Es ist davon auszugehen, dass die Änderungen schon im Sommer, und somit vor der Landtagswahl im Oktober Gültigkeit erlangen. Die neuen Beschlüsse wurden in aller Eile, ohne große Öffentlichkeit auf den Weg gebracht und nur in „Juristendeutsch“ vorgestellt. Das verwundert nicht, denn der Inhalt könnte selbst dem gutmütigsten Michel sauer aufstoßen.
Künftig können Ermittlungen auch präventiv erfolgen, das heißt, bevor eine Straftat begangen wurde. Die Polizei kann somit ähnlich dem Verfassungsschutz agieren, und beispielsweise V-Männer und verdeckte Ermittler einsetzen. Es bedarf keiner konkreten Hinweise auf die Planung einer Straftat. Auch darf die Polizei IT-Geräte präventiv und ohne richterlichen Beschluss durchsuchen und sogenannte „Bodycams“ tragen. Wohnungsdurchsuchungen können noch leichter durchgeführt werden, was das grundgesetzlich zugesicherte Recht auf Unverletzbarkeit der Wohnung noch weiter aushöhlt.
Post darf präventiv – ohne richterlichen Beschluss geöffnet und beschlagnahmt werden. Die Überwachung der Kommunikationsverbindungen von Verdächtigen muss ebenfalls nicht mehr einer richterlichen Kontrolle unterzogen werden.
Bereits im vergangenen Sommer wurde beschlossen, dass „terroristische Gefährder“ unbegrenzt in Vorbeugehaft genommen werden können. Somit können Menschen nun bereits, ohne straffällig geworden zu sein, inhaftiert werden. Diese müssen ihre Unschuld bezüglich den fiktiven Vorwürfen dann selber nachweisen, aus dem Gefängnis heraus.
„Die bayerische Polizei braucht keine Geheimdienstbefugnisse. Hier soll mit dem Blick auf – zumeist selbst importierte – Terroristen ein Polizeistaat erschaffen werden. Die sogenannten Präventionsmaßnahmen werden dann mutmaßlich aber vor allem gegen die Träger unliebsamer politischer Meinungen eingesetzt. Erst schafft man durch verantwortungslose Politik eine lebensfeindliche und gefährliche Umgebung für die Bürger und dann nimmt man diese Lage zur Begründung, um auch noch die letzten Bürgerrechte zusammenzustreichen.“
Selbst die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist angesichts der neuen Möglichkeiten befremdet. Sie sieht vor allem Bedenken im Hinblick auf bestehende BRD-Gesetze. So sieht beispielsweise Peter Schall, der Landesvorsitzende der GdP in Bayern die unbegrenzte Haft für „terroristische Gefährder“ als fragwürdig an. Es dürfte kaum möglich sein, aus dem Gefängnis heraus seine Harmlosigkeit zu beweisen. Er sagt: „Wer hätte nach dem Fall Amri noch den Mumm zu sagen: ‚Dieser Gefährder ist nicht mehr gefährlich‘?“
Ein weiterer weitreichender Beschluss ist die Genehmigung von Handgranaten und anderen Explosivstoffen. Der Einsatz von solchen schweren Waffen gegen die eigene Bevölkerung wirft schwere Befürchtungen und die Frage auf, ob die CSU Bürgerkriegsszenarien vor Augen hat.
Ob das Bundesverfassungsgericht den Beschlüssen den Riegel vorschiebt, ist fraglich. In einem Urteil vom April 2016 entschied es, dass polizeiliche Datenerhebung und -verarbeitung mit der Begründung einer „drohenden Gefahr“ zulässig sei. Der Begriff der „drohenden Gefahr“ ist jedoch weit interpretierbar, und von diesem Spielraum macht die CSU Gebrauch. Wenn das Gesetz durchgehen wird, könnte es zur Blaupause für ähnliche Verordnungen in weiteren Bundesländern werden. Nordrhein-Westfalen etwa führt bereits ebenfalls die „drohende Gefahr“ im Gesetzesentwurf.
Der Professor für Polizeirecht an der Deutschen Hochschule der Polizei Münster, Markus Thiel, sieht das blau-weiße Machwerk als kommenden Standard. „Alle Bundesländer müssen ihre Polizeigesetze an die EU-Datenschutzrichtlinie und das BKA-Urteil anpassen“
Der Dritte Weg ist gegen die Verschärfung des Polizeigesetzes in Bayern. In seinem Parteiprogramm fordert er in Punkt 5 die Stärkung der Bürger- und Freiheitsrechte. Weiter ausgeführt heißt es: „Die Partei DER DRITTE WEG bekämpft entschieden die zunehmende Überwachung und Einschränkung der Bürger im privaten wie im öffentlichen Raum. Gesinnungsparagrafen des Strafgesetzbuchs und Bespitzelungsbefugnisse des Staates sind ersatzlos zu streichen.“ Die Beschlüsse laufen dieser Forderung diametral entgegen.