Die Zeitschrift „Focus“ bringt in ihrer letzten Ausgabe ein Beispiel für Fachkräftemangel in Deutschland. Es betrifft die Lehrer für die sogenannten MINT-Fächer, das heißt: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Diese Fächer sind es vor allem, die deutsche Schüler für diejenigen Berufe qualifizieren und interessieren, die am Arbeitsmarkt gefragt sind und den „Wirtschaftsstandort“ sichern. Das sind nicht nur Ingenieure, sondern auch Facharbeiter und allgemein die technischen Berufe.
In den Schulen unterrichten schon jetzt immer mehr fachfremde Lehrer oder „Quereinsteiger“ in diesen wichtigen Fächern. Am schlimmsten sieht es im Fach Physik aus. Für die nächsten zehn Jahren ist der Bedarf an Lehrern nur zu 35 Prozent gedeckt, weil viele Physiklehrer in allen Schulstufen in Pension gehen und der Nachwuchs fehlt.
Zwei Physikprofessoren beschäftigen sich seit einiger Zeit intensiv mit dem Nachwuchsproblem in ihrem Fach, es sind Hubert Becker und Johanna Stachel von der Universität Heidelberg. Sie nennen auch Gründe für den Mangel. Der wichtigste Grund lautet: „Die Ausbildung ist anspruchsvoll.“ Zwei Drittel (!) der Studenten im Fach Physik brechen das Studium vorzeitig ab. Es gilt also, Bewerber mit einer außergewöhnlichen und auf dem Arbeitsmarkt gefragten Begabung für den Lehrerberuf zu gewinnen.
Und hier liegt das Versagen der Politik. Becker und Stachel meinen: der Beruf ist zu schlecht bezahlt. Das Gehalt kann mit Angeboten aus der Wirtschaft nicht konkurrieren. Daher sollte die Wirtschaft (!) für qualifizierte Lehrer in den MINT-Fächern zusätzliche Gelder bereitstellen. Denn das sind die Fachkräfte, die ihnen später zu Profiten verhelfen können. Das können sicherlich nicht wahllos hereingeschwemmte Geringqualifizierte ohne Sprachkenntnisse.
Zu beachten ist auch die Tatsache, daß 15-jährige Schüler aus Sachsen in Physikkenntnissen denen aus Nordrhein-Westfalen um zwei Jahre voraus sind. Das liegt sicherlich daran – was der „Focus“ verschweigt – daß in Sachsen weniger Nichtdeutsche in den Klassen sind als in NRW. Ein weiterer Grund sind aber auch die Lehrer, die noch in der DDR ausgebildet wurden. In der DDR hatte nämlich der Lehrerberuf speziell in den technisch-naturwissenschaftlichen Fächern ein sehr hohes Ansehen. Die Konkurrenz zur freien Wirtschaft mit ihren hohen Gehälter fiel weg, und in die Schulen kamen engagierte und stolze Absolventen mathematisch-naturwissenschaftler Fächer.
Fazit: Es gibt in Deutschland in ganz bestimmten Bereichen tatsächlich einen „Fachkräftemangel“. Dieser resultiert aber nur zum Teil daraus, daß „die Deutschen zu wenig Kinder haben“. Denn was wir – zumindest wirtschaftlich – brauchen, ist nicht mehr Masse, sondern mehr Klasse. Der richtige Weg ist also eine gezielte und finanziell gut ausgestattete Förderung. Und die hat die Politik genauso versäumt, wie sie die Geburtenförderung versäumte. Die Regierung betreibt jeweils Politik von einem Tag auf den anderen. Und meint jetzt, daß ihr die gebratenen Tauben in Form von „Flüchtlingen“ in den Mund fliegen. Aber diese Tauben sind vergiftet.
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