Die Debatte um Leitkultur, Schauspiel für die Massen

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Man ahnt, es ist Wahlkampf, wenn die CDU den Patriotismus aus dem Schrank hervorholt.

Unbeachtet, fast vergessen, ja man könnte sagen bewusst gemieden, wartet er auf den Moment, der so unvermeidlich wie das Amen in der Kirche, vor jeder Wahl kommt. Der Moment an dem der Patriotismus von denen, die ihn ansonsten mit Füßen treten und wie einen Aussätzigen behandeln, mit Worten, die genau so schön wie inhaltslos sind, schmücken und durch die Öffentlichkeit tragen. So plötzlich wie dieser Moment kommt, ist er auch wieder vorbei, im Augenblick, wo das letzte Wahllokal seine Türen abschließt, schließt sich auch das Versteck dieses missbrauchten Wortes.

Mit dem markigen Spruch „Wir sind nicht Burka“ öffnete Innenminister Thomas de Maizière das Verlies dieses bösen Wortes, indem er in der „Bild“ in einem Artikel zum Thema „Leitkultur“ an das nationale Selbstbewusstsein der Stammtischpatrioten in der BRD zu appellieren versuchte.

In diesem Artikel legt de Maizière seine Gedanken zur Frage der Leitkultur dar, was diese seiner Meinung nach in der BRD sei und warum  diese überhaupt von Bedeutung wäre. Er nennt dabei zehn Punkte, die nach ihm die Leitkultur der BRD ausmachen. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Punkt 1: In der BRD sage man zur Begrüßung seinen Namen, zeige sein Gesicht und gebe sich sie Hand.
Punkt 2: Bildung sei ein Wert an sich und kein Mittel zum Zweck.
Punkt 3: Leistung werde als positiv betrachtet und habe einen hohen Stellenwert.
Punkt 4: Wir seien die „Erben unserer Geschichte mit all ihren Höhen und Tiefen „. Weiterhin sorge dies zu einem besonderen Verhältnis zum Existenzrecht Israels.
Punkt 5: Wir seien eine Kulturnation
Punkt 6: Dass in der BRD Religionen willkommen seien, der Staat aber neutral sei.
Punkt 7: Die BRD sei eine konsensorientierte Zivilgesellschaft.
Punkt 8: Die Deutschen seien aufgeklärte Patrioten, die ihr eigenes Land lieben aber andere nicht hassen würden.
Punkt 9: Die BRD sei Teil des Westens.
Punkt 10: Es gäbe eine ein „kollektive Gedächtnis“  in Bezug auf bestimmte Orte und Ereignisse.

Wir wollen nicht auf jeden Punkt eingehen, aber alles in allem sind dies leere Worte, die nichts mit Leitkultur zu tun haben. Einige dieser Punkte sind vollkommen beliebig und könnte auf praktisch jede Nation angewandt werden, wie zum Beispiel Punkt 4. Selbstverständlich ist jede Nation ein Erbe ihrer Geschichte, es könnte gar nicht anders sein, denn Nationen entstehen und existieren in historischen Zusammenhängen und nicht im luftleeren Raum. Das Gleiche trifft auf Punkt 5 zu. Jede Nation ist eine Kulturnation, man kann sich zwar über die Qualität der Kultur streiten, aber selbst das primitivste Volk kennt Musik, Malerei, Erzählungen und Ähnliches.

Andere Punkte wie 1, 2 oder 9 mögen zwar nicht überall vertreten sein, sind aber praktisch ausnahmslos in jeden europäischen und westlich geprägten Ländern zu finden.

Mit derart allgemeinen Aussagen eine Leitkultur definieren zu wollen, ist sinnlos. Die Leitkultur ist etwas, was den Charakter der Nation ausmacht und sie, zumindest im gewissen Maß, von ihren anderen abhebt.

Weiterhin behauptet de Maizière: „Wer sich seiner Leitkultur sicher ist, ist stark“. Diese Behauptung ist nicht inhaltsleer, sondern grundlegend falsch. Der Glaube in die eigene Kultur hat noch niemanden gerettet. Die Indianer Süd- und Nordamerikas waren mit Sicherheit von ihrer Kultur überzeugt, was aber wenig an der technischen und militärischen Überlegenheit der Einwanderer aus Europa geändert und ihnen somit das Schicksal als eine Fußnote der Geschichte beschert hat. Im Kampf der Kulturen ist „Glaube“ wertlos, was Zählt ist der Wille und die Möglichkeit, die eigene Kultur mit allen notwendigen Mitteln gegen die Vorherrschaftsbestrebungen andere Kulturen zu verteidigen.

Sie wollen nur dein Kreuz bei der Bundestagswahl…

Es geht de Maizière aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht um Inhalte, sondern um die Profilierung der eigenen Person und Partei, durch eine harmlose Kontroverse. Harmlos, weil seine Worte nichts bewegen werden. Was nichts daran ändert, dass die üblichen Vertreter der Parteien links der CDU, sich trotzdem über diese empörten. Man warf ihm vor „am rechten Rand zu fischen“, erwähnte wie gefährlich Nationalismus, ganz besonders in Deutschland, doch sei und war im Allgemeinen ganz entsetzt. Damit hat de Maizière das erreicht, was er erreichen wollte. Eine Kontroverse, über eine bedeutungslose Aussage, die nächste Woche schon wieder vergessen ist, die aber nichtsdestotrotz, den Eindruck erweckt, zwischen der CDU und den restlichen Systemparteien gäbe es nennenswerte Unterschiede. Aber nicht nur die CDU profitiert von solchen Kontroversen, denn auch SPD, die Grünen und die Linke machen bei diesem Schauspiel nur zu gerne mit, da sich hierbei eine hervorragende Gelegenheit bietet, den Konservativen dem Anschein nach die Stirn zu bieten und so bei den eigenen Wählern Eindruck zu schinden. Auf der anderen Seite, dann das gleiche Spiel nur umgekehrt. Der CDU-Wähler kann wieder mit neuem Vertrauen in seine Partei beim nächsten Stammtisch mit der Faust auf den Tisch hauen und stolz verkünden, dass die CDU es den Linken richtig gezeigt habe.

So entsteht viel Geschrei um ein paar Worte, die ohne Konsequenzen bleiben werden und all das, während die Bundesmutti in Berlin vollendete Tatsachen schafft. Alles Gerede um Leitkultur oder nicht, ist ab dem Zeitpunkt hinlänglich, ab dem wir Deutsche, nicht mehr die Mehrheit in diesem Land stellen. Denn ab diesem Zeitpunkt ist es nicht mehr an uns, besteht auch nur die Möglichkeit über eine Leitkultur zu diskutieren, denn dann machen andere die Regeln, dann bestimmen sie die Leitkultur.

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