Ein aufschlußreiches Interview gibt der deutsche Software-Unternehmer Ulrich Dietz (GFT Technologies AG) der Wochenzeitung "Die Zeit". Darin stellt Dietz einen eklatanten Rückstand der deutschen Computerindustrie gegenüber den US-Amerikanern fest, vor allem im Sicherheitsbereich. Er führt diesen Wettbewerbsnachteil unter anderem darauf zurück, daß in den USA neue Computerfirmen direkt von den Nachrichtendiensten finanziell gefördert werden in der Hoffnung, von den neuen Technologien profitieren zu können. In Deutschland existiert eine solche Zusammenarbeit nicht, und überhaupt wird staatlicherseits wenig für die Innovation getan. Man verläßt sich auf das Bild des eigenständigen "Start Up", das aus einer Garage kommt und von Studenten zum Erfolg geführt wird. Doch so läuft es längst nicht mehr.
"Im Silicon Valley finden Sie sehr viele Unternehmen, die militärischer oder nachrichtendienstlicher Förderung oder Protektion entstammen", erklärt Dietz. "Die Amerikaner haben früh verstanden, daß sie so weltweit eine technologische Vorherrschaft erringen können." Den Europäer rät er dringend: "Wir müssen uns besser schützen." Und "wir entwickeln in großen Teilen der relevanten Sicherheitsbereiche keine eigene Software mehr, die mit den Amerikaner mithalten kann. Wir entwickeln auch keine Betriebssysteme, keine Basis-IT, die eine länderspezifische Souveränität erlaubte. In den USA gibt es ein starkes staatliches Interesse und eine direkte Förderung von Unternehmen, die Informationen aufarbeiten und zusammenführen."
Auch das eigene Unternehmen entstammt einer Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen: “Die "Deutsche Bundespost" gehörte dem Staat. Sie kaufte unser Software-Produkt, obwohl wir so klein waren. Man wollte bewußt ein deutsches Unternehmen unterstützen, und das hat uns letztlich zum Durchbruch verholfen. Unser Beispiel zeigt also, was ein staatlicher Kunde bewirken kann.”
Für notwendig hält es Ulricht Dietz, "eine eigene europäische IT-Industrie mit weltweiter Relevanz zu entwickeln", dazu braucht es aber den politischen Willen. "Natürlich freuen wir uns über neue Aufträge", ergänzt der Unternehmer. "Aber ich will auch, daß in und für Deuschland etwas passiert. Wir müssen bei Digitalthemen weltweit führen wollen. Sonst rennen wir immer nur hinterher. Aber wenn Deutschland weltweit mitspielen soll, müssen wir groß denken. Mir persönlich ist das leider auch spät beigebracht worden."