Wer bei einer Standardsuchmaschine die Suchbegriffe „sexueller Mißbrauch Kirche“ eingibt, der erhält fast 2 Millionen Treffer. Dabei sind derartige Übergriffe nur die Spitze des Eisbergs an Verbrechen, derer sich die christlichen Kirchen schuldig gemacht haben. In dem zehnbändigen Monumentalwerk Kriminalgeschichte des Christentums hat der Schriftsteller Karlheinz Deschner von den biblischen Ursprüngen bis ins 18. Jahrhundert aufgezeigt, wie die angeblichen Hüter der Moral nicht nur vereinzelt, sondern stetig und vollständig an ihrem Anspruch gescheitert sind. Die Fakten sind unstrittig, allein das Prestige der Institution Kirche besteht fort, wenn auch mit abnehmender Tendenz.
Der Minister nimmt den Bischof am Arm – halt` Du sie dumm, ich halt` sie arm!
Vor allem das konservative Bürgertum ist berauscht von der glänzenden Fassade des Gebäudes „Kirche“. Das gilt insbesondere für den Katholizismus. Eine weltumspannende Institution, die seit knapp 2000 Jahren besteht und deren Anfänge bis in das Römische Reich zurückreichen – das allein soll genügen, um ausreichend Respekt zu begründen. Was in den stillen Kammern hinter verschlossenen Kirchentüren stattfand und stattfindet, spielt für die gebildete „bessere Gesellschaft“ nur selten eine Rolle: Ob gewaltsame Missionierung, Ketzer- und Hexenverfolgung oder sexuelle Übergriffe – die Opfer stammten überwiegend aus den unteren Schichten.
„Die Partei, die hat immer recht. Wer die Menschheit verteidigt, hat immer recht“ war die Hymne der SED in der DDR. Man ersetze „Partei“ durch „Kirche“ und „Menschheit“ durch „Seelenheil“ und man erkennt, wie beliebig das Prinzip der Unfehlbarkeit für die, die daran glauben, funktioniert.
Über Glaube lässt sich nicht streiten und es wäre töricht, es zu tun. Über mächtige Institutionen, die einen Absolutheitsanspruch vertreten und diesen nach Kräften durchzusetzen versuchen, schon.
Die Gläubigen verlassen das sinkende Kirchenschiff
Das Jahr 2022 könnte nun erneut den Rekord bei den Kirchenaustrittszahlen brechen. Bereits 2021 sank der Anteil der Deutschen, die Mitglied der Katholischen bzw. Evangelischen Kirche sind, erstmals unter 50 Prozent. Eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa bei den Kirchenaustrittsstellen der großen Städte Deutschlands lässt vermuten, dass im vergangenen Jahr so viele Menschen die beiden großen Kirchen verlassen haben wie nie zuvor.
Die Entwicklung nach unten scheint unaufhaltsam zu sein. Laut dem „Religionsmonitor 2023“ der Bertelsmann-Stiftung hat jedes vierte Kirchenmitglied in Deutschland im vergangenen Jahr über einen Kirchenaustritt nachgedacht. Vor allem die passiven Mitglieder zweifeln am weiteren Verbleib in der Kirche angesichts von Kirchensteuern und nicht endenden Skandalen. Besonders das schwindende Vertrauen in die Institution Kirche spielt unter den Befragten eine große Rolle. 71 Prozent der Austrittswilligen äußerten, die Kirche habe zu viel Macht. 68 Prozent bemängelten, daß kirchliche Privilegien ungerecht seien. Die Mehrheit der Austrittswilligen sieht sich allerdings weiterhin als Christen an. 92 Prozent der Befragten mit konkretem Austrittswunsch stimmten der Aussage zu, daß „man auch ohne Kirche Christ sein“ könne.
Bleibt hinzuzufügen, dass man auch ohne Christ zu sein ein guter Mensch sein kann.
In der Bibel steht (Paraphrase) «Der Mann soll nicht beim Manne liegen, denn es ist ein Greul.» In der Kirche steht das schon länger nicht mehr.