Auf den ersten Blick bewegt sich Prof. Dr. med. Andreas Crusius, Präsident der Ärztekammer M-V, hundsbrav auf der Schiene des liberalkapitalistischen Zeitgeistes. „Ohne diese ausländischen Kollegen läuft in unserem Gesundheitssystem gar nichts mehr“, erklärte er jüngst gegenüber der Schweriner Volkszeitung unter Bezugnahme auf neueste Zahlen. Demnach haben von insgesamt 8066 Ärzten, die in Mecklenburg und Pommern entweder in Krankenhäusern oder ambulanten Praxen tätig sind, 1024 keinen deutschen Pass; das ist mittlerweile jeder achte. Die meisten dieser ausländischen Mediziner stammen aus Syrien, dem Irak und aus Aserbaidschan.
Auf die BRD hochgerechnet, haben von 402 000 Ärzten 58 200 keinen deutschen Pass. Der Großteil der fremdstaatlichen Ärzte hat in Rumänien seine Ausbildung erhalten.
Ganz ohne Sand im Getriebe läuft’s auf dem globalistischen Verschiebebahnhof allerdings nicht, wie Prof. Crusius‘ Ausführungen ebenfalls entnommen werden kann. Ihm zufolge fallen rund 40 Prozent der Bewerber bei den Sprachprüfungen, die für die Zulassung verbindlich sind, im ersten Anlauf durch.
Menschenverachtender Fachkräfte-Klau
Als weiteres Problem entpuppt sich die Gleichwertigkeit der Abschlüsse. 2019 bestanden die entsprechenden Prüfungen lediglich 56 Prozent der Bewerber. Doch unabhängig von diesen Zahlen ist dem erfahrenen Mediziner Crusius alles andere als wohl zumute: „Es stimmt bedenklich, wenn ein hoch entwickelter Staat wie Deutschland den Entwicklungsländern dort ausgebildete und dort gebrauchte Mediziner wegnimmt“, umschrieb Crusius gegenüber der SVZ den letztlich menschenverachtenden, liberalismustypischen Fachkräfte-Klau. Hierbei werden den Entwicklungs- und Schwellenländern ihre wenigen, mit hohem finanziellen Aufwand ausgebildeten Fachkräfte abspenstig gemacht, um auf diese Weise „Lücken zu stopfen“ – und so das eigene Versagen auf ganzer Linie zu kaschieren.
Laut Crusius habe die von ihm geführte Ärztekammer gegenüber der Politik mehrfach verlangt, die Anzahl der Medizin-Studienplätze an den Unis des Landes zu erhöhen (Hinzugefügt werden muss, dass in den vergangenen Jahren Tausende deutscher Mediziner der BRD wegen unzumutbarer Arbeitsbedingungen und schlechter Bezahlung den Rücken gekehrt haben).
Verstaatlichung des Gesundheitswesens
Doch immerhin: Prof. Crusius kann mit Fug und Recht als scharfer Kritiker des momentanen „Gesundheits“systems gelten. Mehrfach brachte er seine ablehnende Haltung zum Ausdruck, so 2018 im privaten Fernsehsender MV1, als er die Gewinnmaximierung seitens privater Kliniken zur Befriedigung der Bedürfnisse von Aktionären als „Fehler im System“ bezeichnete. In einem Gespräch, das er im September 2018 der Ostsee-Zeitung gewährte, fand Crusius ebenso klare Worte. Auf die Frage „Es ist politisch gewollt, dass Kliniken wie Wirtschaftsunternehmen geführt werden. Haben Sie damit ein Problem?“ entgegnete er unumwunden: „Ja, denn Gesundheitsversorgung gehört zur Daseinsvorsorge des Staates. Deshalb dürfen Beschäftigte im Gesundheitswesen nicht zur Gewinnmaximierung verpflichtet werden – genauso wenig wie Polizei, Justiz und Feuerwehr.“
Genau an diesem Punkt muss die Systemfrage ansetzen und zugunsten von Beschäftigten und Patienten beantwortet werden. Die Partei „Der III. Weg“ fordert deshalb eine konsequente Verstaatlichung des Gesundheitswesens. Lediglich die haus- und fachärztlichen Praxen verbleiben in privater Hand. Die Erwirtschaftung von Profiten darf nicht länger Vorrang vor der Gesundheit der Menschen haben. Zwingend geboten sind zudem eine angemessene Bezahlung und – gerade auch für den Krisenfall – der Aufbau von Fachpersonal. Mit diesen Forderungen steht der III. Weg nicht allein, wie aus den vorstehenden Ausführungen klar hervorgeht.
Die Gesundheitsfürsorge zu demokratisieren, dh sie zu einem weiteren Vehikel zu machen, mit denen Parteien wie zB de Grünen ihre innenpolitischen Anliegen umzusetzen versuchen, ist genauo unsinnig, wie sie zu privatisieren: In beiden Fällen bekommt man ein System, daß auf der Grundlage sachfremder Prinzipien organisert ist. Ob das jetzt «shareholder value» oder «vegane Lebensweise» ist, macht wenig Unterschied.