Allmählich merken die Vertreter von „Freedom & Democracy“, daß sich das Blatt zu ihren Ungunsten wendet. Jährlich erscheinen zwei Untersuchungen zum „Stand von Freiheit und Demokratie in der Welt“, sprich der Globalisierung nach amerikanischem Muster. Es sind die NGO Freedom House aus den USA und die britische Economist Intelligence Unit (EIU). Beide Organisationen melden seit etwa zehn Jahren rückläufige Entwicklungen. Die letzten Ausgaben – gerade erschienen – zeigen für 2015 abermals einen Rückgang für das westliche Modell.
Wenn man sich auf diese Indizes verlassen kann, so erleben wir in diesen Jahren die Wende in einem Prozeß, der sich schon seit Jahrhunderten auf eine liberale Weltgesellschaft zuzubewegen scheint. Erstmals kommt diese vermeintliche Erfolgsgeschichte ins Stocken. Woran macht man diese Beobachtung fest? Vor allem daran, daß neuerdings immer mehr Staaten sich für eine autoritäre Regierungsform entscheiden und versuchen, bestimmten Globalisierungsschäden entgegenzutreten oder sie gar nicht erst in vollem Umfang in das Land herein zu lassen.
Neben der Politik von Putin ist die Kandidatur von Donald Trump ein wichtiger Hinweis. Auch wenn man ihn schließlich noch „verhindern“ kann, hat damit auch in den USA eine neue Argumentationsweise Einzug gehalten. Ein weiterer starker Mann ist Erdogan, zu dem die Demokraten auf Grund ihrer Schwäche in Abhängigkeit geraten. In Österreich hat gerade die FPÖ triumphiert. In Polen und Ungarn sind bereits „rechte“ Kräfte an der Regierung, in Frankreich wird der Front National immer stärker. Und der „Arabische Frühling“ hat statt zur Ausbreitung des liberal-demokratischen Modells zu neuen Despotien und zum Islamismus geführt.
Ein Artikel in der Wochenzeit „Die Zeit“ stellt mit klagender Miene fest: „Es war falsch anzunehmen, daß der Weltgeist nach dem Ende des Kommunismus selbststeuernd in Richtung liberaler Demokratie fahren würde.“ Die beiden kommunistischen Regime Rußland und China sind ohne liberaldemokratische „Befreiung“ direkt in das postdemokratische Zeitalter übergegangen. „Die Zeit“ sieht ein: „Das Denken in den Kategorien des 20. Jahrhunderts, nämlich Freiheit gegen Totalitarismus, hat den Blick für die neue Attraktivität des Autoritären zu lange verstellt.“
Was aber ist unter „autoritär“ zu verstehen? „Durchregieren von oben nach unten im geschlossenen Raum der Nation statt endloses Verhandeln und Ausgleichen in einer offenen Weltgesellschaft“. – Da braucht man sich nicht zu fragen, weshalb diese Option immer populärer wird.