Je weiter wir uns von der Erlassung des „Verfassungsgesetz über das Verbot der NSDAP (Verbotsgesetz)“, StGBl. Nr. 13, entfernen, desto weiter entfernt sich die Anwendung dieses Rechtsungetüms vom Willen des historischen Gesetzgebers. Bevor am 8.5.1945 dieses Gesetz von der provisorischen Staatsregierung, ohne Ermächtigung hierzu, erlassen wurde, proklamierten die von den Siegern des II. Weltkrieges zugelassenen Parteien SPÖ, ÖVP und KPÖ, im folgenden daher Lizenzparteien genannt, bereits in der Regierungserklärung vom 27.4.1945, StGBl. Nr. 3, dass „nur jene, welche aus Verachtung der Demokratie und der demokratischen Freiheiten ein Regime der Gewalttätigkeit, des Spitzeltums, der Verfolgung und Unterdrückung über unserem Volke aufgerichtet und erhalten, welche das Land in diesen abenteuerlichen Krieg gestürzt und es der Verwüstung preisgegeben haben und noch weiter preisgeben wollen, […] auf keine Milde rechnen können. Sie werden nach demselben Ausnahmerecht behandelt werden, das sie selbst den anderen aufgezwungen haben und jetzt auch für sich selbst für gut befinden sollen.“
Die Normadressaten dieses auf dem Vergeltungsprinzips fußenden Ausnahmegesetzes waren also Nationalsozialisten in leitender Stellung. Wie wir aus der Geschichte jedoch wissen, wurden alle Mitglieder der NSDAP und ihrer Gliederungen, über welche die Lizenzparteien keine schützende Hand hielten und § 27 Verbotsgesetz 1945 daher keine Anwendung fand, nach dem Verbotsgesetz entrechtet. Durch das „Nationalsozialistengesetz (NSG)“ vom 6.2.1947, BGBl. Nr. 25/1947, kam es dann zur Schaffung des § 3g, der heute noch Bestand hat und die größte Rolle in politischen Prozessen spielt. Dass keine Abkehr vom Vergeltungsprinzip gewünscht war, ergibt sich aus den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage betreffend des Nationalsozialistengesetzes.
„Mit dem Zusammenbruch der deutschen Wehrmacht brach auch das nationalsozialistische Gewaltregime im Deutschen Reich und allen unterworfenen Ländern zusammen. Damit standen die befreiten Länder vor dem Problem der innerpolitischen Bereinigung des Nationalsozialismus. Dieses Problem wurde in Österreich nicht in revolutionärer Form gelöst, sondern der Versuch unternommen, dieses Problems auf legistischem Wege Herr zu werden. Die Richtung, in der sich die gesetzgeberischen Maßnahmen bewegen sollten, war durch die Regierungserklärung vom 27. April 1945 gewiesen: Keine Milde, sondern Behandlung nach dem gleichen Ausnahmerecht, das sie anderen aufgezwungen hatten […]“ (Nr. 130 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, V. GP., S. 24.)
Im Jahre 1992 kam es neuerlich zu einer Novellierung des NSDAP-Verbotsgesetzes. Im Bericht und Antrag des Justizausschusses zur Verbotsgesetz-Novelle 1992, BGBl. Nr. 148/1992, lesen wir:
„Die österreichische Rechtsordnung beinhaltet im Prinzip ein reichhaltiges Instrumentarium zur Bekämpfung von nationalsozialistischer Wiederbetätigung bzw. von mit dem Ungeist des Nationalsozialismus zusammenhängenden sozialschädlichen Verhaltensweisen. […] Trotzdem wurde sowohl von seiten der Wissenschaft, vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes wie auch von politischer Seite häufig Klage darüber geführt, daß es nach wie vor möglich sei, Akte nationalsozialistischer Wiederbetätigung ohne rechtlicher Sanktion zu setzen […] ohne dafür gerichtlich belangt zu werden. […] Aus historisch verständlichen Gründen wurden beim Verbotsgesetz 1945 sehr hohe Strafrahmen festgesetzt. Diese hohen Strafrahmen herabzusetzen scheint insofern nicht angebracht, als dies dahin gehend mißverstanden werden könnte, daß sich der heutige Gesetzgeber nicht mehr im gleichen Ausmaß zum antifaschistischen Grundauftrag des Jahres 1945 bekenne. […]
Die Strafdrohung ist außerordentlich hoch [Anmerkung: des § 3g der vor der Novelle fünf bis zehn Jahre, bei besonderer Gefährlichkeit bis zu zwanzig Jahre Haft vorsah], und es ist die Zuständigkeit des Geschworenengerichtes gegeben. Es ist hinlänglich belegt, daß Geschworene bei politischen Prozessen zu Freisprüchen tendieren. Ohne die Geschworenengerichtsbarkeit auch nur im entferntesten in Frage stellen zu wollen, kann festgestellt werden, daß gerade im Fall des Verbotsgesetzes diese Tendenz sich auf Grund der außerordentlich hohen Strafbestimmung noch viel deutlicher bemerkbar macht. Die Laienrichter sehen die Strafe für derart überhöht an, daß sie aus Sorge vor dieser Strafdrohung das tatbildmäßige Verhalten überhaupt zu verneinen pflegen […]“ (387 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XVIII. GP, S. 1f.)
