Syrien: Islamisten marschieren in Aleppo ein

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Islamistische Kämpfer der Gruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS) haben überraschend die Großstadt Aleppo eingenommen. Der Vormarsch der Islamisten hält offenbar an. Eine aktuelle Offensive richtet sich auf die zentrale Großstadt Hama. Der Zusammenbruch an der Front offenbart die Schwäche der syrischen Armee. Die Unterstützung durch die Verbündeten Syriens, bestehend aus Russland, Iran und Hisbollah hat aus verschiedenen Gründen nachgelassen. Eine Wende im syrischen Bürgerkrieg könnte zu einem Wiedererstarken des Islamismus und zu einem neuen Massenexodus in Richtung Europa beitragen.

 

Islamisten-Ausflug nach Aleppo

Seit nunmehr 14 Jahren hält der Dauerkrieg in Syrien nun schon an. Diverse globale Großmächte mischen im syrischen Spiel mit, um eigene geostrategische Interessen durchzusetzen: die Türkei, der Iran, Russland, die USA und Israel. Schätzungen zufolge haben bislang bereits mehr als 600.000 Menschen ihr Leben verloren, mehr als zwei Millionen Menschen wurden verletzt. In den vergangenen Jahren hatte sich die Lage in Syrien jedoch stabilisiert. Weite Teile des Landes waren unter Kontrolle der Regierung. Das Grenzgebiet zur Türkei wird von Rebellengruppen kontrolliert, die der Türkei nahe stehen und vom Terrorpaten Erdogan unterstützt werden. Im Nordosten verwalten Kurden ein großes Gebiet. Im Süden gibt es, rund um das Conoco-Gasfeld und die al-Omar-Ölfelder, eine amerikanisch kontrollierte Zone. Im Nordwesten, in der Region Idlib halten sich die letzten islamistischen Rebellengruppen, die eine der zentralen Akteure in dem Krieg darstellten. Seit 2020 gab es einen Waffenstillstand zwischen Assad-Truppen und den Islamisten. Ein brüchiger Waffenstillstand.

Hayat Tahrir al-Sham (HTS) hat sich dabei als eine vorherrschende Gruppe im internen Ringen der Islamisten durchgesetzt. HTS war früher unter dem Namen Jabhat al-Nusra oder Nusra-Front bekannt und gilt als syrischer Ableger der Terrormiliz Al-Quaida. Zwar hat die Gruppe offiziell mit Al-Quaida gebrochen, dennoch halten die Islamisten an deren geistigem Fundament und dem Dschihadismus fest. Selbst die Vereinigten Staaten von Amerika, die diverse Rebellengruppen in Syrien unterstützen, listen HTS als Terrormiliz.

Am 27. November brachen plötzlich Kämpfe zwischen HTS und Regierungstruppen aus. Die Islamisten bezeichneten die Offensive als „Abschreckung der Aggressionen“. Ziel sei es, auf verstärkte russische und syrische Luftangriffe auf die Region Idlib zu reagieren. Offenbar für alle Beteiligten überraschend entwickelte sich aus einer lokal begrenzten Operation eine weitreichende Offensive. Mit der Einnahme der Stadt Aleppo gelang den Islamisten ein Paukenschlag. Syrische Regierungstruppen hatten offenbar in großem Ausmaß desertiert oder die Flucht ergriffen. Obwohl offenbar nur wenige Tausend Kämpfer stark, gelang es den Islamisten, bis in eine der wichtigsten Städte des Landes vorzudringen. Bilder zeigten langbärtige Gotteskrieger vor der bekannten Zitadelle der Stadt. Mehr als 50.000 Zivilisten ergriffen die Flucht. In einer ersten Reaktion flogen russische und syrische Kampfflugzeuge Luftangriffe. Rund um den amerikanischen Stützpunkt at-Tanf versuchten diverse US-unterstützte Stammeskrieger ebenfalls ihr Glück und attackierten Regierungsstellungen.

Durch den Vormarsch beflügelt, rückten die Islamisten innerhalb weniger Tage weiter vor und näherten sich der Großstadt Hama. Hama ist ein strategisch wichtiges Zentrum sowohl für die Heereslogistik, wie auch aufgrund der Lage für diverse Militäreinrichtungen in dem Gebiet. Zudem hat die Stadt einen hohen symbolischen Stellenwert: Hier regten sich schon in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren islamistische Bestrebungen, die durch ein Massaker durch die Regierungstruppen beendet wurden. Über den weiteren Verlauf besteht aktuell Unklarheit. Laut Regierungsangaben ist eine Gegenoffensive im Gang, nach Angaben anderer Quellen rücken die Islamisten weiter vor.

