Hinter den Kulissen des Finanzkapitals: „The Forecaster“

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In Martin Armstrong finden wir einen politischen Gefangenen der besonderen Art. Sieben Jahre lang saß er ohne einen Prozeß in „Beugehaft“ in den USA – nicht etwa weil er das System bekämpft hatte. Im Gegenteil: Der Finanzexperte liebt das globale Finanzsystem so sehr, daß er es nicht nur kennen, sondern exakt vorausberechnen möchte. Und er mag es gar nicht, wenn bestimmte Teilnehmer mit „gezinkten Karten“ spielen und die „natürliche“ Entwicklung dadurch stören.

Der deutsche Regisseur Marcus Vetter hat über diese gewissermaßen typische Gestalt einen Dokumentarfilm gemacht, der unter dem englischen Titel „The Forecaster“ (das Orakel) im Kino läuft. Trotz klarer Strukturierung dürfte der Film für die meisten von uns nicht durchgehend verständlich sein. Schlimmer als das Fachchinesisch ist jedoch die Ahnung, daß auch die Teilnehmer dieses große Spiel nur immer soweit begreifen, wie ein Autofahrer seinen Wagen kennt. Er weiß, wo er drehen und drücken muß, um vorwärtszukommen. Das ist aber auch alles.

Und es genügt vollkommen: „Die Leute interessiert nur, was sie im nächsten Quartal für Gewinn machen“, erklärt Armstrong. „Sie würden sich nie um etwas kümmern, was in 20 Jahren passiert.“ Damit wäre jede Verschwörungstheorie vom Tisch. Selbst wenn „die Leute“, die ihr Geld auch überschuldeten Staaten leihen, erwartungsgemäß alle Cohen oder Greenspan heißen. Man hört aber auch neue Namen, etwa „Ponzi-Scheme“. So heißt ein Betrugsmanöver, bei dem hohe Renditen allein aus dem Rekurrieren immer neuer Geldgeber erwachsen sollen. Ein Schneeballsystem.

Der Film besteht nur aus Interviews und dem Blick in Tagungsräume. Sie sehen überall auf der Welt gleich aus. In diesen Hotelzimmern schnurrt der ganze Reichtum aus aller Herren Länder auf ein paar mathematische Kurven zusammen. Das ist schon faszinierend. Und es enthält keine Anklage, allerdings nimmt der Regisseur eindeutig Partei für den kürzlich aus der Haft entlassenen „Forecaster“. Der möchte seine wertvolle Münzsammlung unbedingt vor der Beschlagnahmung retten. Denn: „Von den Münzen kann man die ganze Weltgeschichte ablesen“.

Armstrong behauptet, daß er ein Computerprogramm entwickelt habe, mit dem man Finanzkrisen sicher vorausberechnen kann. 1987 und 2007 soll es sich schon bewährt haben. In der Haft wollte man den Wunder-Code aus ihm herauspressen. Auch wenn man diese Version nicht ganz glaubt, sieht die Finanzwelt nach dem Film noch etwas düsterer aus. Zumal auch die Oberseite nicht wirklich glanzvoll daherkommt. Wer Geld hat, braucht keinen Stil und keine Schönheit. Wer richtig Geld hat, braucht nur noch eins: Mehr Geld.

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