Die als Menschenjäger bekanntgewordene, skurrile Figur des Simon Wiesenthal durfte bei der im Vorfeld zur Verbotsgesetz-Novelle 1992 stattfindenden Tagung „Justiz und nationalsozialistische Wiederbetätigung“ am 15.5.1990 ebenfalls aus seiner Vergeltungsperspektive berichten.
„Wenn das Strafausmaß herabgesetzt werden würde – dh. es würde nicht mit fünf Jahren beginnen, sondern meinetwegen mit sechs Monaten –, dann wäre eine Strafverfolgung viel effektiver.“ (387 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XVIII. GP, S. 2.)
Man folgte dem Ruf des Unsteten, setzte die Mindeststrafe des § 3g herab und schuf mit § 3h einen neuerlichen Gesinnungstatbestand. Obwohl dadurch die Verurteilungen (2021: 207; 2022: 215) massiv zunahmen – von 1984 bis 1990 kam es zu 21 rechtskräftigen Verurteilungen (1984: 4; 1986: 9; 1988: 2; 1989: 5; 1990: 1) – plante man eine weitere Verschärfung des NSDAP-Verbotsgesetzes.
Unter der ersten schwarz-grünen Bundesregierung wurde als Teil der „Nationalen Strategie gegen Antisemitismus“ ab 2021 im Justizministerium eine Arbeitsgruppe zur Evalierung des Verbotsgesetzes eingerichtet. Der Abschlussbericht dieser Arbeitsgruppe wurde am 14.11.2022 von der fremdländischen Justizministerin Alma Zadic (Die Grünen) und der karenzierten Richterin Karoline Edtstadler (ÖVP) – in ihrer Funktion als Bundesministerin für EU und Verfassung – präsentiert.
Dass der ÖVP, anders als die Abbildung oben suggeriert, nicht zu trauen ist, zeigt eine ganz im Geiste der Entstehung des NSDAP-Verbotsgesetzes getroffene Neuerung. Der ganze Hass, den die Lizenzparteien inklusive der später gegründeten Systemparteien auf eine Idee haben, zeigt sich am Umgang mit den sogenannten „NS-Devotionalien“. Durch die Verbotsgesetz-Novelle 2023, BGBl. I Nr. 177/2023, ist es nun unter Beweislastumkehr möglich, Gegenstände, welche zu „NS-Devotionalien“ erklärt wurden, ohne vorangegangene Verurteilung zu beschlagnahmen. Das stößt abseits der Herrschenden auf erhebliche Kritik. Im Rahmen der Begutachtungsfrist hat Prof. Guido Raimund eine Stellungnahme verfasst, wo er auch darauf eingeht.
„Wie den Erläuterungen zum gegenständlichen Ministerialentwurf zu entnehmen ist, soll künftig nicht nur das (unkommentierte) Buch „Mein Kampf“ eingezogen werden können, sondern auch Bilder und Fotos. Konnex zu einer Straftat muss nach vorliegender Bestimmung keiner bestehen. Damit aber nicht auch Fotos aus dem Familienalbum oder Bücher aus Bibliotheken in der Asservatenkammer verschwinden, soll man „Gewähr dafür“ bieten können „dass die Gegenstände nicht zur Begehung strafbarer Handlungen verwendet werden“ .
Nachgebildet ist diese Bestimmung dem § 5 NPSG. Während man im Hinblick auf Substanzen die unter das NPSG fallen wohl leicht zwischen dem Giftmischer und einer zur Produktion von Arzneien befähigten Person unterscheiden kann, soll hinsichtlich des Besitzes von historischen Büchern ein Gesinnungstest Aufschluss geben?“ (Prof. Guido Raimund: „Stellungnahme zum Ministerialentwurf zur Verbotsgesetz-Novelle 2023 (279/ME)“, 29/SN-279/ME; São Paulo, 5.7.2023; S. 7.)
