Captain Fantastic – Einmal Wildnis und zurück

Home/Politik, Gesellschaft und Wirtschaft/Captain Fantastic – Einmal Wildnis und zurück

Captain Fantastic – Einmal Wildnis und zurück lautet der Titel eines sehr interessanten Filmes der derzeit in den deutschen Kinos läuft. Zunächst einmal wirkt der Titel irritierend und lässt auf einen klassischen Hollywood-Schinken mit viel „Action“ schließen. Doch weit gefehlt, es handelt sich um eine Komödie die durchaus zum Nachdenken anregt.

In einem tiefen nordamerikanischen Wald lebt Aussteiger Ben mit seinen sechs Kindern. Die Mutter befindet sich aufgrund manischer Depressionen in einer Klinik. Die Kinder wachsen mit Sport und im Einklang mit der Natur auf. Ben versucht seine Kinder auf das Leben vorzubereiten in dem er ihnen Jagen und Tarnung im Wald lehrt. So unterzieht sich der älteste Sohn Bodevan gleich in der Auftaktszene einem Männlichkeitsritual, in dem er ein Reh lediglich mit einem Messer bewaffnet erlegt und anschließend das rohe Herz des Tieres isst. Auch Bildung hat einen wichtigen Stellenwert und so lesen die Kinder zwischen 8 und 18 Jahren bereits Bücher wie „Middlemarch“ von George Eliot. Die Familie sind Selbstversorger und ist komplett aus dem System ausgestiegen.

Eines Tages erfährt Ben dass seine Frau Selbstmord begangen hat. Daher beschließt die Familie den Letzten Willen der Mutter umzusetzen und die kirchliche Beerdigung zu verhindern und stattdessen die Leiche zu verbrennen und im Klo herunter zu spülen. Dafür begeben Sie sich wieder in die Zivilisation und treffen somit auf eine komplett andere Welt. Ironisch werden die Gegensätze zur dekadenten kapitalistischen, amerikanischen Gesellschaft aufgezeigt. So fragen sich die Kinder, die noch nie in der Zivilisation waren, bereits beim ersten Besuch in einer Bank warum die Menschen alle so fett sind. Shopping-Malls, Videospiele und Coca Cola – die Gesellschaft wirkt abstoßend auf  die geistig wie körperlich gesunden Kinder. Bei einem Besuch bei einem Onkel treffen Sie auf deren zwei Kinder. Als die Tante erfährt, dass die Kinder nicht auf eine staatliche Schule gehen, sondern von dem Vater unterrichtet werden wird sie wütend. Ben ruft die beiden Söhne von ihr heran und befragt sie nach der „Bill of Rights“, der amerikanischen Verfassung. Während der jüngere, etwa 12 jährige, Sohn nicht einmal weiß, worum es sich handelt, gibt der ältere, etwa 14 Jährige an, dass das „irgend so ein Gesetzbuch ist, wo drin steht, dass wir alle die gleichen Rechte haben oder so“. Dann ruft er seine 8-jährige Tochter, stellt ihr die Frage und sie beginnt den ganzen Gesetzestext zu zitieren.

Allerdings treten auch Probleme auf, Ben erfährt, dass Bodevan sich erfolgreich hinter seinem Rücken bei allen relevanten Universitäten mit der Hilfe seiner Frau beworben hat. Die Kinder merken, dass sie quasi „Freaks“ sind und leiden darunter. Die Situation eskaliert, als die Familie die Beerdigung stürmt und dort rausgeschmissen wird. Letzten Endes stiehlt die Familie jedoch den Sarg vom Friedhof, erfüllt den letzten Wunsch der Mutter und die Kinder dürfen doch zur Schule gehen und ziehen zum Teil zurück in die Zivilisation.

Interessant ist der Film zum einen, da er sehr gelungen die moderne Gesellschaft vorführt. Zudem zeigt er, wie eine scheinbar archaisch lebende Familie durchaus ein alternatives Leben führen kann und aus dem System aussteigen kann. Natürlich soll der Film zu dem Ergebnis kommen, dass der Staat letztlich alternativlos ist. Dies gelingt nur bedingt, unter der Bedingung, dass man eben isoliert von jeder Gesellschaft lebt. Aber eine autarke Lebensweise muss nicht zwingend den Ausschluss von jedem Kontakt zur restlichen Menschheit bedeuten. Das Projekt unabhängiges Leben ist gerade für Nationalisten ein interessantes, möglicherweise zukunftweisendes Projekt. Schon heute können wir beobachten wie Ansätze wie völkische Siedler oder Reichsbürger verteufelt werden. Gerade weil eine Verfolgung von autonom lebenden Aussteigern nicht so einfach möglich ist, bereitet Anti-Rechts-Initiativen Kopfschmerzen.

In dem Film ist die Familie linksorientiert, die Kinder diskutieren verschiedene Formen des Marxismus aus. Allerdings spielt dies für die Handlung des Filmes keine große Rolle. Die autoritäre Hierarchie der Familie, in der der Vater klare Befehle gibt, stellt eher das Gegenteil von linker Gesellschaftsordnung dar. Bei einer Noam-Chomsky-Feier (jüdischer, linker, israelkritischer Intellektueller) fragt Sohn Rellian, warum die Familie nicht wie andere Menschen Weihnachten feiern kann. Der Vater erwidert dass der Sohn gerne Argumente für eine Feierlichkeit zu Ehren einer imaginären Werbefigur im Gegensatz zu einem realen Pazifisten vorbringen kann. Natürlich erwidert der Sohn nichts. Hier zeigt sich aber auch das bei aller theoretischen Richtigkeit mancher Überlegungen Brauchtum dennoch seine Berechtigung hat. Der „aufgeklärt“ erzogene Sohn sehnt sich nach traditionellen gesellschaftlichen Ritualen. Es ist das verbindende Element und der Mythos der mit Ihnen verbunden ist, der sie unentbehrlich macht. Die Sehnsucht nach Brauchtum und einem gewissen Spiritualismus wird daher – auch wenn Liberalisten dies verachten – niemals verschwinden.

Der Film ist seit dem 18. August in den deutschen Kinos zusehen, wurde bereits in Cannes prämiert und gilt als Oscar Anwärter.

×

Schneller und einfacher Kontakt über WhatsApp - Einfach auf den unteren Button klicken!

 

Kontakt über Threema unter der ID:
Y87HKB2B

×