Die Polarität der deutschen Seele: Teil 2

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Die Ideale der Aufklärung und des Humanismus, beziehungsweise das, zu dem sie sich entwickeln würden, sind vielfältig und einige an dieser Stelle nicht von Interesse. Wir wollen uns daher nur einige herausgreifen, diese sind: Menschenwürde, Menschenrechte und die Gleichheit der Menschen. Bei diesen Begriffen und dem Weltbild, das sich hinter ihnen verbirgt, rümpft man in unseren politischen Kreisen berechtigterweise die Nase und doch galten sie einmal als der Höhepunkt europäischen Denkens und einige der Größten unseres Volkes glaubten an sie. Der Grund für die unterschiedliche Wahrnehmung dieser Werte liegt im Kontext.

Die Aufklärung und die auf sie folgende geistige Entwicklung fand in einem Europa statt, das diesen Namen noch verdiente und fast ausschließlich von Europäern bewohnt wurde. Wenn die Menschen damals überhaupt Kontakt zu Personen anderer Kulturen hatten, dann handelte es sich bei diesen meist um wohlhabende und gebildete Menschen, wie Diplomaten oder Kaufleute. Diese waren sich auch nur allzu bewusst, dass sie nichts anderes als Gäste waren, und zwar die Gäste eines mächtigen und stolzen Volkes, dessen Toleranz Grenzen kannte, die man nicht überschreiten sollte. Dementsprechend verhielten sich die Gäste und es ist daher nicht verwunderlich, wenn diese einen guten Eindruck hinterließen und man somit in Europa die Vorstellung entwickelte, dass alle Menschen gleich, womit man meinte wie Europäer, seien.

Wenn man damals also tendenziell universalistische Ideale formulierte, wie die Gleichheit aller Menschen, dann geschah dies vor dem Hintergrund mehr oder weniger homogener Staaten, in denen man von einer tatsächlichen Gleichheit der Menschen sprechen konnte. Zwar gab es auch damals, insbesondere zwischen den verschiedenen europäischen Völkern, gewisse Unterschiede, die jedoch im Vergleich zu den Differenzen gegenüber den Völkern Asiens oder Afrikas zu Nebensächlichkeiten schrumpfen. Dass diese Unterschiede damals nicht immer als nebensächlich empfunden wurden, ist ebenfalls auf die Homogenität Europas zurückzuführen, da in einer vergleichsweise gleichförmigen Umgebung, schon kleine Unterschiede stark hervortreten und in den Mittelpunkt rücken. Gleichheit oder Ungleichheit von Menschen ist daher immer nur in Relation zu deren Umgebung zu bestimmen.
Dass die Homogenität Europas auf der einen Seite innereuropäische Differenzen hervorhob und auf der anderen den Glauben an die Gleichheit aller Völker förderte, mag wie ein Widerspruch klingen, ist es jedoch nicht, sondern erneut eine Frage der Perspektive.

Wir sagten bereits, dass die Vertreter fremder Völker primär als Gäste in Europa waren und da sie, zunächst als Individuen und später ihre Völker in der Gesamtheit, keine ernsthafte Bedrohung darstellten, begegnete man ihnen mit einer freundlichen, offenen und entgegenkommenden Grundhaltung. So, wie es die Regeln der Gastfreundschaft verlangten. Der oberflächliche Kontakt führte zudem dazu, dass man oft nur das von den Gästen erfuhr, was diese auch preisgeben wollten, wodurch gravierendere Unterschiede unentdeckt blieben oder nicht in vollem Ausmaß hervortraten. Selbst wo Differenzen bestanden, sorgte der kurze und oberflächliche Kontakt dazu, dass beide Parteien nicht dazu gezwungen waren „sich auf der Pelle zu sitzen“, wodurch Konflikte nicht die Zeit hatten, um überhaupt zu entstehen. Unterschiede wie Hautfarbe oder Kleidung wurden berechtigterweise als unwesentlich angesehen, da es sich bei diesen Dingen um reine Oberflächlichkeiten handelte. Andere europäische Völker stellten dagegen in gewisser Form sehr wohl eine Bedrohung dar und das räumlich nahe Zusammenleben führte dazu, dass ein gegenseitiges Ausweichen nicht immer möglich war. Wie in zwischenmenschlichen Beziehungen kann Vertrautheit auch zwischen Völkern der beste Nährboden für Abneigung oder gar Hass sein.
Kriege und interne Streitereien waren somit in Europa, trotz des hohen Maßes an Homogenität, nicht zu vermeiden, was zu einigen bitteren Feindschaften führte, die noch heute unsere Beziehungen belasten. In den seltensten Fällen bedrohten diese Kriege jedoch die grundlegende Existenz eines Staates und im Vergleich zu den Vernichtungskriegen des 20. Jahrhunderts waren sie kaum mehr als Kneipenschlägereien unter Saufkumpanen. Meist ging es in den endlosen europäischen Bruderkriegen um kaum mehr als Grenzregionen, weshalb die Bedrohung einer physischen Verdrängung durch andere Völker, so, wie sie durch die momentane Einwanderung aus der Dritten Welt besteht, niemals bestand.
Kurz gesagt, von einigen wenigen vorausschauenden Menschen einmal abgesehen, konnte niemand die Gefahr sehen. Die Anarchie Afrikas musste erst in Berlin, Paris und London ankommen, bevor die Masse der Menschen sie begreifen konnte.

