Schon mehrmals berichteten wir ausführlich über den Ukraine-Konflikt und das Bataillon Azov. Anfang August führten wir ein Interview mit dem Schweden Mikael Skillt, der sich dem Bataillon Azov anschloß und an allen relevanten Kampfhandlungen des Bataillons teilnahm.
Hallo Michael, kannst du dich kurz vorstellen?
Ich bin seit ~1995 in der schwedischen Bewegung und war dort aktiv, bis 2014 als ich in die Ukraine ging. Als ich in die Ukraine ging, kämpfte ich mit einer kleinen Gruppe von Nationalisten namens C14. Danach ging ich zu Azov und machte dort alle bedeutenden Gefechte mit. Im Februar 2015 wurde ich Mitglied der Zivileinheit und half ATEK (Ausbildungseinheit) mit aufzubauen.
Warum gingst du 2014 in die Ukraine?
Aus verschiedenen Gründen, einmal weil ich sah, daß dort eine nationale Revolution stattfand und um diese gegen die Scharfschützen von Janukowytsch zu unterstützen.
Warum gingst du dann nach dem Maidan in den Osten?
Nach dem Maidan sah ich die Besetzung der östlichen Gebiete und nahm mit meiner Gruppe – C14 – an proukrainischen Demonstrationen teil. Einige Freunde meldeten sich freiwillig zur Armee, und weil ich militärisch Erfahrung hatte, ging ich mit.
Woraus bestand deine militärische Erfahrung?
Ich war 6 Jahre in der schwedischen Nationalgarde und hatte dort u.A. eine Scharfschützenausbildung gemacht.
Hattest du als Nationalist keine Probleme in der Armee?
Nicht wirklich. Ich wurde zwar vom militärischen Geheimdienst kontrolliert, aber es gab keine größeren Probleme. Ich „verließ“ die Armee erst, als ich wegen der Verteidigung eines Freundes für zwei Monate ins Gefängnis musste.
Bist du direkt nach dem Maidan zu Azov?
Ich ging direkt zu Azov. Nach einer Woche Trainingscamp ging es direkt in den Osten.
Warum warst du bereit für diesen fremden Konflikt dein Leben zu riskieren?
Die Antwort hat sich wohl immer wieder etwas geändert. 1. Kommt wohl für jeden Mann, speziell als Soldat, in seinem Leben der Zeitpunkt, wo er sich fragt, wie er sich in einem Krieg wohl verhält. Es war wohl eine Art Prüfung. Außerdem gingen meine Freunde dorthin, und ich wollte sie nicht verlassen und alleine lassen. Ich merkte auch, daß es in Azov gute Nationalisten gab und ich wollte ihnen beistehen. Desweiteren war ich schon immer ein Feind der neobolschewistichen Politik des Kremls.
Was kannst du über die Verhältnisse in dieser Zeit in Azov sagen?
Am Anfang hatten wir keine Waffen. Es war mehr eine Gruppe junger Kerle, die die Ukraine verteidigen wollten, aber nicht wirklich wussten wie, als eine wirkliche Militäreinheit. Also habe ich die ersten fünf Wochen damit verbracht, die Jungs zu trainieren. Dort hatte ich auch meinen ersten Konflikt mit Biletsky Andrij, dem Anführer von Azov, weil ich gesagt habe, entweder komme ich an die Front oder ich schließe mich einer Einheit vom rechten Sektor in Kramatorsk an. Biletsky sagte aber, dass ich für Azov wertvoller wäre, wenn ich die Leute trainiere, statt an die Front zu gehen. Aber nach diesen fünf Wochen habe ich mich durchgesetzt und ging mit an die Front. Es waren alles hoch motivierte Freiwillige, ohne Geld, ohne großes Arsenal. Als erstes kamen wir nach Mariupol, wir machten den Plan und den Angriff, die Armee blieb im Hintergrund. Als nächstes kam Marjinka. Ich plante den ersten Teil des Angriffs. Alles lief wie am Schnürchen, dann kam die 2. Kompanie vom Norden, hinter einem Panzer der Armee. Der Panzer fuhr auf eine Mine, und 12 unserer Leute wurden verwundet, 2 davon schwer, einer starb daran, ein Russe. Unser erster Toter. Der Panzer zog sich zurück, unsere Leute aber sagten, scheiß drauf, die Schweine haben unseren Freund getötet, die machen wir fertig und rückten ohne Panzer vor. Azov hat Marjinka in 12 Stunden genommen – die Armee hat es in 12 Tagen nicht geschafft.
