Die Nahrung als kapitalistisches „Gut“

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Ein Thema, welches zwar schon oft thematisiert wurde, jedoch meistens mehr auf einer emotionalen als auf einer rationalen Stufe, ist der Umgang mit sogenannten Fastfoodketten. Gerade in Teilen des nationalen Lagers gilt es oftmals als verpönt, dort Essen zu gehen, gleichzeitig wird aber beim Gang in den Supermarkt ein gedankenloses Konsumverhalten gezeigt. Mancherorts entwickelt sich ein handfester Glaubenskrieg, der sich auf einige Symbole bezieht, anstatt eine fundierte Kritik zu üben. Leider erkennt man an solchen Reaktionen, wie viel Unwissen bei einer großen Zahl von Menschen vorherrscht. Unfähig, das große Ganze im Blick zu behalten, verkommen Diskussionen zu meist zu einer puren Heuchelei. Auch und gerade rund um das Thema Ernährung muss eine allumfassende Systemkritik stattfinden. Die folgende Abhandlung soll daher aufzeigen, dass Ernährung im 21.Jahrhundert generell unter kapitalistischen Gesichtspunkten sowie unter umweltpolitischen und gesundheitlichen Aspekten betrachtet werden muss.

Wenn man sich flüchtig in der Unternehmenslandschaft der Lebensmittelproduzenten, Händler und sonstigen Vertriebsunternehmen umschaut, kommt man zu dem Schluss, dass es mittlerweile völlig irrelevant erscheint, von wem und vor allem was man konsumiert. Das Ziel der Herstellung von sogenannten Lebensmitteln hat in erster Linie nicht mehr viel mit der Erhaltung von Vitalfunktionen zu tun, sondern soll gewissen Personenkreisen entsprechende Boni und Machtpositionen sichern. Es wird an dieser Stelle sicher der Einwand kommen, dass man heutzutage aus einer Vielzahl von Produzenten und Händlern wählen könne. Man müsse auch nicht zwangsläufig bei den konventionellen, großen Händlern kaufen, sondern hätte regional vor Ort genügend Möglichkeiten. Sicher kann man dies in gewissen Schichten und Regionen der BRD. Die Masse hat aber schlichtweg nicht das nötige Kleingeld und/oder wohnt in Gegenden, in denen kaum noch regional verwurzelte Bauern und Erzeuger tätig sind, welche auch noch einen ökologischen Anspruch besitzen.

Man muss an diese Thematik ehrlich herangehen und sämtliche Facetten beleuchten, um daraus realistische und massentaugliche Alternativen aufzeigen zu können. Der Kunde hat eben schon lange die sogenannte Macht über die Anbieter und Hersteller verloren. Nur noch bedingt wird sich an den Wünschen der Kundschaft orientiert. Psychologie und Soziologie haben auch bei Firmen wie Nestlé, Unilever, Lidl und McDonalds schon lange Einzug gehalten. Ganze Abteilungen sind damit beschäftigt, wie man noch mehr Menschen zu potentiellen und vor allem loyalen Konsumenten degradieren kann. Die Domestizierung über Werbung führt dazu, dass die Menschen kein beliebiges Produkt erwerben möchten, sondern sie verbinden immer häufiger damit einen „lifestyle“. Wenn diese Regung und Denkweise in den Köpfen erst einmal verankert ist, die Marke allgegenwärtig erscheint, ist es für die Konzerne ein Leichtes, den Menschen zu diktieren, was sie in diesem Augenblick kaufen „wollen“.

Schaut man sich in der Welt um, fällt schnell auf, dass rund 50% des weltweiten Umsatzes, welcher mit der Herstellung von Lebensmitteln verbunden ist, auf 50 Firmengruppen entfallen. Diese sind darüber hinaus durch sogenannte joint ventures und spin-offs miteinander verwoben. Das Netz der Produzenten und Anbieter wird durch solche Unternehmenskooperationen immer undurchsichtiger. Der Käufer hat zwar die augenscheinliche Wahl zwischen bestimmten Marken und einer breiten Produktpalette, am Ende stammt das meiste jedoch aus ein und demselben „Haus“. Seit einigen Jahren ist eine Fusionswelle von Lebensmittelkonzernen zu beobachten, bei den oftmals Finanzinvestoren ihre Finger mit im Spiel haben. Eine der größten Fusionen der jüngeren Vergangenheit war der Zusammenschluss von Heinz und Kraft Foods. Aber auch die Händler versuchen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, ihren Umsatz und dadurch natürlich auch ihren Gewinn zu maximieren. Der aktuelle Fall, bei dem Edeka und Kaisers Tengelmann fusionieren möchten, zeigt, dass sogar die Politik offen für Großkonzerne in die Bresche springt. Sigmar Gabriel (SPD) hat im vergangenen Jahr eine sogenannte Ministererlaubnis für den Zusammenschluss beider Unternehmen erlassen. Diese wurde zwar durch das Oberlandesgericht Düsseldorf erst einmal gestoppt, doch Gabriel klagt aktuell vor dem Bundesgerichtshof. Man sieht auch hier, dass der Kapitalismus auch für eine SPD, die sich gerne selbst als sozial bezeichnet, salonfähig ist. Die Systemparteien kooperieren mit Unternehmen, welche zwar zum Teil Milliarden Gewinne einfahren, ihre Arbeiter und Angestellten jedoch mit einem Hungerlohn und katastrophalen Arbeitsbedingungen abspeisen. Der Kapitalismus hat keine Fehler, er ist schlichtweg der Fehler. Nur so ist es zu erklären, dass weltweit 10 Unternehmen existieren, die uns diktieren können, was und zu welchen Preisen wir ihre Produkte kaufen müssen. Auf Platz eins finden wir Nestlé mit Sitz in der Schweiz; auf dem zweiten Platz JBS (weltweit größter Produzent und Lieferant von Fleischwaren) und auf dem dritten Platz findet sich Tyson Foods, welcher ebenfalls in der Fleischbranche tätig ist. Die Plätze vier bis zehn teilen sich Mars, Mondelez, Kraft Heinz, Unilever, Danone, Generell Mills und SmithField. Doch auch die Einzelhandelsunternehmen werden immer mächtiger und wenige teilen sich den Markt. Auf Platz eins finden wir den US-amerikanischen Konzern Wal-Mart und auf Platz vier und sieben Schwarz (Lidl) sowie Aldi.

