Konrad Lorenz – ein Name, den wohl viele noch aus dem Biologieunterricht kennen. Neben Mendel und Darwin gilt Lorenz wohl als einer der bekanntesten Biologen und als der Gründervater der Verhaltensforscher. Nicht umsonst ist er nicht nur Träger zahlreicher Ehrendoktortitel, sondern auch des Medizin-Nobelpreises. Doch nun entzog die Universität Salzburg dem weltbekannten Forscher den 1983 verliehenen Ehrendoktortitel posthum. Nach der Satzung der Universität Salzburg darf ein (Ehren-)Doktortitel entzogen werden, wenn dieser Titel erschlichen worden wäre, was sie dem ehrbaren Wissenschaftler zwar vorwirft, aber etwas anders auslegt als die Regel es vermuten lässt.
Denn die Universität stört sich an Verbindungen Lorenz zum Nationalsozialismus. Tatsächlich beantragte Lorenz im Juni 1938 die Mitgliedschaft in der NSDAP. Er begründete seinen Antrag damit, dass seine „ganze wissenschaftliche Lebensarbeit, in der stammesgeschichtliche, rassenkundliche und sozialpsychologische Fragen im Vordergrund stehen, im Dienste nationalsozialistischen Denkens“ stehe. Lorenz sprach sich ebenfalls für eugenetische Maßnahmen aus, wie fast alle Wissenschaftler der damaligen Zeit. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern war Eugenetik auch teils noch nach dem zweiten Weltkrieg ein seriöses und verbreitetes Forschungsfeld. Auch der als „Rassenpapst“ bekannte Hans F. K. Günther hatte noch in den ersten Jahren der BRD ein Buch zur richtigen Gattenwahl herausgebracht. Doch Lorenz war nicht nur Mitglied in der NSDAP, er war u. a. auch Mitarbeiter des Rassenpolitisches Amtes der NSDAP und veröffentlichte einige Aufsätze in Fachzeitschriften. Einer dieser Aufsätze – „durch Domestikation verursachte Störungen arteigenen Verhaltens“ von 1940 – wird von der Universität Salzburg auch in ihrer Begründung genannt. Denn es sei „im Verfahren der Verleihung der Umstand verschwiegen“ worden, dass er sich als Wiener Privatdozent und Königsberger Professor „um eine wirksame Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts“ bemüht habe. Dabei ist dies bereits lange vor der Vergabe der Ehrendoktorwürde bekannt und wurde Lorenz bereits vor der Nobelpreisvergabe 1972 vorgehalten. Ein Ehrendoktortitel wird aber nicht angefragt, sondern von der entsprechenden Universität angetragen, so das es nicht Lorenz war, der sich 1983, inzwischen 80 Jahre alt und Träger von neun Ehrendoktortiteln u. a. in Oxford, Yale, Mailand und Wien und diverser Auszeichnungen, einen zehnten Dr. h. c. durch verschweigen seiner weltweit bekannten Tätigkeit im Nationalsozialismus „erschleichen“ musste, sondern sich wohl viel mehr die Universität Salzburg mit seinem weltweit bekannten Namen schmücken wollte – eugenetischer Einstellung und NSDAP Mitgliedschaft zum Trotz.
Vermutlich sind es auch ähnliche Prestige-Gründe, die die Universitätsleitung bewogen haben, den Doktortitel wieder zu entziehen. Die Universität wollte damit vermutlich auf den herrschenden Zeitgeist aufspringen, der mit jedem Jahr krampfhafter versucht, alles und jeden zu entnazifizieren. Doch die Rechnung geht ausnahmsweise einmal nicht auf. Von allen Seiten hagelt es Kritik und selbst die bürgerlich-liberale Frankfurter Allgemeine Zeitung nennt die Streichung der Doktorwürde „bodenlos und schäbig“. Die allzu offensichtliche Verdrehung der eigenen Satzung und des Handelns von 1983 gegenüber einer Koryphäe wie Lorenz scheint für viele den Bogen der Entnazifizierung zu überspannen. Ob mit oder ohne Salzburger Ehrendoktor, Lorenz bleibt weiterhin mit seinen hervorragenden Arbeiten ein Pionier der modernen Biologie und seine weitverbreiteten zivilisationskritischen Schriften sind auch heute noch lesenswert.