Bei den Dänen in Kriegsgefangenschaft zu geraten, stellt man sich eher gemütlich vor. Dazu ein langer Strand an der dänischen Nordseeküste, traumhafte Ferienkulisse mit einem einzigen Bauernhaus und einem blonden Kind, das davor spielt. Was kann einem hier passieren?
Elf deutsche Jungen im Alter zwischen 15 und 18 sind unter einem dänischen Feldwebel an diesen Strand gebannt, der unsichtbar versteckt unter dem weißen Sand 45 000 scharfe Minen birgt. In drei Monaten sollen die Jungen sie finden, danach winkt die Freiheit. Die ganze Küste hinunter sind deutsche Kriegsgefangene eingesetzt, um die Minen zu entschärfen. Per Hand und Meter für Meter den Boden absuchend, immer in der Gefahr, daß eine Mine hochgeht.
Das ist die Ausgangssituation des dänischen Spielfilms „Unter dem Sand“ von Martin Zandvliet, der gerade in unseren Kinos läuft. Das Besondere liegt zunächst in der Darstellung der durchweg sympathischen Deutschen als Opfer nicht nur der Briten, sondern auch rachebesessener und aufgehetzter Dänen. So etwas hätte man – auch wenn diese Einsätze genau der historischen Realität entsprechen – vor zwanzig Jahren noch nicht zeigen können.
Das britische Oberkommando in Dänemark hatte sofort nach der Kapitulation etwa 2.000 deutsche Kriegsgefangene verpflichtet, die Minen der deutschen Wehrmacht zu räumen. Schätzungsweise 2,2 Millionen lagen an der Nordseeküste vergraben – mehr als an allen anderen europäischen Küsten zusammen, weil die deutsche Führung die Landung der Alliierten an dieser Stelle der Atlantikküste befürchtete und weniger in der Normandie. Dokumentiert ist die Entschärfung von 1,4 Millionen Land- und Seeminen allein in den ersten fünf Monaten nach Kriegsende. Erst 2012 wurden Dänemarks Küsten offiziell für minenfrei erklärt. Dennoch fand das dänische Militär unmittelbar vor den Dreharbeiten, als es den Strand, an dem gedreht wurde, zur Sicherheit noch einmal absuchte, einen weiteren alten Sprengsatz.
Noch wichtiger als das Historische ist die künstlerische und psychologische Qualität des Films. Mit sparsamen Mitteln und in voller Konzentration auf wenige Motive wird eine fast unerträgliche Spannung erzeugt und die dramatische Entwicklung vorgeführt. Der Feldwebel beginnt als Deutschenhasser und setzt sich zum Schluß für die vier Jungen, die überlebt haben, auf eigenes Risiko ein. Was die Jungen aushalten müssen, wenn ihre Kameraden der Reihe nach in die Luft fliegen und sie ihre Aufgabe trotzdem weiterführen müssen, spiegelt sich sehr glaubwürdig in den Gesichtern. Es kommt einem fast vor, als habe man bisher noch keinen Kriegsfilm gesehen, so frisch ist hier der Blick auf die äußerste „Grenzsituation“.
Filmverweis: http://www.unterdemsand.de
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