Die Werte der Aufklärung und des Humanismus entstanden somit in einem Kontext, der mit der heutigen Welt kaum zu vergleichen ist, und der dazu führte, dass sie als etwas betrachtet werden können, das wir an dieser Stelle als innerstaatliche Moral bezeichnen wollen. Mehr dazu in Kürze.
Durch die erwähnte Annahme, die Völker anderer Kontinente seien gleich denen Europas, war es nur logisch, diese innerstaatliche Moral auch auf diese auszuweiten, was schlussendlich in den universellen Moralvorstellungen des Liberalismus gipfelte. Der universelle Menschheitsgedanke des Liberalismus und die damit verbundene Moral waren somit die richtige Schlussfolgerung auf eine falsche Annahme.
Diese Entwicklung wurde durch den Glauben an eine progressive Menschheitsentwicklung bestärkt, welche auf einen in Europa lange Zeit tatsächlich stattfindenden Fortschritt hin zum Besseren zurückzuführen ist. Weiterhin stellten die restlichen Völker dieser Erde für das kleine Europa, mit dessen zunehmender technologischen Überlegenheit, keine Bedrohung mehr dar, weshalb es einfach war, in ihnen entfernte Brüder zu sehen.
Beides führte dazu, dass man in Europa langsam damit begann, das Leben nicht mehr als einen Kampf um die Existenz, sondern als Kampf um den maximalen Lustgewinn anzusehen.
In einer solchen Umgebung erschienen die Ideale der Ehre, welche hart und grausam sein können, als Hindernis oder sogar überholt, denn mehr und mehr wurden sie scheinbar nicht gebraucht.
Somit war am Ende der Siegeszug der Liebe über die Ehre eine Entwicklung, die mehr als alles andere auf unseren eigenen Erfolg zurückzuführen ist.

Wir sagten, dass es sich bei den Idealen der Aufklärung um eine innerstaatliche Moral handelt, was meinen wir damit?
Eine innerstaatliche Moral oder Zivilisationsmoral ist eine Moral, die zwischen den Mitgliedern eines Staates, Volkes oder Nation besteht und eine Ausdehnung der Familien- oder Sippenethik auf die Ebene der Nation darstellt. Sie ist im Grunde der Verhaltenskodex, der das Miteinander regelt. Ihre Werte drehen sich in erster Linie um Kooperation, Miteinander und gegenseitige Hilfe, sprich um das Leben in einer Gemeinschaft. Konflikte sollen vermieden werden und wenn nicht möglich, durch Kompromisse beseitigt werden. Innerstaatliche Moral hat damit prinzipiell die Liebe als höchstes Gebot.
Damit eine solche Moral ihren Zweck erfüllt, benötigt sie ein Umfeld, in dem ihre wichtigsten Regeln von allen als selbstverständlich anerkannt werden und das bilden, was wir heute als Grundkonsens bezeichnen. Besteht ein solcher Konsens, ist ein gegenseitiges Auskommen fast von selbst gegeben, doch sobald dieser Konsens nicht mehr gegeben ist, wird eine solche Moral zu einer Gefahr für die, die ihr folgen.
Ein Beispiel: Jeder, der eine hinreichend gute Erziehung genossen hat, weiß, dass körperliche Gewalt zwischen zivilisierten Menschen nichts verloren hat. Doch dieser freiwillige Gewaltverzicht beruht auf der Annahme, dass der andere erst gar nicht so weit geht, um Gewalt zu provozieren. Verlässt dieser jedoch den Bereich des zivilisierten oder anständigen Verhaltens und beginnt sein Gegenüber beispielsweise grundlos zu beleidigen, ist diese Annahme jedoch verletzt. Möchte der andere wiederum nicht ebenfalls zu unzivilisierten Mitteln greifen, bleibt ihm nichts anderes übrig, als die Flucht zu ergreifen. Doch was ist, wenn ein Ausweichen nicht möglich ist? Dann beginnt eine Eskalationsspirale, die früher oder später in Gewalt endet, die vielleicht sogar durch das „Opfer“ initiiert wird. Juristisch mag eine solche Konfrontation so oder so ausgehen, doch das natürliche Rechtsempfinden der Allgemeinheit wird ganz klar zu der Entscheidung kommen, dass der Angreifer „bekommen hat, was er verdient“.
Man mag einwerfen, dass der Angegriffene die Polizei rufen könnte, was auch korrekt ist. Doch in diesem Fall übernimmt die Polizei, als staatlich sanktionierte Stelle, für ihn die Anwendung von Gewalt, auch wenn ihre bloße Anwesenheit die Anwendung tatsächlicher Gewalt meist unnötig macht. Daran, dass ein Bruch der Zivilisationsmoral mit Mitteln beantwortet wird, die diese unter „normalen“ Umständen verbieten würde, ändert dies jedoch nichts.

