In Graz, der zweitgrößten Stadt Österreichs, der Landeshauptstadt der Steiermark, sitzt die KPÖ (Kommunistische Partei Österreichs) schon lange fest im Sattel. Seit dem September 2021 ist die KPÖ dort stimmenstärkste Kraft und stellt mit Elke Kahr den Bürgermeister. Bis zu dieser Wahl regierte jahrelang die bürgerliche ÖVP und die stellt auch seit 1945 den Landeshauptmann der Steiermark. Wie konnten die Kommunisten nach Jahrzehnten der Bedeutungslosigkeit zurückkehren?
Die KPÖ tritt als Kümmererpartei auf. Mit dem ehemaligen Wohnungsstadtrat Ernest Kaltenegger begann der Aufstieg der KPÖ. Kaltenegger führte auch die Spenden eines Großteils seiner Politikerbezüge für Bedürftige ein. Das hat auch seine Nachfolgerin Elke Kahr fortgeführt. Sie hat seit 2005 rund 1 Million Euro gespendet.
Mit den Spenden werden unkompliziert Mietrückstände bedürftiger Bürger oder eine neue Waschmaschine für die Ärmsten bezahlt. Die städtische Miet- und Wohnungsberatung ist eine Domäne der KPÖ, über die sich die Partei volksnah geben kann. Dazu kommt auch noch die auffällige Absenz von Skandalen und Korruption, für die andere Parteien berüchtigt sind. Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft beispielsweise in einem Millionenskandal der FPÖ.
Auch in Salzburg konnte die KPÖ Erfolge einfahren. Dort tritt die Partei als KPÖ Plus auf. Das „Plus“ ist ein Hinweis auf die Herkunft der Kader der Partei. Die trennten sich nämlich im Streit von den Grünen. Mit den „jungen Wilden“ bekam die altbackene Politsekte KPÖ neues Blut und damit Elan und Schwung. Die Partei zieht zum ersten Mal seit 1949 wieder in den Landtag ein und erreicht erstmals ein zweistelliges Ergebnis. Das war in der Zweiten Republik auf Landes- wie auf Bundesebene noch nie der Fall. In der Landeshauptstadt landete die Partei gar vor der FPÖ auf Platz zwei.
Auch in Salzburg tritt die KPÖ als Kümmererpartei auf. Jahrelang weitgehend ignorierte Probleme beim Wohnen oder in der Pflege werden von der Partei thematisch ernst genommen und sind für viele Wähler ein Wahlgrund. Auch in Salzburg werden große Teile der Bezüge der KPÖ-Politiker gespendet. Sollte die Partei auch in Salzburg korruptions- und skandalfrei bleiben, kann sich die Partei strukturell verfestigen. Schon jetzt denkt man in der KPÖ über eine Expansion bei den Nationalratswahlen nach.
Wie konnte es zur Wiederkehr der KPÖ kommen? Im Wesentlichen liegt es an zwei Faktoren. Dem Niedergang der ehemaligen mächtigen Volkspartei SPÖ, die heute wie ein Geriatriezentrum wirkt und der sektoiden Verkümmerung der Grünen zu einer Spielwiese für lesbische Arbeitsscheue und andere Randgruppler auf der einen Seite und Systempolitikern, die in der Regierungsbeteiligung mit der konservativen ÖVP keine linken Kernthemen durchbringen, auf der anderen Seite.
Die offene Lücke im Wahlspektrum für eine Partei, die soziale Themen aufzugreifen versteht, wird also von der KPÖ geschlossen. Wenn man sich die Erfolge der FPÖ ansieht, die ausschließlich der Ausländerfrage zu verdanken sind, dann kann man sich vorstellen, welche Zustimmung und welche Erfolge eine Partei haben könnte, die es verstünde, Heimat und Soziales glaubhaft und gekonnt in einer dritten Position zu verbinden.
Noch schützt sich das System mit Ausnahmegesetzen vor der Konkurrenz. Wie lange noch?