Die Lehrer können in Deutschland frei entscheiden, mit welchen Lehrbüchern sie arbeiten wollen. Deshalb ist schwer festzustellen, wie oft die „Sexualpädagogik der Vielfalt“ als Fibel für den Sexualkundeunterricht bisher schon zum Einsatz kam. Empfohlen wird das Buch jedenfalls von diversen schwul-lesbischen Organisationen, und auf die hört man in den Schulen. Neuerdings aber regt sich Protest gegen die „Vielfalt“ in Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen sogar bei der FDP. Auf diese Weise kommt nun an die Öffentlichkeit, mit welchen Inhalten die Schüler von 12 bis 14 Jahren im sogenannten Aufklärungsunterricht konfrontiert werden.
Zur Sexualaufklärung gäbe es in der Tat Anlaß, da die klassische Geschlechtskrankheit Syphilis wieder stark auf dem Vormarsch und Aids keineswegs besiegt ist. Um die Verhütung von Krankheiten oder von ungewollter Schwangerschaft geht es der „Sexualpädagogik der Vielfalt“ von Elisabeth Tuider und Stefan Timmermann allerdings nicht, sondern um möglichst ausgefallene Praktiken, die keinesfalls „diskriminiert“ werden sollen.
Man muß diese Zumutungen schon zitieren, um nicht selber als Schmutzfink dazustehen: „Kinder ab 13 Jahren sollen Praktiken wie Analsex in einem Rollenspiel auf der Bühne darstellen. Angeraten wird auch, auf Unterrichtsmaterialien wie „Dildos“ oder „Vaginalkugeln“ zurückzugreifen, teils für Schüler ab 14 Jahren. Sexualpädagogisch hilfreich sei überdies ein Projekt, in dem Schüler einen „Puff für alle“ bauten. Darin sollten sich Menschen jeder sexuellen Vorliebe wohlfühlen, auch Sexpraktiken wie „der Blowjob“ oder „Cunnilingus“ sollten dort nicht fehlen“, so berichtet die „Welt“.
Auf Anfrage, ob dieses Werk wirklich empfehlenswert sei, erklärte sich das NRW-Schulministerium für unzuständig. Es verwies darauf, „die Auswahl der Unterrichtsmaterialien“ obliege „den Lehrkräften in eigener Verantwortung“. Johannes-Wilhelm Rörig, Beauftragter der Bundesregierung für Kindesmißbrauch, wendet immerhin ein, der Ansatz des Fachbuches sei „grenzüberschreitend“ und daher „nicht akzeptabel“. Bei „Mädchen und Jungen, die Grenzüberschreitungen gewohnt und deshalb desensibilisiert“ seien, hätten auf Kindesmissbrauch abzielende „Täter ein leichteres Spiel“.
Geschlechtskrankheiten und Mißbrauch sind aber nicht die einzigen Gegenargumente. Was Rörig „grenzüberschreitend“ nennt, bedeutet nämlich nichts anders als widernatürlich. Und weil es widernatürlich ist, wirkt es auf den gesunden Charakter widerlich und ekelhaft. Wenn diese Reaktion aber abtrainiert wird, dann können Kinder und Jugendliche die gesunde Orientierung ganz verlieren. Denn Sexualität ist ein Kernthema und keineswegs unpolitisch aufzufassen. Die Familie allein kommt gegen ein verseuchtes Klima nicht an.