Der Widerstand gegen Hitler zerfällt in zwei Gruppen. Da sind erstens die kommunistischen Aktionen, die man wohl tapfer nennen muß, von denen aber heute niemand mehr wissen will, weil kommunistisch zur damaligen Zeit stalinistisch bedeutete. Die Kommunisten haben auch nicht so sehr auf ein Attentat gesetzt, weil sie nicht die Person, sondern die Klasse in den Mittelpunkt stellen. Zweitens gab es den konservativen Widerstand, und auch diese Leute sind nicht unbedingt als demokratisch zu bezeichnen. Die Wahrheit ist, daß Hitler linke und rechte Gegner hatte, aber die Demokraten übten sich wieder mal in Anpassung.
So kann sich die BRD dummerweise auf keine Anti-Hitler-Tradition berufen, sie besteht aus Leuten, die nur dann „antifaschistisch“ sind, wenn es nichts kostet. Diese Tatsache machen sich rechtskonservative Kreise zunutze. Sie weisen – mit einem gewissen Recht – darauf hin, daß Stauffenberg & Co. eher deutsch-nationale Auffassungen vertraten als liberale. Durch eine solche Identitikation mit dem Widerstand wollen sich die Rechtskonservativen von jedem Verdacht der NS-Sympathie freimachen.
Diese Argumentation, unterstützt von einem latenten Stauffenberg-Kult, stößt begreiflicherweise auf den Unmut der offiziellen Widerstandspflege-Einrichtungen. Und da die bürgerliche Rechte an Bedeutung zunimmt, äußern sich nun zwei offizielle Vertreter über die „Vereinnahmung des deutschen Widerstandes“ durch die Rechten. Robert von Stein-Steinrück, Vorsitzender der Stifung 20. Juli, stört vor allem die Verwendung der „Wirmer-Fahne“ bei Pegida-Demonstrationen. Es handelt sich dabei um die rote Fahne mit schwarzem, gelb umrandeten Kreuz. Kaum jemand wisse, so Stein-Steinrück, daß Josef Wirmer zum 20. Juli gehörte und die Fahne als neue Nationalflagge nach einem geglückten Attentat entworfen hatte. Das christliche Philippus-Kreuz war direkt gegen das Hakenkreuz gerichtet.
Johannes Tuchel, Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin, führt zu wiederholten Malen die Denkschrift des Kreisauer Kreises sowie die Regierungserklärung von Goerdeler und Beck an. Darin finde sich ganz klar eine „europäische und menschenrechtliche Orientierung“. Dies stehe jeder „völkischen“ Vorstellung entgegen. Tuchel schließt: „Der Widerstand, den die AfD und Pegida oder auch die "Junge Freiheit" für sich beanspruchen, ist nicht der Widerstand des 20. Juli.“
Fazit: Die BRD hält sich den 20. Juli mit seinem reaktionären Einschlag lieber vom Leibe, aber möchte auch nicht, daß nationale Strömungen ihn kapern. Zur Abgrenzung zieht man windelweiche Kriterien heran. Denn wer würde sich wohl nicht irgendwie „zu Europa“ bekennen, und gegen die Beachtung der Menschenrechte sind „Junge Freiheit“ oder Pegida doch wohl auch nicht. In der Ablehnung des Hakenkreuzes ist man sich sowieso einig und rettet sich in ein diffuses Christentum. So endet der „Widerstand“ mit der Wirmer-Fahne in schöner Einigkeit mit den Etablierten.