Hitlers Lieblingsmaler war er nicht, Glück gehabt. Doch die nationalsozialistischen Kunstgeschichtler erkannten in ihm das Nordische: „In der Kunst des Südens ist ein Caspar David Friedrich undenkbar“. Damit ist klar: der Maler gehört zu den Urgestalten des Deutschtums und muß – um heute konsumierbar zu sein – dringend umgedeutet werden. Besonders beliebt ist die Erfindung eines „Migrationshintergrundes“. Hat auch C.D. Friedrich neuerdings farbige Vorfahren? Nein, da läßt sich wohl nichts Entsprechendes konstruieren.
Dafür findet aber derzeit eine Restauration zweier berühmter Bilder statt. Der „Mönch am Meer“ ist schon fertig, von der „Abtei im Eichwald“ kann man erst ein vorläufiges Stadium besichtigen. Das genügt aber zu der frechen Behauptung, daß alles, was man früher über diese Bilder und über den Maler gesagt hatte, damit als Irrtum erwiesen sei. Die Auffassung von C.D. Friedrich als einem dunklen, tiefen, auch traurigen und unverstandenen, also typisch deutschen Künstler rührt angeblich nur von der „Firnis“ her, der entstellenden Schutzschicht über den Gemälden, und natürlich von dem nationalistischen Vorurteil der Betrachter.
Sicherlich sehen die Bilder nach der Restauration (Wiederherstellung) durch Fachleute an der Alten Nationalgalerie in Berlin besser aus und kommen dem Originalzustand von 1810 näher als das, was der Kunstfreund in den letzten Jahrzehnten gewohnt war. Die Bilder sind heller und farbiger, dagegen ist gar nichts zu sagen. Perfide ist allerdings die ideologische Deutung, die etwa in der „Süddeutschen Zeitung“ mit diesem Resultat verbunden wird: „Die jüngere Friedrich-Forschung hat sich verabschiedet von den dräuenden Deutungen über die schwere Symbolik von Eichen und Kreuzen.“ Die Gemälde „führen einen bereits modernen Farbenrausch vor, eine revolutionär anmutende Leichtigkeit. Sie sind sinnliche Zeugen für ein Lebensgefühl…“ Mit anderen Worten: Caspar David Friedrich ist ein Vorläufer des „Karneval der Kulturen“, der Berlin jährlich mit bunten Kostümen, viel nackter Haut und südlichen Rhythmen überzieht.
Ein Deutscher, der mit solchen Stimmungen nichts anfangen kann, der beiseite steht und an einsame Küsten und dunkle Wälder denkt, darf sich nicht mehr mit dem Maler aus Greifswald verwandt fühlen. Denn der ist unter dem Vorwand der Restauration von dem herrschenden Typus des Gutmenschen vereinnahmt und unschädlich gemacht worden. Solche Tricks sind gemeiner und oft wirkungsvoller als ein Verbot. – Empfohlen sei dagegen „C.D. Friedrich – Grenzen der Zeit“, ein Spielfilm über das Leben des Malers von Peter Schamoni (1985/86) mit wunderbaren Landschaftsaufnahmen aus Pommern und Rügen und einem nachdenklichen, schwermütigen und sehr deutschen Künstler.