Geschichte wiederholt sich bekanntlich immer wieder. Ziemlich genau 100 Jahre nach der Hyperinflation der 1920er Jahre wird Deutschland erneut von drastischen Teuerungen geschüttelt. Die nie wirklich gelöste Euro-Finanzkrise aus den Jahren 2008/2009 hat Vermögenswerten wie Immobilien, Gold und Aktien einen steilen Wertgewinn beschert – wer Geld hatte, konnte Geld gewinnen. Wer die letzten 15 Jahre kein Vermögen hatte, der war davon nur bedingt betroffen. Die Preissteigerungen bei Energie und Lebensmitteln betreffen jedoch fast alle Schichten. Plötzlich sind echte Armut und handfeste Not keine Erinnerung an längst überwunden geglaubte Zeiten mehr. „Kein Deutscher soll hungern und frieren“ war eine der Parolen der 1930er Jahre, weil Millionen genau das mußten.
Geld ist da, nur nicht für hier
Auch 100 Jahre später ist die neue Verarmung hausgemacht: 200 Milliarden für „Klimaschutzmaßnahmen“, die im weltweiten Maßstab kein meßbares Ergebnis bringen werden; 100 Milliarden für die Aufrüstung der Bundeswehr, die dann in Afrika und Asien das Geld buchstäblich in den Sand setzt; dazu ungezählte Milliarden für EU, UNO und sonstige undurchsichtige internationale Institutionen. Der Nutzen für deutsche Bürger? – Wahlkampfparolen, die übertönen sollen, dass es keinen Nutzen gibt.
Für das Volk wird medial eine Wohlstandsillusion aufrechterhalten. Der Blick hinter die Kulissen wird nicht gern gewagt. Deutschland mag zwar reich sein, aber die Deutschen sind es nicht. Vor allem, wenn sie zu denen gehören, die ihr Geld nicht mit „bullshit-jobs“ verdienen, sondern mit echter Arbeit.
Deutschland – eine Wohlstandsillusion
Die Journalistin Julia Friedrichs hat in ihrem aktuellen Buch „Working Class: Warum wir Arbeit brauchen, von der wir leben können“ die Situation von Deutschlands Leistungsträgern aus Unter- und Mittelschicht genauer beleuchtet.
Hierzu befragte sie Experten aus der Wissenschaft und Politik, Reinigungs- und Lehrkräfte sowie Büromenschen, und das Ergebnis fällt ernüchternd aus: Die Mehrheit der Deutschen verfügt kaum über finanzielle Polster und im Grunde über kein nennenswertes Vermögen. Sich Wohlstand aus eigener Kraft zu erarbeiten, wird zunehmend schwieriger. Aufstieg durch harte Arbeit? – Das war früher einmal.
Laut einer groß angelegten Studie von OECD und Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahr 2021 ist „die deutsche Mittelschicht kleiner als noch Mitte der 1990er-Jahre. Zwischen 1995 und 2018 ist sie geschrumpft.“ Das verfügbare Einkommen und damit der Lebensstandard der Mittelschicht hat sich über die Jahre nicht bewegt, gleichzeitig erlebte die Wirtschaft vor Corona einen anhaltenden Boom. Dabei investiert die jüngere Generation mehr Zeit und Mühe in die eigene Bildung und es mehren sich die Klagen über einen Fachkräftemangel. Zudem ist das Volkseinkommen seit 1980 pro Kopf um 53 Prozent gewachsen. Wie paßt das zusammen?
Nur wer hat, dem wird gegeben
Verlierer sind diejenigen, die von Haus aus kein Vermögen haben, die allein auf ihrer Hände, ihrer Köpfe Arbeit angewiesen sind – die Arbeiterklasse, die es entgegen aller Kunstbegriffe der Soziologen immer noch gibt.
Es sind nicht mehr die Handarbeiter in den Bergwerken und auf den Feldern und nur noch selten die in der Fabrik am Fließband. Der moderne Arbeiter putzt oder schleppt Pakete, sitzt an der Supermarktkasse oder füllt Regale. Er antwortet am Telefon, betreut die Kinder oder pflegt die Alten und Kranken.
Es sind die Menschen, die arbeiten, um Geld zum Leben zu haben. Die, die keine Unternehmensanteile besitzen oder Mietwohnungen, die, die keine Erbschaften erwarten können. Menschen, für die ihr Nettoeinkommen die einzige Lebensgrundlage ist.
