Ein Blick in das Thesenpapier der einwanderungskritischen Linken – Teil 2/3

Home/Politik, Gesellschaft und Wirtschaft/Ein Blick in das Thesenpapier der einwanderungskritischen Linken – Teil 2/3

Zunächst wollen wir jedoch ein wenig Lob anbringen, denn in etlichen Punkten haben die Autoren in ihrem Thesenpapier tatsächlich die Probleme der derzeitigen Einwanderungspolitik erkannt.

So kritisieren die Autoren beispielsweise, dass man in der BRD scheinbar keinen Unterschied zwischen Wirtschaftsflüchtlingen und Kriegsflüchtlingen macht. Sie schreiben:

Im bisherigen Debattenverlauf wurden Einwanderung und Asyl bzw. Aufnahme von Flüchtlingen teilweise durcheinander geworfen, manchmal unbeabsichtigt, zuweilen zu polemischen Zwecken. Beide müssen jedoch unterschieden werden, und zwar nicht nur rechtlich-administrativ, sondern auch normativ und handlungstheoretisch. […]

Unbegrenzte Schutzgewährung für Menschen in Not ist etwas anderes als eine unbegrenzte Einwanderung, die auch all diejenigen einschließen würde, die lediglich ein höheres Einkommen erzielen oder einen besseren Lebensstandard genießen wollen. Im ersten Fall geht es um eine Schutz- oder Rettungsmaßnahme für Menschen in einer lebensbedrohlichen Not- oder Zwangslage. Im anderen Fall ist die Migration ein sozio-ökonomisch motivierter Akt, der weder alternativlos ist, noch den letzten Strohhalm darstellt, sondern bei dem eine Wahl unter verschiedenen möglichen Optionen getroffen wird. Hier haben die Aufnahmeländer ein Recht zur Regulierung der Migration.“

Dem Gesagten gibt es eigentlich nichts hinzuzufügen. Die vehemente Leugnung der Existenz von Wirtschaftsflüchtlingen, gerade zu Beginn der Asylflut, sollte allen noch im Gedächtnis sein. Die Vermischung von Kriegsflüchtlingen und Wirtschaftsflüchtlingen war ein bewusster Schachzug, um die Gutgläubigkeit und Hilfsbereitschaft des deutschen Volkes auszunutzen, welches ansonsten, konfrontiert mit den klaren Fakten, die Politik der offenen Grenzen von vornherein abgelehnt hätte.

 

 

Über die Rolle und Bedeutung intakter Grenzen schreiben sie:

Grenzkontrollverfahren sind nicht per se gewaltsam oder menschenfeindlich. Sie sind ein wichtiges Element der Sicherheitsarchitektur und ein wesentliches Instrument der gesamtgesellschaftlichen Steuerungs- und Gestaltungskompetenz eines Staates. Ohne kluges und wirksames Grenzmanagement stünden die Staaten hilflos gegenüber der international organisierten Kriminalität und dem Terrorismus einerseits und dem Kapital- und Warenverkehr oder der Steuerflucht andererseits da. Die Verfechter eines radikalen „No border“-Ansatzes sollten sich mit der Frage befassen, auf welche Weise sie noch die Erfüllung des legitimen Sicherheitsbedürfnisses der Bevölkerung gewährleisten und die internationalen Bewegungen von Kapital-, Waren und Dienstleistungen sozial regulieren wollen. Grenzkontrollverfahren sollten daher nicht generell abgeschafft, sondern müssen völkerrechts-, menschenrechts- und flüchtlingsrechtskonform ausgestaltet werden.“

Auch diesem gibt es nichts hinzuzufügen, außer dass internationale Verträge, wie sie im letzten Satz genannt werden, nicht als Hintertür zur Aushöhlung staatlicher Souveränität dienen dürfen.

