Die Geschichte der Russischen Föderation ist um eine Groteske reicher geworden. Jewgeni Prigoschin brachte es als Weggefährte Putins vom abgeurteilten Räuber und Zuhälter zum reichen Mann mit politischen Ambitionen und durfte sich mit dem Steuergeld der Russen eine Privatarmee leisten. Prigoschins gedungene Bande namens „Wagner PMC“ wütet bekanntlich nicht nur in der Ukraine, auch in Teilen Afrikas ist sie aktiv. Bei so viel Macht und Einfluss ist Prigoschin scheinbar übermütig geworden.
Am 23. Juni 2023 widersprach er öffentlich den offiziellen Gründen für den Angriffskrieg auf die Ukraine und rief wenige Stunden später die russische Bevölkerung zum Widerstand gegen die Militärführung auf. Laut Prigoschin sind sämtliche Gründe für den Krieg Russlands im ukrainischen Donbas seit 2014 und für die Invasion von 2022 nur vorgeschoben. In Wahrheit würde sich eine Gruppe von Personen rund um den Präsidenten Putin nur bereichern wollen.
In der Millionenstadt Rostow am Don unweit der ukrainischen Grenze befindet sich das Hauptquartier der russischen Armee für den Süden des Landes. In dem Stützpunkt befindet sich die Militärführung für das südliche Russland. Von dort aus werden auch die Kämpfe in der Ukraine überwacht und geleitet und auch die Versorgung der russischen Armee in der Ukraine findet über Rostow am Don statt. Die Stadt wurde am 23.06. kurzerhand von der „Gruppe Wagner“ besetzt und kampflos genommen. Aufnahmen zeigen Prigoschin im entspannten Gespräch mit Generaloberst Junus-Bek – stellvertretender Verteidigungsminister der Russischen Föderation – und Generalleutnant Vladimir Alekseyev vom russischen Militärgeheimdienst – der ist immerhin Erster stellvertretender Chef der Hauptdirektion (GRU) des Generalstabs der russischen Streitkräfte.
Darüber hinaus lieferte sich die „Gruppe Wagner“ Gefechte mit der russischen Luftwaffe und schoss mehrere Hubschrauber und ein Transportflugzeug ab. Es sollen dabei bis zu 15 Militärangehörige ihr Leben verloren haben. Ebenfalls am 24.06. setzte sich ein „Gruppe Wagner“-Konvoi in Marsch Richtung Moskau. Putin verließ umgehend mit seiner Kamarilla die Stadt und Moskau versank im Chaos. Hilflose Versuche, die Autobahn Richtung Moskau mittels LKW-Sperren und aufgebaggerter Fahrspuren zu sichern, werden noch lange im kollektiven Gedächtnis aller Kreml-Gegner bleiben. Auch die Sicherung der Stadt Moskau durch einige wenige Polizisten und ein paar schnell bereitete Sandsackstellungen hinterließen ein desaströses Bild. Da passt es nur ins Bild, dass Putin im innenpolitischen Kampf nur mehr auf seinen tschetschenischen Vasallen Ramsan Kadyrow und dessen „Tik-Tok-Soldaten“ vertrauen kann. Ganz dem Klischee entsprechend kamen Kadyrows „Ahmat“-Einheiten zum Kampf zu spät, sie standen im Stau und veröffentlichten von dort aus Videos auf Tik-Tok.
Am Abend dann das Finale Furioso der Groteske. Ein weiterer Spießgeselle Putins hat seinen Auftritt in der Posse. Der weißrussische Langzeitdespot Alexander Lukaschenko hat Prigoschin dazu gebracht, seinen Aufstand aufzugeben. Es war zunächst nicht klar, ob Prigoschin neben der Straffreiheit noch weitere Zugeständnisse gemacht oder in Aussicht gestellt wurden, um den Vormarsch seiner Truppen auf Moskau zu stoppen. Vorläufig endet das Trauerspiel damit, dass Prigoschin straffrei bleibt und nach Weißrussland ins Exil geht, während seine Truppe entweder nach Afrika verlegt wird oder sich in die reguläre Armee der Russischen Föderation eingliedert.
Zurück bleiben folgende Fakten:
• Prigoschin deckte die vorgeblichen Kriegsgründe der Russischen Föderation öffentlich als Lüge auf. Wer daher noch immer die Narrative des Kremls wiederkäut, ist wahlweise unbelehrbar, dumm oder bezahlter Agent Moskaus.
• Prigoschin offenbarte die Schwäche des Riesenreichs. Offensichtlich kann jedermann mit 5.000 Mann und schweren Waffen Millionenstädte einnehmen und hurtig Richtung Moskau auf der Autobahn fahren.
• Putin sitzt bei erster Gelegenheit im Flugzeug nach Irgendwo und ist in Krisen nicht mehr greifbar. Ob so ein starker Mann aussieht, der über Führungsqualitäten verfügt, darf gelinde gesagt bezweifelt werden.
• Putin vertraut in Krisen nur auf seinen Vasallen aus Tschetschenien. Er rief sämtliche Statthalter der Russischen Föderation an, um sich der Solidarität zu vergewissern. Alle antworteten diplomatisch, dass die Vorgänge innerrussische Angelegenheit seien.
• Die Toten der Russischen Luftwaffe in dieser schlechten Komödie bleiben ungesühnt. Was wird man ihnen auf die Grabsteine schreiben? Wofür sind sie gefallen?
Das Reich Putins wurde einmal mehr als orientalische Despotie entlarvt. Ein Reich, in dem der Khan mit seinen Tamerlanen ständig auf dem Rücken der Völker um Macht und Einfluss kämpft. Ein Reich, in dem es nur darum geht, den Despoten und seine Angehörigen und Freunde zu belustigen und reich zu machen. Ukraine bedeutet „Grenzland“. Und ein Grenzland ist sie tatsächlich. Nämlich die Grenze zu Innerasien und damit der Schutz europäischer Gesittung, Kultur und Artung. Alle europäischen Nationalisten, sofern sie authentische Streiter für den Schutz des Lebensraums Europa und keine rechten Karikaturen im Dienste des Kremls sind, stehen deshalb an der Seite der Ukraine, um solidarisch vereint mit den politischen Soldaten in den ukrainischen Schützengräben die Gefahr aus dem Osten zu schirmen.