Kurzum eine innerstaatliche Moral funktioniert nur in einem Umfeld, in dem niemand ernsthaft an einer Konfrontation interessiert und in der folglich lebensbedrohliche Situationen auszuschließen sind. Dort wo Konfrontation herrscht, dort wo das eigene Leben in Gefahr ist und wo auch keine höhere Macht, wie die Polizei, zur Stelle ist, dort ist eine zwischenstaatliche Moral angebracht. Wir sagen an dieser Stelle „zwischenstaatlich“ oder auch „außerstaatlich“, weil in normalen europäischen Verhältnissen, es sich bei den organisatorischen Einheiten, die im Konflikt stehen, meist um Staaten handelt. An Orten, wie beispielsweise Teilen Afrikas, wo dies nicht gegeben ist, mag eine solche Moral aber auch zwischen Kleingruppen oder gar Individuen angebracht sein.
Das Kennzeichen dieser Moral ist, dass sie ultimativ nur einen Wert kennt: Die Sicherung des eigenen Überlebens, ganz gleich ob auf staatlicher oder persönlicher Ebene. Jedes Festhalten an höheren Werten, so edel dies auch sein mag, wird sich am Ende immer als Nachteil erweisen und daher im Kampf um Rohstoffe und Lebensraum früher oder später über Bord geworfen werden müssen.

Zwar versuchte man schon immer, auch diesen Konflikten Regeln und Grenzen aufzuerlegen, doch spätestens seit dem Ende des Ersten Weltkrieges wurden internationale Gesetze, wie das Völkerrecht, sooft von den Siegern vergewaltigt und für Propagandazwecke missbraucht, dass sie heute nicht das Papier wert sind, auf dem sie stehen. Wenn überhaupt etwas auch nur den Anschein internationalen Rechts aufrechterhält, dann ist es die nach wie vor bestehende Bedrohung nuklearer Vernichtung, welche die größten Übeltäter davon abhält, zu weit über die Stränge zu schlagen.
Zwischenstaatliche Moral hat daher, wenn es hart auf hart kommt, nur wenig Platz für Liebe und Verständnis.

Als die Prinzipien der Ehre und der Liebe noch über ihre eigenen Domänen herrschten, die Liebe im inneren und die Ehre nach außen, war die vorderste Aufgabe der Letzteren, Gefahren, die die Schwäche der Ersteren ausnutzen könnten, an der Grenze zur Gemeinschaft aufzuhalten. Doch mit dem Siegeszug der Liebe änderte sich dies und Kräfte, die einst durch Europas Macht niedergehalten wurden, witterten ihre Schwäche und begannen, sich zu erheben. Am Ende drangen die Feinde Europas, an die sentimentalen Gefühle seiner verweichlichten Herrscher appellierend, weiter in dessen Herzen vor, als sie es jemals durch militärische Konflikte schafften, und begannen langsam die ehemaligen Herrscher über die Welt zu verdrängen. Sehr wohl in der Lage, ihre Gegner mit einer Handbewegung zurück in den Staub zu werfen, lassen die Europäer dies zu. Sie lieben die, die sie für ihre Schwäche verachten, wie die Kinder, die sie nie gezeugt haben und wie Eltern sind sie bereit, alles zum Wohl ihrer vermeintlichen Schützlinge über sich ergehen zu lassen.
Doch es gibt Hoffnung, denn selbst die Geduld einer Mutter hat ihre Grenzen. Mit jedem neuen „Streich“, mit dem die Kinderlein aus aller Welt Europa bereichern, schwindet ihre Geduld rapide und nichts lehrt so gründlich zu hassen, wie nicht erwiderte oder gar verratene Liebe.
Niemand kann sagen, wann und wie die Wende kommen wird, doch eines steht fest: Sie wird keine schöne sein und auf die verzogenen Bälge wartet ein böses Erwachen.

Teil 3 folgt…

1 Kommentar

  • Mh, worin besteht die Homogenität Europas? Wie kommt man auf die Idee das die innereuropäischen Differenzen weniger schlimm seien, als die auf anderen Kontinenten? Und warum sollten unsere Ahnen geglaubt haben, dass alle Menschen gleich seien? Sie kannten ja Fremde, lebten doch in dem Ausdehnungsgebiet während der germanischen Völkerwanderung, welches fast ganz Europa umfasste und bis Indien in kleineren Auslegern reichte genügt andere Völker respektive Menschen. Also Unwissenheit über das anders sein lehne ich als Grund ab.

    Max 06.06.2018
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