Nietzsche-Grab in Röcken wieder Kultstätte

Home/Kultur/Nietzsche-Grab in Röcken wieder Kultstätte

Wenn man nach den geistigen Ahnherrn des Nationalsozialismus fragt, so fällt als erstes der Name Friedrich Nietzsche. Als Nietzsches Schwester Elisabeth 1935 starb, bekamen sie und der 1900 verstorbene Bruder auf dem Friedhof in Röcken bei Leipzig zwei Marmorplatten mit goldener Inschrift. Röcken ist der Ort, wo Friedrich Nietzsche geboren wurde und sein Vater als Pfarrer tätig war. Am liebsten hätte Elisabeth ihren Bruder im Garten des „Nietzsche-Archivs“ in Weimar begraben, bekam dafür jedoch keine Genehmigung. So ruhen die beiden wichtigen Gestalten der Zeitgeschichte unter repräsentativen Steinen in einem abgelegenen Ort in Sachsen.

Neuerdings gibt es in dem alten, lange leerstehenden Pfarrhaus eine gelehrte Betriebsamkeit. Eine Doktorandin von der Universität Leipzig hat sich dort ein Zimmer gemietet und zur Studierstube eingerichtet. Hier soll künftig eine „Nietzsche-Bibliothek“ entstehen, und zur Leipziger Messe soll ein Kunsthistoriker einen Vortrag über Reisen zu Nietzsche-Gedenkstätten gehalten haben. Organisator ist der 30-köpfige „Nietzsche Verein Röcken“, welcher Verehrer des Philosophen an diese Stätte locken will. Die Mitglieder trafen sich schon zum Reinigen der Kirche und Pflege der Gräber. Die 350 Einwohner des Ortes freuen sich auf Touristen. Zumal im Garten auch Kaffee und Kuchen gereicht werden soll.

Friedrich Nietzsche hat sich in seinem Geburts- und Begräbnisort nur wenige Jahre aufgehalten. Als er fünf war, starb sein Vater, und die Restfamilie zog nach Naumburg zur Großmutter Erdmuthe. – Ein Gedenken dieses Philosophen ist in jedem Fall zu begrüßen, nur wird es auch an diesem Ort wieder auf eine Verharmlosung hinauslaufen. So formuliert die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ in ihrem Bericht zu Röcken: „Aus dem stolzen Unverstandenen“ habe man zwischen 1933 und 45 einen NS-Philosophen machen wollen. Sicherlich war Nietzsche kein NS-Philosoph wie Alfred Rosenberg oder Alfred Baeumler. Und richtig: Nietzsche war ein „stolzer Unverstandener“. Nur: warum war dieser Sprachvirtuose so unverstanden? Weil er die politische Korrektheit verabscheute. Da hätte der Verkünder des „Willens zur Macht“ besser in ein anderes Koordinatensystem gepaßt.

×

Schneller und einfacher Kontakt über WhatsApp - Einfach auf den unteren Button klicken!

 

Kontakt über Threema unter der ID:
Y87HKB2B

×