Heute führen wir das Gespräch mit einem Anhänger aus Halle. Der Hallesche FC spielt aktuell in der dritten Liga.
Der III. Weg: Was hältst du davon, daß nun ein türkischer Verein im Profifussball angekommen ist?
Tim: Die Antwort auf diese Frage ist recht einfach: Nichts! Türkische Vereine trachten schon seit langem danach, sich im deutschen Profifußball zu etablieren. Vor dem Hintergrund fehlenden Integrationswillens türkischer bzw. türkischstämmiger Bürger blicke ich mit Sorge auf die aktuelle Entwicklung, welche wohl auf einen pathologischen Toleranzwahn vieler Deutscher zurückzuführen ist.
Der III. Weg: Wie sieht es in der Fanszene eures Vereins vor Ort aus? Das Ganze dürfte in der dritten Liga, in der ja Magdeburg spielt, ein Thema sein.
Tim: In der halleschen Fußballszene wird das Thema durchaus kontrovers diskutiert. Über die Ablehnung solcher Projekte herrscht ein breiter Konsens. Vereinzelt fallen Argumente nach dem „leben und leben lassen“-Prinzip aus, wobei ich mir nicht sicher bin, ob die Tragweite einer Akzeptanz derartiger Vereine jedem bewusst ist.
Der III. Weg: Glaubst du, es kommt zu Protesten beim Spiel gegen Türkgücü München?
Tim: Anti-Rassismus Projekte des Fanprojekts in Halle haben ihre Wirkung nicht verfehlt. In den Kreisen der Ultras versteht man sich inzwischen als „unpolitisch“. Gegenwärtig gehe ich also davon aus, dass man auf Proteste verzichten wird, um dem Ansehen des Vereins nicht zu schaden.
Der III. Weg: Linke Ultras erobern sich immer mehr Raum in den jeweiligen Fanszenen und geben bei vielen Vereinen den Ton an. Ist das bei euch in Halle auch so?
Tim: Vor etwa zehn/fünfzehn Jahren galten linke Weltanschauungen in der aktiven Szene als nahezu undenkbar. Mithilfe billiger Auslandsreisen, u.a. nach Israel, oder sogenannten Bildungsreisen in deutsche Arbeitslager, einst organisiert durch das Fanprojekt Halle, wurden einzelne Personen der aktiven Fanszene jedoch regelrecht korrumpiert. Linke Szenemitglieder existieren demnach auch in Halle, sind jedoch nicht als „tonangebend“ zu bewerten. Von einem linken Netzwerk, wie es bspw. in München, Jena oder Hamburg existiert, sind wir in Halle noch weit entfernt.
Der III. Weg: Haben hier nationalgesinnte Fangruppen zu lange nach dem Motto agiert „Fußball und Politik zu trennen“ und nicht gemerkt, wie linke Fangruppen das Ruder übernehmen?
Tim: Auch,wenn mir einschlägig linke Fußballgruppierungen in Halle nicht bekannt sind, hat die Aussage „Fußball ist Fußball und Politik ist Politik“ hegemonialen Charakter. Zu befürchten ist dabei, dass man die Augen vor gesellschaftlichen Problemen des Landes verschließt und zu spät erkennt, dass Politik und Fußball in fortwährender Kohärenz stehen.
Der III. Weg: Haben die normalen Fans überhaupt Bock auf das permanente politisch korrekte Verhalten dieser linken Fangruppen oder nervt die das einfach nur?
Tim: Ich glaube, eine pauschale Antwort auf diese Frage gibt es nicht, zumal politisch korrektes Verhalten im Kurt-Wabbel-Stadion (kommerziell: Erdgas-Sportpark) seitens der Fanszene eher weniger forciert wird.
Der III. Weg: Im Bereich der erlebnisorientierten Anhängerschaft (Hooligans) gibt es noch viele nationalgesinnte Trupps. Diese sind aber kaum noch im Stadion anzutreffen. Ist da bei euch auch ein Unterschied zwischen Ultras und Hools festzustellen?
Tim: Viele deutsche Fußballszenen sind in politische Lager gespalten, das stimmt. Aufgrund der verhältnismäßig überschaubaren Szenegröße partizipieren Ultras und Hooligans in Halle jedoch voneinander. Politik steht hierbei eher hintenan.
Der III. Weg: Vor ein paar Jahren haben sich mal Hooligans von Magdeburg und Halle kurzerhand vorm Stadion verbündet und die Polizei damit völlig überrascht und ihnen ihre Grenzen aufgezeigt. Wie kam es dazu?
