Griechenland: „Wiege der europäischen Kultur“?

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Alexis Tsipras hat die Verhandlungen mit der EU abgebrochen. Der griechische Regierungschef hält die Bedingungen, die für ihn noch vorgesehen sind, für unzumutbar. Empört erklärt er, daß Griechenland „sich nicht demütigen“ lasse. Denn sein Land sei schließlich „die Wiege Europas“.

Hat Tsipras recht? Ist Griechenland wirklich der Ursprung der europäischen Kultur? Kaum einer wagt heute zu fragen, was unter „europäischem Erbe“ eigentlich zu verstehen ist. Und niemand zieht daraus Konsequenzen. Insofern hat Tsipras den Finger auf die Wunde gelegt.

Vor 2.500 Jahren entstand in Athen die Auffassung von Vernunft, Gerechtigkeit und Moral, wie sie für Europa leitend wurde. Es entstand das Menschenbild, das mit Freiheit und Würde verbunden ist. Die griechischen Göttergestalten beeindruckten noch Goethe und Schiller. Die klassischen Maßstäbe der Schönheit für die Bildhauerei und das Drama stammen aus Griechenland. Kunst, Wissenschaft, Philosophie sind davon viel stärker geprägt als von der römischen Welt.

Allerdings kam vor 2.000 Jahren der jüdisch-christliche Geist nach Europa. Und die Antike konnte diesem Einfluß keinen echten Widerstand entgegensetzen. Der Grund dafür ist, daß die griechische Philosophie deutliche Berührungspunkte zum Christentum hat. Sie ist selbst schon humanistisch und universalistisch ausgerichtet. So bildete sich aus Platonismus und Christentum die ideologische Falle der „Menschenrechte“, aus der Europa nicht mehr herauskommt.
Deshalb haben wir heute die Flüchtlingsströme, und deshalb bricht jetzt die EU zusammen. Denn wer allen gleichermaßen verpflichtet ist und sich an wirklichkeitsfernen Idealen orientiert, kann nicht mehr politisch handeln und entscheiden. Eine Politik, die sich an Platons Vernunftstaat ausrichtet, steht hilflos vor denen, die sich am Staat bereichern. Insofern ist es kein Widerspruch, sondern eine furchtbare Konsequenz, wenn Griechenland als erstes ins Elend stürzt. Was als „europäischer Gedanke“ oder „europäische Werte“ beschworen wird, ist nicht etwa die Lösung, sondern Teil des Problems. Und das wird nicht nur Griechenland büßen müssen.

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