Wird Palästina geopfert?
Es ist ein bemerkenswertes Bild, das vor wenigen Tagen im Kedma-Hotel in Sde Boker entstanden ist. Lächelnd reichen sich die Außenminister von Israel, Marokko, Bahrain, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Ägypten und den USA über Kreuz die Hand. Demonstrativ wird Einigkeit und Harmonie ausgestrahlt. Noch bis vor kurzem wären solche Bilder undenkbar gewesen. Die zionistische Besetzung Palästinas, Terror, Gewalt und Vertreibung gegenüber den Palästinensern hatten die Araber in erbitterter Feindschaft gegenüber Israel geeint. Doch in den letzten Jahren hat sich das Verhältnis zahlreicher Herrscher in Nahost zu dem zionistischen Gebilde geändert. Nicht zuletzt der Einfluss der USA dürfte hierbei eine Rolle gespielt haben.
Nun trifft man sich also zu einer neuen Allianz und gibt sich versöhnlich. So sagte beispielsweise der Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Abdullah bin Zayed Al Nahyan, dass Israel seit langem ein Teil der Region sei, man sich nicht kenne und es nun an der Zeit sei, eine neue starke Partnerschaft zu bilden. Auch sein israelischer Amtskollege Yair Lapid pries das neue Bündnis an: „Wir arbeiten an einer neuen regionalen Architektur, die auf Fortschritt, Technologie, religiöser Toleranz und Kooperation in den Bereichen Sicherheit und Aufklärung beruht.“ Als Gastgeber hatte er die Außenminister an einen historisch-symbolträchtigen Ort geladen.
In Sde Boker verbrachte David Ben Gurion, der Staatsgründer Israels, seine letzten Lebensjahre. In der arabischen Welt wird Ben Gurion vorwiegend mit der Vertreibung von Hunderttausenden Palästinensern aus ihrer Heimat in Verbindung gebracht. Die Verbrechen, die in diesem Zusammenhang begangen wurden, werden in der arabischen Welt als „Nakba“ bezeichnet.
Doch heute sind die Interessen Palästinas für die arabischen Machthaber in den Hintergrund gerückt. Die Solidarität mit Palästina hatte schon seit Jahren nur symbolischen Charakter. Tatsächlich war man schon lange nicht mehr bemüht, am Status quo etwas zu ändern. Nun üben Israel, aber auch die USA und ihr jüdischer Außenminister Anthony Blinken, Druck auf die arabischen Staaten aus. Wer gute Geschäfte machen will, sollte auf die ohnehin nur symbolische Feindschaft mit Israel verzichten. Die Entscheidung fällt den arabischen Öl-Scheichs offenbar nicht schwer: Das arme und demilitarisierte Palästina kann nichts bieten, in Israel und den USA hingegen sitzen (militärische) Macht und natürlich Geld, Geld, Geld.
Auf realpolitischer Ebene gibt es jedoch noch weitere Gemeinsamkeiten, die den Arabern das Bündnis mit Israel schmackhaft machen. Die beteiligten Staaten sind mehrheitlich sunnitisch geprägt. In den vergangenen Jahren hat sich die Kluft zwischen den sunnitischen Staaten und dem schiitischen Iran vertieft. Der Iran gilt als Hauptfeind Israels, unterstützt er doch diverse anti-zionistischen Organisationen. Auch im Bezug auf die sich global verschlechternde Versorgungslage in Folge des Ukraine-Krieges erhoffen sich die arabischen Staaten Vorteile aus der Freundschaft mit Israel. Die glänzenden internationalen Beziehungen Israels ermöglichen Handelskontakte in alle Welt und somit eine bessere Versorgung mit knapp werdenden Gütern. Doch die Haltung der oftmals autoritär regierenden Potentaten wird keineswegs von allen Arabern geteilt. Viele Araber lehnen die Zusammenarbeit mit Israel weiterhin ab. Dies gilt natürlich insbesondere für Palästina selbst.
In diesem Jahr fallen der muslimische Ramadan, das jüdische Pessachfest und Ostern auf einen Tag. Die Atmosphäre erhitzt sich daher zusätzlich, denn die verschiedenen Religionen nutzen oftmals gleiche heilige Orte und so rücken Revierkämpfe stärker in den Vordergrund. Dies ruft „einsame Wölfe“ auf den Plan, die ihre Stunde im Kampf gegen Israel gekommen sehen. In Beer Sheva, Bnei Brak und in Hadera kam es zu Anschlägen. Dabei starben elf Personen. Zum Teil bekannte sich die Terrormiliz Daesh (Islamischer Staat) zu den Anschlägen. Daesh will mit dem Kampf gegen Israel wieder mehr Einfluss in der arabischen Welt gewinnen. Bislang hatte Daesh mit seinen Aktionen um Israel einen weiten Bogen gemacht. Überwiegend war die Terrormiliz in Syrien und dem Irak aktiv.
Nun scheint man von dem Unmut, den der arabische Bruderverrat an den Palästinensern erzeugt hat, profitieren zu wollen. In den vergangenen Jahren hatten lediglich die schiitische Hisbollah, Syrien und der Iran tatsächlichen Widerstand gegen Israel geleistet. Auf sunnitischer Seite gab es keine wirklich relevante Macht, die gegen Israel kämpfte. Zwar dürfte Daesh weiterhin mehr als Spaltpilz, denn als Vertreter arabischer Interessen wahrgenommen werden. Dennoch könnte der Terror der islamischen Fundamentalisten Nachahmer auf den Plan rufen, denn andere Gruppen wie al-Quaida oder die Hamas dürften bemüht sein, als die wahren Kämpfer gegen Israel wahrgenommen zu werden. Doch eine wirkliche Gefahr dürfte für Israel nicht erwachsen: Mit den neuen Bündnissen ist Israel ein Stück mächtiger geworden.
Der Kampf seiner Feinde wird hingegen schwerer. Für Palästina sieht es schlecht aus. Dennoch wird die nationalrevolutionäre Bewegung in Deutschland sich nicht vor dem gefestigten Standbein des Zionismus schrecken lassen. Unser Kampf gegen das Netzwerk, das sich aus Israel entspringend über die westlichen Staaten gelegt hat und die Regierungen im Würgegriff falscher Interessen hält, geht weiter!