Der Hegemon enttäuscht seine Vasallen

Home/Ausland/Der Hegemon enttäuscht seine Vasallen

Die Amerika-Freunde in Deutschland haben ein Problem. Der US-Präsident ist keine Repräsentation des Guten in der Welt mehr. Doch das Problem der deutschen Amerika-Freunde beginnt nicht erst mit Donald Trump. Schon seit längerem füllen die USA nicht mehr jene Rolle aus, die ihnen ganz besonders von den Nachkriegsdeutschen zugeschrieben wurde, die Rolle des Vorbilds und Übervaters. Die USA haben innenpolitisch keine Erfolge mehr, der Wohlstand wächst nicht, sondern schwindet, die Stabilität ebenso, und außenpolitisch haben sie ihre ganze Sicherheit verloren.

In der Wochenzeitung „Die Zeit“ heißt es dazu: „Es kommt nicht mehr richtig an, dieses Lullaby (Wiegenlied) von der eigenen Größe, beständig fächeln sich die Amerikaner Mut zu – und werden doch immer mutloser dabei. Es scheint, als sei die amerikanische risikofreudige, sehr freie Marktwirtschaft für viele nicht mehr so gut zu ertragen, wenn das Ur-Selbstvertrauen in die eigene Auserwähltheit brüchig wird.“ Im Grunde ist das ein ganz allmählicher Prozess der Entzauberung Amerikas von den 50er Jahren, wo das Ansehen am allerhöchsten war, über den Vietnam-Krieg als erstem Einbruch, nicht etwa weil die USA den Krieg führten, sondern weil sie ihn nicht schnell gewinnen konnten, bis zu offensichtlich korrupten Präsidenten wie Richard Nixon oder persönlichen Nullen wie Ford und Carter bis hin zu den verfehlten Militäreinsätzen der letzten Zeit.

Hierzu argumentiert die liberale Zeitung: „Seit einiger Zeit geht die Rechnung nicht mehr auf, die Hegemonialkosten schießen in einer multipolaren, aus den Fugen geratenen Welt dermaßen in die Höhe, daß auch eine so starke Macht wie die USA sie nicht mehr aufzubringen vermag. Oder es nicht mehr möchte. Weltmacht jedenfalls scheint ein Verlustgeschäft geworden zu sein.

„Und was bedeutet die amerikanische Krise nun für Deutschland?“ lautet die Frage. „Die Zeit“ behauptet: „Europa, vor allem Deutschland hängt noch immer am gestern. Die Zwillingsideologie des Amerikanismus und des Antiamerikanismus wollen beide nicht von der Vorstellung ablassen, daß das Wohl – oder Wehe – der Welt von den USA abhängt. Doch sind diese Zeiten unwiderruflich vorbei.
Diese Diagnose wird sicherlich durch die Präsidentschaft von Donald Trump noch zutreffender. Trump hat bereits erklärt, daß er nicht die „Weltpolizei“ spielen will. Das bedeutet jedoch, daß die Europäer „sich selbst um Afrika und den Mittleren Osten kümmern müssen. Und auch mit Rußland wird sich vor allem die EU zu befassen haben. Zwar wird der teilweise Abschied der USA weitgehend geleugnet, dennoch hat er im politischen Unterbewußtsein des europäischen Kontinents bereits gewaltige Nebenwirkungen.

Die Zeitung kommt zu dem überraschenden Schluß, daß die EU selbst die Alternative zu Amerika ist oder werden kann: „Die USA jedenfalls sind vorerst nicht mehr der Fels, auf den wir bauen können.“ Für die Liberalen ist das eine „traurige Nachricht“: „Man ist konsterniert und fühlt sich verlassen.“ Da kann einem der politische Gegner – verlassen von seinem übermächtigen Verbündeten – beinahe leid tun.

×

Schneller und einfacher Kontakt über WhatsApp - Einfach auf den unteren Button klicken!

 

Kontakt über Threema unter der ID:
Y87HKB2B

×