Auf die Bedeutung, Grenzen für die innere Sicherheit aufzubauen, schreiben die Autoren weiter:

Dabei sind bestimmte elementare Restriktionen unumgänglich. Die Genfer Flüchtlingskonvention etwa schließt Personen ausdrücklich von der Schutzberechtigung aus, die „ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, vor ihrer Aufnahme ein „schweres nichtpolitisches Verbrechen außerhalb des Aufnahmelandes“ begangen haben oder „sich Handlungen zuschulden kommen ließen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen“, und erlaubt die Aus-/Zurückweisung von Personen, die „aus schwer wiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Landes“ bzw. eine „Gefahr für die Allgemeinheit dieses Staates“ anzusehen sind, weil sie „wegen eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt“ worden sind. Vernünftigerweise müssen ähnliche Einschränkungen auch in der Einwanderungspolitik gelten. Im Falle schwerer Kriminalität (z.B. Menschen- oder Waffenhandel) und von schwerwiegenden Sicherheitsbedenken, also bei begründetem Terrorismusverdacht und anderen erheblichen Gefahren für die Allgemeinheit und die öffentliche Sicherheit, müssen Einreise und Aufenthalt von vornherein verweigert werden.“

Erneut gib es dem Gesagten fast nichts hinzuzufügen. Die Idee, dass man keine Kriminellen in sein Land importieren möchte, ist so selbstverständlich, dass sie nicht zur Debatte stehen sollte. Dass sie dies doch tut, zeigt, wie sehr sich die politische Elite in diesem Land schon von jeder Art gesunden Menschenverstandes verabschiedet hat.

Eine Feststellung der Autoren, die man sich grade im antikapitalistischen linken Kreisen zu Herzen nehmen sollte, ist folgende:

Unregulierte Arbeitsmigration ist dagegen kein Ausdruck von linkem Internationalismus, sondern kommt dem Interesse der „Internationalen“ des Kapitals zugute.“

 

In einer Fußnote schreiben sie zusätzlich:

Es ist kein Zufall, dass die Anwerbeabkommen der frühen Bundesrepublik mit Ländern wie Italien, Griechenland und der Türkei, mit denen die sogenannten „GastarbeiterInnen“ nach Westdeutschland kamen, von Arbeitgeberverbänden forciert wurden. Sie erhofften sich unorganisierte, fügsame Arbeitskräfte. Gewerkschaften standen den Abkommen skeptisch bis ablehnend gegenüber“

 

Ein wenig später schreiben sie dann:

Keine linke Einwanderungspolitik sollte eine Destabilisierung der Gesellschaft und eine Schwächung der Kampfbedingungen der ArbeiterInnenklasse durch Migration billigend in Kauf nehmen, geschweige denn mutwillig herbeiführen.“

 

Wir können den Autoren zu diesen Worten nur gratulieren, denn es ist längst überfällig, dass die vermeintlichen Feinde des Kapitals endlich erkennen, dass sie sich zu den Handlangern ihres Erzfeindes haben machen lassen. Nicht ohne Grund bezeichnen wir viele der Gewerkschaften der BRD als Arbeiterverräter, denn mit ihrer Forderung nach offenen Grenzen und internationaler Solidarität schaden sie denen, deren Interessen sie zu schützen vorgeben.

 

Als eine praktische Lösung für die Unterbringung tatsächlicher Kriegsflüchtlinge wird genannt: „Durch eine massive Erhöhung der Finanzausstattung der UN-Flüchtlingshilfe (UNHCR) wollen wir die Herstellung von menschenwürdigen Unterbringungsbedingungen in den Flüchtlingslagern in den Heimatregionen und angrenzenden Ländern erreichen, damit unzähligen Menschen die schrecklichen Mühsale und Gefahren einer Flucht in entferntere Länder erspart bleibt und durch die geographische Nähe die Rückkehr in ihre Heimat erheblich erleichtert wird.“

Wer wirklich daran interessiert ist, Kriegsflüchtlingen zu helfen, dem können wir nur diesen Vorschlag nahelegen. Aufgrund der geringeren Lebenshaltungskosten außerhalb Europas könnte man mit Flüchtlingslagern in der Nähe der Krisenregion für weniger Geld deutlich mehr Menschen helfen und die Sicherung des sozialen Friedens im eigenen Land gibt es kostenlos dazu. Außerdem würden die Flüchtlinge auch in einen ihrem Kulturkreis eher entsprechendem Lebensraum beiben.