Wie ging es danach weiter?
Wir gingen nach Ilovaysk, aber dieses Mal war die Planung von der Armee gemacht. Einer der diese mitgemacht hat – zweiter in der Befehlskette- wurde vor drei Wochen als russischer Spion enttarnt und verhaftet. Wir folgten diesem Plan, und es ging alles schief. Die Separatisten leisteten harten Widerstand und wir mussten uns immer wieder zurück ziehen. Bei diesen Gefechten starben ungefähr 600 Soldaten. Bei diesem Plan war eh einiges unverständlich, warum man z.B. nach Ilovasyk ging, statt in das viel nähere Donetzk. Beide sind immer noch von Separatisten besetzt. Viele vermuten wegen Verrat. Danach folgten Gefechte in Shyvokone. Wir sollten die Stadt so lange wie möglich halten und auf Unterstützung von der Armee warten – aber die kam nie. Ein Platoon von uns und einige vom Grenzschutz hielten die Stadt etwa 5 Stunden, bis wir uns zurückziehen mussten. Die Stadt Belatskywar lange stark umkämpft. Bis Februar 2015 separatistisch, bis Azov es eroberte.
Hattet ihr Kontakt zu Ukrainern während des Maidans?
Ich kannte einige von Swoboda, aber ich ging mehr oder weniger blind dort hin. Ich war schon immer gut darin, spontane Lösungen zu finden.
Wie hast du Kontakte hergestellt?
Mein Freund Sonic, der mit mir gehen wollte, ging 3-4 Tage vor mir rüber, da ich noch meinen Job kündigen musste. Er baute Kontakte zu C14 auf. Und so ging alles los.
Was waren deine Erfahrungen im Krieg?
Was ich hauptsächlich lernte, ist, daß die Welt nicht schwarz und weiß ist, sondern sie sehr viele Grautöne hat. Man trifft niemals so gute Freunde wie an der Front. Man geht Hand in Hand mit dem Tod, und deine Kameraden sind diejenigen die drauf aufpassen, dass du nicht stirbst.
Wie ging es weiter nach der Front?
Ich half mit ATEK aufzubauen. Ich machte das taktische Training usw.
Was kannst du uns über die Ukraine sagen?
Die Ukrainer sind sehr freundlich, warmherzig und gastfreundlich. Aber sie sind – für einen Deutschen oder Schweden – sehr unordentlich und unorganisiert. Die Ukraine kann eine großartige Zukunft haben, wenn die Oligarchen und die Unfähigen im Parlament beseitigt sind. Man müsste das Land politisch umbauen.
Planst du in der Ukraine zu bleiben?
Ja, ich habe hier auch geheiratet.
Wie siehst du Europa in Zusammenhang mit der Ukraine?
Die EU versucht die Ukraine mit „westlichen Werten“ zu beeinflussen, aber wir sehen was diese Werte aus Europa gemacht haben. Am besten wäre es vermutlich, eine Mauer dagegen zu bauen.
Wie ist die aktuelle Situation von Azov?
Eine sehr gute. Wir sind eine Eliteeinheit der Nationalgarde, wir haben eine Panzer- und Artillerieabteilung. Der Innenminister bezeichnete mehrmals Azov als die Zukunft der ukrainischen Armee.
Was sind die Zukunftspläne?
Uns von einem Regiment zur Brigade zu vergrößern.
Wird diese Brigade für Europäer offen sein?
Ich glaube nicht. Wir haben einen Ansturm von Ukrainern, die bei uns kämpfen wollen.
Kann Azov ein Vorbild sein?
Ja, weil wir junge Menschen zu verantwortlichen Männern erziehen. Wenn es darum geht, eine Art Maidan-Revolution zu machen, nicht wirklich, da die Mentalitäten zu verschieden sind, zwischen Ukrainern und Deutschen. Aber manches kann man bestimmt von den Vorgängen auf dem Maidan lernen.
Was würdest du gerne den europäischen Nationalisten sagen?
Zu aller erst bin ich nicht mehr – wie viele denken – Nationalsozialist, sondern eher Nationalist oder Traditionalist. Das würde ich gerne klar stellen. Danach sollte niemand auf die Bürgerlichen hören. Jeder Nationalist sollte auch Revolutionär sein. Auf einem falschen Fundament kann man nicht aufbauen. Glaubt niemals der russischen Propaganda – Putin ist kein Freund Europas!
Interview der SalomonGarage mit Mikael Skillt (Englisch)