Um auf dem Markt bestehen zu können bzw. diesen anzuführen, setzen die Konzerne alles daran, ihre Konkurrenten auszubooten bzw. Wettbewerbsvorteile zu sichern. Unilever ist dies im Jahre 2000 geglückt, indem man die kleine und damals noch unabhängige aber erfolgreiche Marke Ben & Jerry´s einfach aufkaufte und so sein Sortiment erweiterte und ein Konkurrent mehr ausschaltete. Um möglichst noch mehr Umsatz machen zu können, führen Firmen neben ihren bekannten Marken auch sogenannte „no-name“ Produkte. Man versucht in allen Preissegmenten Fuß zu fassen, um eine möglichst große Kundschaft abgrasen zu können. Auch in Sachen Bio ist man in bester kapitalistischer Manier dabei, seine Marken und Produktpaletten zu erweitern. Durch das gewollt undurchsichtige Siegel-Wirrwarr ist noch lange nicht überall Bio drin, obwohl es vermeintlich drauf steht. Leider wird mit dem doch allmählich erwachenden Bewusstsein für eine bessere und gesündere Ernährung Schindluder getrieben. Die Menschen müssen zwar tiefer in den Geldbeutel greifen, bekommen aber zumeist nicht die Qualität die propagiert wird und welche man schlussendlich auch erwartet.

Die Fastfoodkette McDonalds, welche seit den 1940er existiert, ist ebenfalls ein global agierender Riesenkonzern mit rund 36.000 Restaurants, 1,8 Millionen Mitarbeitern (420.000 sind davon direkt beim Mutterkonzern angestellt) und einem Jahresumsatz von 25 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich, Nestlé hat einen Jahresumsatz von 88,8 Milliarden CHF (1Dollar = 1,0804 CHF). Das Problem an McDonalds ist in erster Linie nicht der kapitalistische Auswuchs, die Produktpalette und die Unternehmensstruktur (Franchise). Alle drei Aspekte lassen sich auch ganz schnell bei allen anderen global wirtschaftenden Firmen finden, die im Lebensmittelsektor tätig sind. McDonalds agiert jedoch nicht im Verborgenen, sondern offensiv. Von Anbeginn wurde ein amerikanisches und somit das kapitalistisches Lebensgefühl transportiert. Dieser gelangte durch die Expansion in alle Himmelsrichtungen und mittlerweile in 119 Länder. Wie kaum etwas anderes steht McDonalds für den amerikanischen Kulturimperialismus, der den „american way of life“ auf die ganze Welt ausdehnen will. Kaum zufällig, dass insbesondere den amerikanischen Besatzungstruppen weltweit McDonalds Filialen auf den Schritt folgen. Das goldene M ist das weitsichtbare Zeichen der kulturellen amerikanischen Dominanz, es ist gewissermaßen eines der Symbole des westlichen Universalismus. Dass McDonalds regelmäßig Boykotte und Verbote in antiamerikanischen Nationen erfährt – zuletzt in Russland – zeigt, dass dies zumindest in anderen Ländern so auch wahrgenommen wird. Über das System des Franchising läuft auch ein Großteil der Kapitalerträge in die USA, wo diese versteuert werden und damit in den us-amerikanischen Haushalt einfließen. Man könnte damit behaupten, dass indirekt ein Kauf von McDonalds Produkten mit die imperialistischen Kriege der USA mitfinanzieren, auch wenn dieser Anteil zugegeben sehr gering ist und sich die Vereinigten Staaten im Zweifel einfach Geld drucken oder leihen. Auch wenn aktuell die Fastfoodketten kleinere Umsatzeinbrüche zu verzeichnen haben, wird gerade die Marke McDonalds auch in Zukunft einen hohen Stellenwert besitzen. Es passt einfach in eine schnelllebige, kalte und anonyme Zeit. Fastfood und Convenienceprodukte aller Art erfreuen sich auch nach Lebensmittelskandalen größter Beliebtheit. Der Markt überschwemmt uns regelmäßig mit neuen „Errungenschaften“ aus den Lebensmittellaboren von Nestlé und Co.

