfluss (der Fortbestand Roms durch den Vatikan, hier trägt der Papst den Titel des römischen Kaisers „Pontifex Maximus“) und drittens die Juden als gänzlich fremdes Element in Europa. Hierbei sei es vor allem besonders wichtig, zwischen germanischem und ungermanischem zu scheiden. Einerseits führt Chamberlain dafür bekannte rassenbiologische Merkmale an, beispielsweise die bei den germanischen Völkern vorherrschende lange Schädel- und Gesichtsform (Chamberlain betont bewusst, dass es hierbei mehr auf Verhältnisse ankommt als auf Maßeinheiten, denn die Natur kennt diese künstlichen Maße nicht).

Doch das Hauptmerk liegt bei Chamberlain auf der seelisch-kulturellen Eigenart der echten, also germanischen Stämme Europas. Hier wird vor allem der schöpferische Geist, die Kriegstüchtigkeit, der Tatendrang bis hin zum Tatendurst, Unternehmungsgeist und letztendlich die Treue der Germanen beschrieben („Standhaft und treu und treu und standhaft, machen ein recht teutsch Verwandschaft!“). Höchst gewichtig ist für Chamberlain auch die Musikalität, welche als Eigenschaft aller arischen Völker aufgeführt wird. Den Begriff „arisch“ verwendet Chamberlain bewusst nur an notwendiger Stelle, da er ihn als kulturelle Bezeichnung sieht. Während der Germanenbegriff Chamberlains ein weit gefasster ist, mit inbegriffen sind Kelten, Germanen und die alten Slawen (bei den Slawen grenzt er nochmal bewusst zwischen den uns nahestehenden und den entgermanisierten Slawen ab). Chamberlain stützt sich hierbei auf Ausgrabungsfunde in germanischen und hellenischen Gräbern, in welchen größtenteils Langköpfe vorzufinden sind.

Man muss ihn an dieser Stelle loben, denn die moderne Forschung deckt diesen Fakt der europäischen Urbevölkerung mitsamt ihrem Ursprung in Europa (Knochenfunde im östlichen Mittelmeerraum), untermalt wird dies durch moderne genetische Befunde. Chamberlains Gleichsetzung des Germanen mit dem „Homo Europaeus“, also dem europäischen Urmenschen, ist somit absolut zutreffend und somit ist alles Germanische das echte Europäische und umgekehrt. Eine besondere geistige Verwandtschaft und eine von ihm stark vermutete biologische Verwandtschaft der Germanen mit den Hellen ist durchaus eine schlüssige, sich selbst bestätigende These (siehe Ursprung des Europäers). Dass sich in Germanien, als Kernregion Europas, das edelste Menschengeschlecht entwickelte, ist schon in den Augen vom römischen Historiker Tacitus eine logische Konsequenz der dortigen Umweltbedingungen: „Die Germanen selbst sind Ureinwohner, möchte ich meinen, und von Zuwanderung und gastlicher Aufnahme fremder Völker gänzlich unberührt. Wer hätte auch – abgesehen von den Gefahren des schrecklichen und unbekannten Meeres – Asien oder Afrika oder Italien verlassen und Germanien aufsuchen wollen, landschaftlich ohne Reiz, rauh im Klima, trostlos für den Bebauer wie für den Beschauer, es müßte denn seine Heimat sein?“ Tacitus gilt als wichtige Quelle in Bezug auf die alten Germanen und Chamberlain lobt den Entschluss dieses Außenstehenden aufgrund des Stammesnamenwirrwarrs, doch alle sich in der Leibesbildung gleichenden Stämme einheitlich als Germanen zu bezeichnen.

 

Fortsetzung folgt…

1 Kommentar

  • Ein wahrlich interessanter Mann! Ich freue mich schon auf den zweiten Teil.
    Beste Grüße

    willi westland 09.01.2022

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