Durch die gegenständliche Novelle soll Österreichern weiters auch im Ausland ein Maulkorb angelegt, wie Alma Zadic am 15.12.2023 frohlockte.
„Deswegen haben wir auch die inländische Gerichtsbarkeit ausgeweitet, nämlich auf Verhaltensweisen, die im Ausland gesetzt werden. Das gilt sowohl für Organisationsdelikte als auch für Äußerungsdelikte nach dem Verbotsgesetz. Ein österreichischer Holocaustleugner ist in Zukunft strafbar, wenn er die Tat im Ausland begeht und sie geeignet ist, den öffentlichen Frieeden in Österreich verletzt, zum Beispiel also wenn der Täter die Leugnung im Intenet in Österreich abrufbar macht.“ (Stenographisches Protokoll des Nationalrates, XXVII. GP, 247. Sitzung, Alma Zadic, S. 2.)
Besonders stolz ist Zadic auch darauf, dass das Konstrukt des erweiterten Strafrahmen aufgelöst und die „besondere Gefährlichkeit“ nunmehr als eigener Strafsatz in die jeweiligen Bestimmungen des Verbotsgesetzes aufgenommen wurde.
„Des Weiteren haben wir eine Qualifikation vorgenommen. In allen Delikten des Verbotsgesetzes gibt es jetzt ein Grunddelikt und bei besonderer Gefährlichkeit gibt es eine Qualifikation, nach der eine wesentlich höhere Strafe droht.“ (Stenographisches Protokolle des Nationalrates, XXVII. GP, 247. Sitzung, Alma Zadic, S. 2.)
Der mittels Verbotsgesetz-Novelle 1992 geschaffene § 3h wurde ebenfalls durch die Verbotsgesetz-Novelle 2023 verschärft.
„Wir haben bei der Leugnung des nationalsozialistischen Völkermordes das bisherige Tatbestandsmerkmal gröblichst gestrichen. Das „gröblich“ haben wir deswegen gestrichen, weil es in der Vergangenheit ganz schwierige Abgrenzungsfragen gegeben hat, weil wir sicherstellen wollen, dass eine Teilleugnung unter den Straftatbestand fällt, weil wir sicherstellen wollen, dass man sich nicht so herauswinden kann, und weil es uns wichtig ist, dass jede Art von Leugnung des nationalsozialistischen Völkermordes erfasst ist.
Wir haben hier auch die Publizitätsschwelle von 30 auf zehn Personen gesetzt.“ (Stenographisches Protokoll des Nationalrates, XXVII. GP, 247. Sitzung, Alma Zadic, S. 3.)
Während bei Kinderschändern beispielsweise kein automatischer Amtsverlust im Falle einer Verurteilung eintritt, ist das bei rechtskräftiger Verurteilung nach dem Verbotsgesetz ab jetzt der Fall.
„Ja, eine Verurteilung nachdem Verbotsgesetz führt bei einem Beamten, aber auch bei einem Vertragsbediensteten, zum Verlust des Amtes oder zur vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses, denn wir können es in einem Staat nicht dulden, dass Beamte oder Vertragsbedienstete hier arbeiten, die nach dem Verbotsgesetz verurteilt wurden. Das geht schlicht und ergreifend nicht.“ (Stenographisches Protokoll des Nationalrates, XXVII. GP, 247. Sitzung, Alma Zadic, S. 3.)
Wenn der zur Beurkundung jedes Gesetzes zuständige Bundespräsident von seinem Amtssitz in der Wiener Hofburg über den Heldenplatz zum Parlament fährt, muss er an der Aufschrift „Iustitia regnorum fundamentum“ vorbei. Der Wahlspruch Kaiser Franz des I., welcher als Kaiser Franz der II. der letzte Herrscher des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation war, bedeutet „Gerechtigkeit ist das Fundament der Königreiche“. Nun ist die Republik Österreich bekanntlich kein Reich und schon gar kein Königreich, sondern ein Rumpfstaat von Siegers Gnaden. Und die Subjekte, die sich seiner bemächtigten, haben es auch – wie hier gezeigt wurde – nicht so mit der Gerechtigkeit.
Und die FPÖ? Die bereits erwähnte Stellungnahme von Prof. Guido Raimund und die vielen persönlichen Gespräche haben zumindest dazu geführt, dass man bei der nunmehrigen Gesetzesverschärfung nicht mitgestimmt hat. Die Freiheit wird jedoch erst sichtbar werden, wenn sich das NSDAP-Verbotsgesetz auf der Müllhalde der Geschichte wiederfindet. Das ist und war der Auftrag der FPÖ.
Quelle: www.unwiderstehlich.online