Je suis Charlie und die Geldgeier

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Drei Monate ist es her, da schwappte die Welle der Solidarität auch nach Deutschland. „Je suis Charlie“ wurde zum Fanal für Meinungsfreiheit, nachdem radikale Moslems das Gebäude der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ gestürmt und 12 Mitarbeiter getötet hatten. Die Zeitschrift speist sich zum großen Teil aus primitiven Witzen über Katholiken, über den front national und auch wiederholt über den Islam. Nach mehreren Warnungen hatten die Verehrer Mohammeds blutigen Ernst gemacht. „Je suis Charlie“ sollte also bedeuten: Wir kämpfen und leiden für die Pressefreiheit.

Inzwischen hat der Slogan eine profanere Bedeutung angenommen. Jeder möchte nämlich von den sprunghaft gestiegenen Einnahmen des Blattes profitieren. Vor dem Anschlag wurden etwa 30.000 Exemplare wöchentlich verkauft. Noch im letzten Dezember rang die Zeitschrift mit dem Bankrott. Nach dem Anschlag kam „Charlie Hebdo“ mit einer Auflage von drei Millionen Exemplaren in den Handel. Wegen des guten Absatzes wurde die Auflage auf zunächst fünf und dann sieben Millionen Exemplare erhöht. Damit ist sie die meistgedruckte Zeitung in Frankreich.

Da es etwas peinlich ist, aus einem Blutbad finanziellen Gewinn zu ziehen, haben die Eigentümer versprochen, das Geld in eine „Stiftung für die Meinungsfreiheit“ einzuzahlen. Doch wer soll das glauben? Eigentümer sind nach dem Tod des Chefredakteurs Stéphane Charbonnier nun dessen Eltern sowie der jetzige Chefredakteur Riss und der Geschäftsführer Portheault. Gegen diese Clique haben die übrigen Mitarbeiter einen „Aufruf zur Neugründung von Charlie Hebdo“ veröffentlicht. Darin fordern sie samt Layout und Technikern, an den Gewinnen beteiligt zu werden. „Wir wären fast für diese Zeitung gestorben“, heißt es. „Unser Anliegen ist gerecht und moralisch.

Die Franzosen sind über diese Vorgänge schockiert. So schnell sollte „der Geist vom 14. Januar“ wieder verflogen sein? Jetzt wollen alle nur an das Geld. Die getöteten Satiriker können die Lehre aus ihren Fall nicht mehr ziehen. Doch allem Anschein nach ist der mächtigste Gegner „unserer europäischen Werte“ nicht der Islam, sondern der Kapitalismus. Dazu sollte man sich ein paar scharfe Witze einfallen lassen.

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