Man hat irgendwo gehört, daß bei Straftätern die Herkunft neuerdings nicht mehr von den Medien verschwiegen wird. Und tatsächlich tauchte im Zusammenhang mit kriminellen Machenschaften hier und da das Wort „Südländer“ oder „arabische Herkunft“ auf. Dies waren aber – wie sich jetzt zeigt – löbliche Ausnahmen von der Regel. Der Deutsche Presserat sprach sich Mitte März für eine Beibehaltung der sogenannten „Diskriminierungs-Richtlinie“ unter Punkt 12.1 aus. Diese Soll-Bestimmung lautet, nur dann Religion oder Nationalität der Täter zu nennen, wenn es einen begründeten „Sachbezug“ zur Straftat gibt. Was wäre ein solcher Sachbezug? Etwa wenn ein Türke einen „Ehrenmord“ an seiner Schwester begeht oder ein Moslem ein Selbstmordattentat verübt. Bei den vielen Einbrüchen, Diebstählen oder auch Vergewaltigungen hingegen geht man davon aus, daß es „genauso gut ein Deutscher hätte sein können“. Und nach dieser Logik soll die Öffentlichkeit möglichst glauben, daß es ein Deutscher war. Was auf jeden Fall vermieden werden soll, ist der Eindruck, daß bestimmte Ausländer „von Natur aus“ zu bestimmten Straftaten neigen.
Man muß allerdings sagen, daß es beim Presserat in den meisten Fällen nicht um politische Themen geht, sondern eher um Fragen von Sitte und Anstand, wenn z.B. Rügen wegen der Berichterstattung über das Germanwings-Unglück oder über die vielen Toten auf der Loveparade 2010 ausgesprochen werden. Der Übergang zu politischer Zensur ist fließend und geschieht schleichend.
Interessant ist die Einhelligkeit bei der „Diskriminierungs-Richtlinie“. 18 Mitglieder stimmten dafür, drei enthielten sich, und Nein-Stimmen gab es keine, so der Geschäftsführer Lutz Tillmanns. Wer mit nein gestimmt hätte, wäre – nach bekanntem Muster – selbst als Rassist dagestanden. Um diesen Eindruck zu vermeiden, betonte die Vollversammlung, daß die Richtlinie „kein Sprachverbot und keinen Maulkorb für Medien darstelle“. Auch der Vorwurf der Zensur wurde ausdrücklich zurückgewiesen. Man erkennt jedoch an, daß unter den Journalisten „Unsicherheit über die Anwendung herrsche“. Demnächst soll es einen „Leitfaden“ zur besseren Anpassung der Wirklichkeit an die Antidiskriminierung geben.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) sprach sich schon vorab für den Erhalt der Regelung aus. Und das, obwohl immer mehr einzelne Journalisten und auch Leser sich über eine Berichterstattung wie über die Silvesternacht in Köln beklagen. Es ist aber nichts Neues, daß die Zensur gerade dann verschärft wird, wenn die Wahrheit dahinter immer deutlicher zutage tritt.