Tim: Ich bitte um Verständnis, dass ich auf diese Frage nicht antworten kann, aber ich nehme an, mit ein wenig Selbstreflexion gelingt es der Polizei, die Ursache dafür zu finden. 😉
Der III. Weg: Gibt es zu den als links geltenden Vereinen wie Carl Zeiss Jena ein besonderes Verhältnis?
Tim: Das kann man so sagen. Immerhin geizen als links geltende Vereine bzw. deren Anhängerschaften nicht mit Provokationen und Schauermärchen. Im Falle Jenas ergibt sich bereits ein besonderes Verhältnis aus unserer gelebten Freundschaft zur Fanszene des FC Rot-Weiß Erfurt.
Der III. Weg: Gerade in den oberen Liegen spielen von Jahr zu Jahr mehr außereuropäische Ausländer. In der 4. Liga sind es noch vornehmlich Deutsche. Kann man sich überhaupt noch mit so einem Verein mit lauter ausländischen Spielern identifizieren?
Tim: Aufgrund der hohen Fluktuationsrate im Fußballgeschäft fällt es ohnehin schwer, sich noch mit Spielern zu identifizieren.
Der III. Weg: Hat sich in den letzten 10 Jahren bei euch die Fanszene elementar geändert? Oder ist alles wie vorher? Was waren früher die bestimmenden Fangruppen?
Tim: Natürlich lassen sich Veränderungen innerhalb der halleschen Fanszene konstatieren. Staatliche Repressionen und unzählige Stadionverbote haben die Szene stark dezimiert. Viele ,,Alte“ sind infolge dessen weggebrochen. Die Risikobereitschaft ist letztlich zurückgegangen. Im Vergleich zu früher ist der Bewegungsspielraum für aktive Fußballszenen, auch die hallesche, deutlich geringer geworden. Nach wie vor ist die „Saalefront“, welche einst diverse Subgruppen in sich verband, das Zugpferd der halleschen Fanszene. Aber auch Gruppen wie „Halle-Ost“,„Leuna Löwen“, „Jugendbande“ oder „Red-White-Battle-Boys“ machten ihrem Namen alle Ehre, wobei die beiden letzten nicht mehr existent sind.
Der III. Weg: In der Zeit der totalen Kommerzialisierung des Fußballes ist da überhaupt noch Platz für Patriotismus und Deutschsein? Oder ist der Fußball nicht schon längst vollends für das normale Volk verloren gegangen?
Tim: Wenn mit dem „normalen“ Volk die Arbeiterschaft gemeint ist, dann lässt sich das fast so sagen. Der einstige Arbeitersport verkommt zunehmend zum Eventsport oder, am Beispiel englischer Vereine, zum Statusobjekt egozentrischer Milliardäre. Steigende Ticketpreise, überteuerte Fanartikel… Fußball ist ein Milliardengeschäft. Auf kurz oder lang wird für glühende, fanatische Ultras kein Platz mehr sein, auch, wenn mit deren Choreografien gern Werbung betrieben wird. Wieviel Spielraum dem Patriotismus im deutschen Fußball zugestanden wird, zeigt wohl „Die Mannschaft“ am eindrucksvollsten.
Der III. Weg: Auf Ebene der Nationalmannschaft findet man ja gerade bei Auswärtsspielen noch viele Nationalgesinnte. Wieso ist dem so und wird das aus deiner Sicht so bleiben?
Tim: Darüber kann ich nur mutmaßen. Womöglich ergibt sich in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, den Zusammenhalt unter Gleichgesinnten noch auszuleben und den gemeinsamen Stolz in die Welt hinauszutragen. Viele der mir bekannten Anhänger der Nationalmannschaft identifizieren sich jedoch zunehmend weniger mit dem Projekt „Mannschaft“, denn nichts anderes ist sie inzwischen.
Der III. Weg: Wäre aus deiner Sicht ein Art Bündnis aller nationalgesinnten Fangruppen in Deutschland ein Ausweg aus dem Niedergang?
Tim: Ob ein Bündnis der Ausweg aus dem Niedergang wäre, weiß ich nicht, aber es wäre ein toller Gedanke, ein notwendiger Anfang. Schließlich profitieren linke Gruppen sehr oft von der Uneinigkeit rechter Gruppierungen. Ich halte es da mit den Worten von Bismarck: „Wenn die Deutschen zusammenhalten, so schlagen sie den Teufel aus der Hölle.“
Der III. Weg: Vielen Dank für das wirklich sehr interessante Gespräch.
Weiterführender Verweis zur Thematik:
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