Besuch der Ausstellung „Die frühe Hexenverfolgung am Bodensee“

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Aktivisten unserer Partei aus der Region Baden unternahmen kürzlich einen Ausflug in die Stadt Ravensburg, um sich dort einem der schwärzesten Kapitel der Menschheit zu widmen. Niemand war in dieser Zeit sicher und jeder konnte in Verdacht geraten mit dem Teufel im Bunde zu sein und schließlich gerichtet zu werden. Die schreckliche Verfolgung, Folterung und Tötung war das grausame Nachspiel übler Nachrede, die meist von Gier, Macht, Sadismus und Massenhysterie getränkt war. Im Folgenden berichtet eine junge Aktivistin ihre Eindrücke und Gedanken über die Ausstellung.

Für die unmenschlichen Gräueltaten, die in Europa bis 1782 anhielten, gibt es keine Entschuldigung, wie sie tatsächlich des Öfteren gesucht wird. Gerade in der Zeit des sogenannten „Humanismus“ und der Renaissance gab es viele Krankheiten und Hungersnöte, so folgerte man daraus die Theorie, man hätte nach Sündenböcken für dieses unverständliche Leid gesucht. Gewiss gab es auch einige Leute, die sich den Massenhysterien vom Hexenwahn tatsächlich hingaben und daran glaubten, dass der Teufel Besitz von einigen Menschen ergriffen hat, doch – und da bin ich mir sicher – steckte oftmals keine Angst vor vermeintlichen Hexen hinter den Prozessen, sondern Neid, Ärger, Hass und Eifersucht. Schon alleine die Tatsache, dass es besonders oft Menschen in unmittelbarer Nähe der Angeklagten wie zum Beispiel Nachbarn, Freunde oder sogar die eigene Familie waren, die einen Verdacht auf Hexerei äußerten, ist ein Hinweis darauf.

Unzählige Opfer – auch heute noch

Die Schätzungen, wieviele Frauen und Männer alleine durch den Vorwurf der „Hexerei“ in Europa ums Leben kamen, gehen weit auseinander. Die einen sprechen von bis zu 30 Millionen, die anderen von 60 Tausend. Im Nationalsozialismus, wo man sich besonders mit diesem Kapitel beschäftigte, schätzte man die Opfer auf 9 Millionen. Doch ganz gleich wie viele Opfer es gab und heutzutage auf anderen Kontinenten, wie zum Beispiel Afrika, noch gibt, jeder dieser Morde ist überflüssig. Die Tatsache, dass ihnen das Leben mit Gewalt aus irrealen Gründen genommen wurde und wird, ist unvorstellbar. Alleine bei dem Gedanken daran breitet sich in mir eine Mischung aus Panik, Fassungslosigkeit und tiefer Trauer aus.

In vielen Städten – die mir nur allzu vertraut sind – wurden Unschuldige angeklagt, so war auch Ravensburg 1480 eines der ausschlaggebenden Zentren, von der die Entstehung vom Hexenwahn und „Hexenverfolgung“ in ganz Europa ausging. Durchgeführt wurde die Hexenverfolgung dort vom päpstlichen Inquisitor Heinrich Kramer, der für seine abscheuliche Schrift „Der Hexenhammer“ berüchtigt ist. Im Jahre 1484 sollten die Bürger von Ravensburg dem Hexenrichter Frauen nennen, auf die der Verdacht fiel, vermeintliche Hexen zu sein. Sechs Frauen wurden daraufhin festgenommen und tagelang gefoltert, bis zwei von ihnen endlich gestanden, mit dem Teufel im Bunde zu sein. Daraufhin verurteilte man sie zum Tod auf dem Scheiterhaufen, jedoch waren diese Frauen erst der Anfang. Dutzende weitere wurden im Bodenseeraum gefoltert und verbrannt.

Besonders auf diese hier grausam zu Tode gekommenen Frauen spezialisierte sich die Ausstellung und gab ihnen ein Gesicht, beleuchtete die Psyche der Täter, setzte sich aber auch mit den Vorstellungen der damaligen Bevölkerung zum Thema Magie auseinander.

Schauderhafte Foltermittel zum Entsetzen der Besucher

Ein Schaudern lief mir über den Rücken, als wir das sogenannte Hexenhemd und den Folterstuhl in der Ausstellung erblickten. Verurteilten wurden damals sämtliche Haare entfernt, zur Demütigung und mit der fadenscheinigen Begründung, dass Haare als versteckte Zaubermittel dienen könnten.

Beim Folterstuhl sind die Sitzflächen mit Nägeln bedeckt. Alleine das eigene Gewicht, welches auf die Spitzen der Nägel drückt, muss den Gefesselten unsägliche Schmerzen bereitet haben.

Umso mehr Hochachtung verspürte ich, als wir von den Geschichten der Frauen hörten, welche trotz grausamster Folter ihren Willen nicht brechen ließen und anschließend tatsächlich freigesprochen wurden. Auf der anderen Seite aber auch tiefes Mitgefühl, für jene, welche der Folter nicht standhielten, weil für sie die Schmerzen zu unsagbar und unerträglich waren. Ganz besonders galt mein Mitgefühl und auch das der anderen Besucher den Kindern, die ebenso bestialisch umgebracht wurden.

Nach dem Museumsbesuch stand für uns fest: Die Hexenverbrennungen war ein Krieg, in dem keine Soldaten kämpften, sondern auf der einen Seite Kirche, Pöbel und Henker und auf der anderen Seite die verwundbarsten und schwächsten Mitglieder der Bevölkerung standen.

Wissenschaftliche Aufklärung in der NS-Zeit

Ergänzend möchte ich noch etwas über eine Vielzahl der Quellen erwähnen, welche die heutigen Forscher über die Hexenverbrennung verwenden. Tatsächlich ist es so, dass ohne die Gründung und akkurate Arbeit des Forschungsunternehmens „H-Sonderauftrags“ im Jahre 1935 durch Heinrich Himmler, viele Informationen verloren wären. Himmler sah die Hexenverfolgung als eines der größten Verbrechen der Geschichte an. Bis 1944 forsteten 14 Mitarbeiter 240 Archive durch und trugen insgesamt 34.000 Karteiblätter zusammen, welche heute unter dem Namen „Hexenkartothek“ bekannt sind. Die Arbeit von damals ist auch heute noch von schätzbarem Wert, da einige der Quellen, die die SS- Forscher damals benutzten, später zerstört wurden.

Natürlich wird auch diese Tatsache heutzutage herabgesetzt und Heinrich Himmler eine Obsession zu dem Thema unterstellt. Ein weiterer Beleg dafür, dass die Hexenprozesse von einigen förmlich heruntergespielt werden.

Für weitere Informationen zu dieser Thematik empfiehlt sich auch ein Besuch des Blogs zur Ausstellung.

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