Den Namen sollte man sich merken: Herfried Münkler, Jahrgang 1951, ist Professor für Politik an der Humboldt-Universität in Berlin. Gerade hat er ein neues Buch geschrieben: „Macht in der Mitte“ über die „neuen Aufgaben Deutschlands in Europa“, erschienen in der Edition Körber-Stiftung für 18 Euro. Das nicht ganz einfache Buch zeigt wieder einmal, daß auch etablierte Wissenschaftler mehr und mehr vom „demokratischen Konsens“ abrücken. Man braucht gar keine 200 Seiten, um auf Herfried Münkler aufmerksam zu werden. Dafür sorgen schon die Berliner Antifa-Studenten. Anonym betreiben sie im Weltnetz eine Überwachungsstelle namens „Münkler-Watch“. Dort sind stets die aktuellen Äußerungen des Politologen aufgelistet, die als „rassististisch“, „militaristisch“, „nationalistisch“ und „sexistisch“ gelten.
„Macht in der Mitte“ enttäuscht die so geschürten Erwartungen nicht. Zwar gibt es keine „sexistischen“ und „menschenverachtenden“ Stellen, und auch nationalistisch in unserem Sinne ist die Schrift nicht. Doch Deutschland spielt hier schon eine andere Rolle, als man es im öffentlichen Diskurs gewohnt ist. Münkler betrachtet den Führungsanspruch Deutschlands in Europa als eine Tatsache, an der nicht zu rütteln ist. Grund dafür seien die Osterweiterung der EU sowie die mangelnde Konkurrenzfähigkeit der südlichen Länder, Frankreich eingeschlossen.
Die Vorstellung von einem „Bundesstaat Europa“ mit gleichberechtigten Partnern weist der Politologe als „völlig realitätsfern“ zurück. Ein vereinigtes Europa wird es niemals geben, sowohl aus wirtschaftlichen wie aus kulturellen Gründen nicht. Denn: „die Suche nach einer spezifisch europäischen Identität hat sich erledigt.“ Wenn es eine „europäische Identität“ gibt, dann ist es die liberale Ziviligesellschaft, die sich längst wie eine Krake über den Globus ausgebreitet hat. Die EU faßt Herfried Münkler als reines Machtgebilde auf, das nur stabil und effektiv sein kann mit einem starken Hegemon: dem deutschen Nationalstaat. Die Stellung als „Zucht- und Zahlmeister“ soll von Deutschland bewußt angenommen und ausgestaltet werden.
Und nun kommt das Erstaunliche: Ausgerechnet die „historischen Verbrechen“ befähigen uns besonders dazu, in Europa das Heft in der Hand zu halten. Denn, so argumentiert das Buch, wer einmal so schlimm gefehlt hat, wird sich in absehbarer Zeit davor hüten. Schon deshalb, weil die anderen ihn so scharf beobachten. – Beobachtet wird zunächst Professor Münkler selbst. Wohl auch in der Hoffnung, daß er sich in Zukunft zahm gebärden soll. „Es gibt manchmal Sachen, wo man schlucken muß“, sagt eine Studentin. „Aber dafür lernt man bei ihm auch eine Menge.“