Das Mindesthaltbarkeitsdatum soll nun ablaufen – so zumindest die aktuelle politische Debatte. Der Grund hierfür ist die bedauerliche Erfahrung, daß ein Gros der Konsumenten diese Angabe gefühlt als Verbrauchsdatum fehlinterpretiert und somit eine übermäßige Menge an nach wie vor genießbaren Lebensmitteln im ohnehin überhand nehmendem Müll landet. Für diese Lebensmittel waren dann der gesamte Energieverbrauch zur Produktion, für den Transport oder auch die Verpackung völlig ohne jeglichen vernünftigen Sinn und Zweck. Mag man hoffen, daß das Vorhaben einer Beschränkung auf die Angabe des Verfallsdatums einen Einfluß hin zu einem sorgsameren Umgang des Verbrauchers hat, doch gibt es Anlaß genug, die Hoffnungen diesbezüglich nicht allzu hoch zu hängen. Das Zeitfenster der Produkte im Lebensmittelhandel, die häufig sogar bereits vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums vernichtet werden, kann womöglich verlängert werden. Doch wie viele Lebensmittel gibt es, die bar jeglicher Mitteilung zu Mindesthaltbarkeit oder Verfall dennoch im Müll landen. Beispielsweise nicht mehr lupenrein frisch anmutendes Obst und Gemüse, aber auch Brot vom Vortag, das nicht mehr angeboten wird.
Diesbezüglich muß vielmehr darüber nachgedacht werden, systematisches Wegwerfen von genießbaren Lebensmitteln in Gänze zu untersagen. Frankreich wurde hier tätig, doch beabsichtigt die deutsche Bundesregierung nach wie vor kein irgendwie geartetes dem vergleichbares Wegwerfverbot einzuführen. Vielmehr schwadroniert CSU-Bundesernährungsminister Christian Schmidt über elektronische Chips mit Farbskala in Joghurtbechern… Als ob der Joghurtbecher damit weniger lang in der hintersten Kühlschrankecke stünde, nur weil der Elektroschrott mehr wird und man zur Feststellung der Haltbarkeit nicht mehr lesen können muß, sondern lediglich nicht farbenblind sein darf! Allein hieran zeigt sich, daß dort, wo die Politik versagt, der Appell an den Einzelnen umso wichtiger ist. Beim Begriffspaar „Umwelt & Aktiv“ steht das „Aktiv“ auch für bewußtes Handeln. Und bewußt werden muß man sich in erster Linie darüber, daß Lebensmittel keine Wegwerfmittel, sondern Mittel zum Leben sind und sich dies im Einkaufs- und Verzehrverhalten einer intelligenten Lebensform auch widerspiegeln sollte! Das heißt auch, seine häuslichen Lebensmittelvorräte sorgsam im Blick zu haben, bei Einkauf und Lagerung der Verderbnis vorzubeugen – und es ist zudem keineswegs verboten, sparsam zu sein, indem man gelegentlich bewußt nach dem Brot vom Vortag verlangt.
Quelle: Gerhard Keil / www.umweltundaktiv.de