Würde man alle erwachsenen Deutschen in eine Reihe stellen, hätte der mittlere aller Deutschen ein Vermögen von 20.000 Euro. Nähme man nur Personen, die zur Miete wohnen, entfielen auf die Person in der Mitte gerade mal 5.000 Euro.
Der Weg nach oben ist versperrt
Laut Marcel Fratzscher, dem Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, hat „Deutschland … eine ungewöhnlich geringe Chancengleichheit und Mobilität zwischen den Generationen“. Das Einkommen der Kinder hinge stärker mit dem Einkommen der Eltern zusammen als in fast allen anderen Industrieländern. „Der Anteil junger Menschen mit einem niedrigen und mittleren Bildungsniveau, die es in die Mittelschicht schaffen, nimmt dramatisch ab“.
Bildung – seit Jahrzehnten das Zauberwort, wenn es um Karriere und Einkommen geht. Und für die Politik eine willkommene Ausrede für die wachsende Schere zwischen arm und reich. Doch das Erlangen formal möglichst hoher Bildungsabschlüsse ist kein Allheilmittel. Angenommen, wir würden alle eines Morgens aufwachen und alle Krankenschwestern, Müllarbeiter, Mechaniker, Busfahrer, Lebensmittelverkäufer, Feuerwehrleute und Schnellrestaurantköche wären verschwunden: eine Katastrophe. Wäre das auch der Fall, wenn alle Investmentbanker, Juristen, Werbefachleute, Versicherungsmakler und die in den Medien als „Experten“ präsentierten Geisteswissenschaftler verschwänden?
Im Hamsterrad für immer
Rein formal war keine Generation in der Breite besser gebildet als die jetzige. Anfang der 1950er-Jahre besuchten 15 Prozent eines jeden Jahrgangs in Westdeutschland das Gymnasium, heute sind es fast 50 Prozent. 1950 studierten 100.000 junge Menschen, heute über zwei Millionen. Mögen die Anforderungen gesunken sein, zeit- und lernintensiv sind Abitur und Studium immer noch.
Armut ist ein relativer Begriff. Gemessen an tatsächlicher Not mag Deutschland immer noch ein reiches Land sein. Doch wer nicht mehr zu bieten hat als seine Arbeitskraft, einen Gesellenbrief oder einen nur durchschnittlichen Studienabschluss, der wird in der Regel sein Leben lang nicht über die Stelle hinauskommen, an der er steht. Der Weg nach oben ist versperrt und nur mit Mühe geht es nicht weiter nach unten. Gefangen im Hamsterrad, um Miete, Mobilität, Energie und Essen bezahlen zu können und am Monatsende wenigstens nicht im Minus zu sein.
Die Letzten im Ruhestand, die Ersten beim Kürzen
Ein Entkommen bietet nicht einmal der Ruhestand. Deutschland hat mit derzeit 67 zwar das höchste Renteneintrittsalter in Europa, mit weniger als 50% des letzten Einkommens aber zusätzlich das niedrigste Rentenniveau.
Das ganze Leben arbeiten und am Ende auf Sozialhilfeniveau – für Millionen deutsche Rentner Wirklichkeit.
Knapp 2,7 Millionen Rentner mit mindestens 40 Jahren Versicherungszeit bekamen im Jahr 2020 weniger als 1200 Euro Rente im Monat. Das geht aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Linkspartei hervor. Dabei gibt es erhebliche Unterschiede zwischen West- und Mitteldeutschland. Im Westen ist es bei mindestens 40 Versicherungsjahren etwa jeder Dritte, der unter 1200 Euro bleibt, in der Mitte Deutschlands dagegen jeder Zweite.
Wer 45 Jahre lang immer Rentenbeiträge für ein Durchschnittsgehalt eingezahlt hat, kann derzeit mit einer Regelaltersrente von 1539 Euro (Westen), beziehungsweise 1506 Euro (ehemalige DDR) rechnen. Brutto versteht sich, d.h. Sozialversicherungsbeiträge und ggf. Steuern nicht berücksichtigt.
Derweil wird die offizielle Inflationsrate zweistellig und bundesdeutsche Politiker verteilen weiter großzügig deutsches Geld in alle Welt.
Am sozialen Abstieg der Deutschen sind nicht Corona oder Rußland schuld – der Fisch stinkt schon seit langem vom Kopfe her.
Sehr guter Artikel. Das spricht den normalen Familienmenschen an. Der richtige Weg im Kampf um den deutschen Menschen. Weiter so!