In den letzten Jahrzehnten hat sich ein Kampf um die besten Marktanteile entwickelt. Eine ökologisch verträgliche Lebensmittelproduktion einhergehend mit guten Arbeitsbedingungen und menschenwürdigen Löhnen sowie fairen Preisen haben in der kapitalistischen Welt von heute keinen Platz. Es spielt am Ende nur eine geringe Rolle, ob man eine beliebige Fastfoodkette besucht oder sich Fertigprodukte aus dem Supermarkt kauft. Das kapitalistische System mit all seinen negativen Auswüchsen wird in allen Fällen unterstützt. Fastfoodketten transportieren darüber hinaus aber noch ein Lebensgefühl, welches zum Teil unterbewusst in die Psyche mit einfließt. Der Besuch bekommt damit auch neben dem rein wirtschaftlichen Faktor auch eine kulturhegemonistische Note. Alain de Benoist skizzierte bereits in den 80er Jahren in seinem an Spengler angelehnten Werk „Die entscheidenen Jahre“ eine Zangenbewegung, die Europa sowohl vom Westen als auch Osten bedrohte. Über den amerikanischen Kulturimperialismus und die materialistische Lebensaufassung äußerte er sich dabei – zugegeben zugespitzt –  : „Manche können sich nicht mit dem Gedanken abfinden, eines Tages die Mütze der Roten Armee tragen zu müssen. Wahrlich keine angenehme Zukunft! Wir aber dulden nicht den Gedanken, einmal bei Brooklyn unsere restlichen Tage bei hamburgers verleben zu müssen.“  Am Ende muss jeder selbst entscheiden, in welchem Maße er ein Rädchen im Getriebe sein möchte. Gefangen sind wir in diesem System in irgendeiner Form alle. Ausbrechen können wir leider nicht gänzlich. Wir können uns jedoch informieren, abwägen und nach realistischen Alternativen suchen und dabei Vorbild sein. Alternativen können schon der Kräutergarten auf dem Balkon sein, die Streuobstwiese nebenan oder der selbst gekochte Eintopf. Natürlich sollte man wenn möglich auch regionale Erzeuger vorziehen. Doch wie eingangs erwähnt, ist dies nicht Allen vergönnt. Der erste und wichtigste Schritt ist jedoch, ein Bewusstsein zu entwickeln, was Nahrung überhaupt bedeutet. Der Stellenwert muss neu justiert werden. Da niemand mehr Zeit, Geld und Nerven besitzt, lange am Herd zu stehen und im Vorfeld eventuell die Zutaten selbst anzubauen und zu ernten, verfällt die Nahrungsaufnahme, die auch eine soziale/gemeinschaftliche Komponente für den Volkskörper aufweist, zum puren und tristen Konsumieren. Geraden unseren Kindern sollten wir Vorbild sein und ihnen erklären, woher eigentlich unsere Lebensmittel kommen sollten. Das wir uns nur gesund ernähren können, wenn die Natur, sprich die Pflanzen- und Tierwelt erhalten und geschützt wird. Wer von klein auf ein Bewusstsein für seine Umwelt entwickelt, weiß, dass wir abhängig von der Natur sind, und lernt diese zu lieben und zu schützen, verfällt nicht in dieses schnöde Konsumverhalten und der Gang zu einer beliebigen Fastfoodkette bzw. der Griff zum Fertigprodukt wird obsolet. Verteufeln sollten wir jedoch niemanden, sondern Vorbild sein und unser Handeln allumfassend hinterfragen. Wir werden in der derzeitigen Situation leider nicht das System verändern können und den Kapitalismus abschaffen. Die meisten Menschen sind viel zu sehr von diesem abhängig. Sie leben durch den Kapitalismus mit diesem in einer Symbiose. Der Kapitalismus muss sich selbst durch seine ausufernde Gier nach Macht und Geld zerlegen. Erst dann kann der Weg frei gemacht werden für eine volksfreundliche Politik und Wirtschaft, welche die Interessen und Bedürfnisse von Mensch, Tier und Natur berücksichtigt und würdigt.  Wir können aber bereits jetzt eine weltanschauuliche Entscheidung treffen und gewissen Marken und Unternehmen so gut wie möglich unser Geld verweigern. Auf kultureller Ebene heißt es, den sichtbarsten Auswüchsen der amerikanischen Dominanz mit einem Boykott zu begegnen, auf wirtschaftlicher Ebene bewusst einzukaufen und auf politischer gegen den Kapitalismus mit allen seinen Begleiterscheinungen zu kämpfen. Dafür demonstrieren wir erneut am 1.Mai in Gera unter dem Motto „Kapitalismus zerschlagen!“.


 

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