Derzeit findet in Mexiko die UN-Konferenz zur Wahrung der biologischen Vielfalt statt. Unter dem Punkt „Sonstiges“ wird dort auch ein Gebiet abgehandelt, das die Diskussion um Biodiversität schon bald in eine ganz andere Richtung lenken könnte. Gemeint ist die „Synthetische Biologie“. Sie hat zum Beispiel eine genveränderte Malaria-Mücke hervorgebracht, die nicht krankheitsübertragend ist. Unter dieser Voraussetzung könnte man die giftige Mücke ausrotten, ohne die Vielfalt zu gefährden. Die synthetische Mücke würde ihren Platz einnehmen. Das Verfahren wird „Gen Drive“ genannt. Aber darf man gentechnisch veränderte Organismen einfach in die Natur entlassen? Der Eingriff wäre irreversibel. Diese Grundfrage an die Gentechnik wird bei der „Synthetischen Biologie“ aktuell, weil nicht nur Eigenschaften verändert, sondern ganz neue Arten erschaffen werden können.
Dringlich wird die Thematik durch ein jüngst erfundenes Verfahren namens „Crispr“, mit dem man viel leichter und schneller Gen-Material aus einer DNA ausschneiden und in eine andere einsetzen kann. So finden heute Experimente statt, die noch vor fünf Jahren extrem kostspielig und technisch aufwändig waren. Selbstverständlich ließe sich die Methode auch beim menschlichen Erbgut anwenden, denn es unterscheidet sich im Prinzip nicht vom Genom der Tiere und Pflanzen. Ethische Rücksichten verbieten allerdings das Experimentieren mit menschlicher DNA – zumindest in Deutschland und den europäischen Ländern. Was anderswo auf der Welt vielleicht schon gemacht wird, bleibt offen.
Schon sprechen auch hiesige Forscher davon, daß man „Leben bald als e-mail-Anhang verschicken“ kann. Schließlich ist es im Kern nur eine milliardenfache Abfolge von vier Buchstaben. Die chemischen Verbindungen liegen im Kern jeder einzelnen Zelle und bestimmen deren Fähigkeiten. Im Jahr 2001 ist das gesamte menschliche Genom erstmals entziffert worden. Jetzt zeigt sich erst allmählich, was man mit dieser Unmenge an Daten einmal anfangen könnte.
Die UN-Konferenz dient dem Schutz der biologischen Vielfalt. Sie muß sich inzwischen nicht nur gegen das Aussterben von Arten richten, sondern auch gegen zu viel künstliche Vielfalt, eventuell vor Extremphantasien der Synthetischen Biologie. Aber könnte die neue Technik nicht auch dazu genutzt werden, dem ständig stattfindenen Verfall des menschlichen Genoms, zumindest bestimmter Populationen, einmal entgegenzuwirken und das Erbgut auf künstliche Weise wieder „aufzunorden“? Die Möglichkeit dazu scheint sich zumindest zu eröffnen, ob man sie eines Tages nutzt oder nutzen sollte, ist die andere Frage.
Das nächste Treffen der UN-Konferenz findet in zwei Jahren statt. Bei der schnellen Entwicklung ist das eine lange Zeit.