 

Zur Vermeidung von Fluchtursachen schreiben sie:

Die linken Prinzipien der Solidarität und Hilfe gelten nicht nur für Menschen, die es bis nach Deutschland „geschafft haben“. Unser Hauptaugenmerk muss darauf gerichtet sein, dass niemand gezwungen wird, die eigene Heimat zu verlassen.

Zuwanderungspolitik kann realistischerweise nicht alleine Flucht, Vertreibung und Armutsmigration und ihre Hauptursachen (insbesondere die neokoloniale Wirtschafts- und Handelspolitik und direkte und indirekte Militärinterventionen) bewältigen.“

 

Weiter schreiben sie:

Deshalb gilt es, Fluchtursachen zu beseitigen, die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen und Lebensperspektiven vor Ort zu verbessern. Unser Ziel muss lauten, nicht nur die Symptome, sondern auch die Ursachen von Hoffnungslosigkeit und Armut systematisch zu bekämpfen.“

Inwiefern uns die Missstände in anderen Ländern etwas angehen, mag zur Debatte stehen, doch ganz allgemein steht es außer Frage, dass das Ziel sein sollte, dafür zu sorgen, dass Menschen erst gar nicht, egal ob durch Krieg oder materielle Not, zur Flucht gezwungen werden.

 

Zuletzt wollen wir auf eine nicht zu unterschätzende Feststellung der Autoren hinweisen. Diese ist:

Hingegen wäre ein Modell, demzufolge faktisch jede/r einwandern und ein Bleiberecht erhalten dürfte, der/die kein/e bekannte/r Terrorist/in ist oder einem vollkommen sozial isolierten Lebenswandel nachgeht, wie es die von der „Projektgruppe Einwanderung“ vorgelegte Konzeption vorschlägt, unseres Erachtens für eine realistische linke Migrationspolitik weder zielführend noch der breiten Bevölkerung vermittelbar.“

Sieht man einmal von den Wundern gendergerechten Schreibens ab, kann man dem Gesagten nur zustimmen. Dass eine Politik der offenen Grenzen oder sogar jede Form der Einwanderung, die über ein Mindestmaß hinausgeht, bei der Masse der Deutschen nicht beliebt ist, sollte klar sein, doch der Zusatz, dass dies auch für eine linke Migrationspolitik nicht zielführend wäre, ist interessant. Wir werden in Kürze sehen, was die Autoren damit meinen.

Eine so ungetrübte Sicht auf die Realität ist eine angenehme Abwechslung von der üblichen gefühlsbeladenen, träumerisch-rosaroten Wohlfühlrhetorik des linksliberalen Spektrums, doch leider ist man scheinbar trotzdem nicht gewillt, die Konsequenzen aus dem Erkannten zu ziehen. Stattdessen versucht man, an einigen Stellschrauben zu drehen, in der Hoffnung, dass es doch irgendwie möglich ist, linke Träume in die reale Welt zu überführen. Dass ihnen dabei sowohl diese Träume als auch die Realität einen Strich durch die Rechnung machen, werden wir in Teil 3 darlegen.

Teil 3 folgt…

 

Teil 1

1 Kommentar

  • Hallo,
    interessanter Bericht.
    Mich würde interessieren, auf welche Quelle hier Bezug genommen wird.
    Gruß Tilmann

    Tilmann 27.06.2018
  • Dieses Thesenpapier scheint interessant zu sein! Bitte setzt doch einen Link, über den man zum vollständigen Wortlaut gelangt. Möchte es gerne weiterverbreiten. Natürlich nur unter Beifügung dieses Artikels. Versteht sich doch von selbst.

    Michael / M 26.06.2018
×

Schneller und einfacher Kontakt über WhatsApp - Einfach auf den unteren Button klicken!

 

Kontakt über Threema unter der ID:
Y87HKB2B

×