Wie konnte es zu dem Zusammenbruch der syrischen Front kommen? Die Ursachen sind vielfältiger Natur. Die syrische Regierung hat offenbar ihre Position stark unterschätzt. Die Islamisten in Idlib werden subversiv von der Türkei unterstützt. In letzter Zeit hatte die Türkei ihre Unterstützung jedoch zurückgefahren. In Ankara hatte man zuletzt Signale der Aussöhnung in Richtung Damaskus gesendet. Millionen Syrer haben sich im Zuge des Krieges in die Türkei abgesetzt. Nun versucht man, die dort unerwünschten „Dauergäste“ wieder in ihre Heimat zurückzubringen. Dafür braucht es jedoch stabile Verhältnisse in Syrien. Die kann es schwerlich ohne die aktuelle Regierung geben. Doch die Regierung Assad ist auf die zarten Annäherungsversuche offenbar nicht eingegangen. Denkbar, dass die islamistische Offensive der türkischen Regierung als Denkzettel für Assad durchaus gelegen kam.

Viel wichtiger als die Rolle der Türkei ist jedoch das Ausbleiben der Unterstützung durch die Verbündeten Syriens. Die Hisbollah wurde durch die jüngste zionistische Aggression offenbar schwer getroffen. Russland ist durch seinen Angriffskrieg in der Ukraine stark gebunden. Eigene Bodentruppen opfert man für Syrien ungern, weswegen die Russen nur durch Luftschläge in die Kampfhandlungen eingreifen. Die Islamisten sind nicht nur zahlenmäßig eher schwach, sondern auch in ihrer Ausrüstung den Regierungstruppen unterlegen und verfügen über keine nennenswerte Luftabwehr. Im Iran ist man offenbar aktuell auch nicht gut auf die Syrer zu sprechen. Dort nimmt man der Assad-Regierung übel, weder im Gaza-Konflikt, noch im Libanon-Krieg zu Gunsten der anti-zionistischen Kämpfer interveniert zu haben. Nun offenbart sich, dass Syrien gar nicht die Kraft gehabt hätte, um den Zionisten wirklichen Widerstand entgegenzusetzen. Nach fast 14 Jahren Krieg ist Syrien ausgeblutet. Gute und idealistische Kämpfer sind in großer Zahl gefallen. Nur so lässt sich die offenbar niedrige Moral der syrischen Truppen erklären. Der Iran hat nun 200 Soldaten aus dem Irak über die syrische Grenze in Bewegung gesetzt, um die Regierungstruppen zu unterstützen.

Wie wird es nun weitergehen? Früher oder später dürfte der Vormarsch von HTS gestoppt werden. Abzuwarten bleibt, wie lange die syrischen Truppen brauchen werden, um das verloren gegangene Terrain zurückzuerobern. Aus europäischer und nationalrevolutionärer Sicht sollte man das Assad-Regime spätestens seit Anfang 2022 durchaus kritisch sehen. Die starke Unterstützung der syrischen Regierung für den Angriffskrieg Russlands gegen Europa lässt jegliche Sympathie für die Baath-Regierung zerbröckeln. Dennoch muss in geostrategischer Hinsicht festgehalten werden, dass ein neuerlicher Ausbruch des Chaos in Syrien auch für Europa negative Folgen hätte.

Syrien ist ein Land, in dem es verschiedene Stämme und Religionen gibt. Fundamentalistische Islamisten blicken unversöhnlich auf gemäßigte Sunniten, Schiiten, Alewiten, Christen und andere Kreise, die nicht in ihr Weltbild passen. Der syrische Staat unter Bashar al-Assad ist säkular. Fällt er, droht ein neues „Islamisches Kalifat“. Islamistischen Terroristen, von denen viele bekanntlich in Europa schlummern, würde das neuen Auftrieb geben. Die Hochzeit der Terrormiliz Daesh in Syrien (Islamischer Staat) war auch mit blutigsten Anschlägen in Europa verbunden. Gleichzeitig könnte eine neue Flüchtlingswelle losgelöst werden. Deren Ziel dürfte klar sein. Bei den herrschenden Machtverhältnissen in Deutschland und Europa ist klar, dass den Syrern auch diesmal keine Hürden in den Weg gelegt würden, um Landnahme auf unserem Kontinent zu betreiben.

1 Kommentar

  • Hier bei uns gibt es syrische Fahnenflüchtige, wie Kampfflieger, also Feiglinge, die ihre Heimat nicht verteidigen und lieber hier einen „Fetten“ machen und auf anderer Menschen Kosten sich aushalten lassen.
    Dann fahren die hier Autos mit Motiven der syrischen Landesgrenzen und ihre Liebe dazu rum.
    Schande!

    VoSo 05.12.2024
  • Ursprünglich war die Baath-Partei eine überstaatliche, kommunistische Bewegung. Deswegen auch die traditionelle Unterstützung durch Rußland. Auch der vormalige irakische Diktator gehörte ihr nominell an. Höhepunkt war die sogenannten Vereinte Arabische Republik (Ägpyten und Syrien) im 20. Jhdt.

    RW 04.12.2024

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