Ein Besuch in Syrien (Teil 2): Reisebeginn mit Kulturschock

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Am 23. Januar 2016 lud die „European Solidarity Front for Syria“ (ESFS) zu einem Vortrag in die bayerische Landeshauptstadt München. Zahlreiche Mitglieder der nationalrevolutionären Partei "Der III. Weg" kamen und lauschten den Worten über die Hintergründe des Krieges in Syrien und die aktuelle Lage vor Ort (siehe: Syrien – Zwischen Freiheit und Terrorismus). Für einen jungen Aktivisten unserer Partei sollte dies der Beginn für eine Reise sein. Zusammen mit der ESFS bereiste er das arabische Syrien und verschaffte sich dort mit eigenen Augen selbst einen Überblick. Hier nun der zweite Teil des Erlebnisberichts, welcher fortlaufend auf unserer Netzseite veröffentlicht wird.

Siehe hierzu auch:
Teil 1: Die Beweggründe

Am 30. April 2016 ging es nun für mich vom Flughafen München aus, über Istanbul-Sabiha Gökcen, nach Beirut. Schon der Flughafen im asiatischen Teil des ehemaligen Konstantinopel ist erst einmal eine Art Kulturschock, obwohl man ja bereits aus der Bundesrepublik Deutschland schon einiges gewohnt ist. Hier sind exotische Gruppen zuhauf anzutreffen: Araber in weißen Leinentüchern, Frauen mit Hijab vollverschleiert, Iraner, Männer in jesusähnlichen Gewändern, eine Reisegruppe aus Kirgisien und auch „westlich“ aussehende Menschen mit kleinen runden Käppchen, deren Reiseziel unschwer zu erraten ist. Definitiv jedenfalls nicht dahin, wo es für mich hingeht! Die Anspannung machte sich in mir bemerkbar – was steht mir da erst in Beirut bevor?

Die Türkei jedenfalls empfängt mich kühl bis offen ablehnend. Mit Verwunderung nehme ich zur Kenntnis, dass die Kontrolleure an den Passkontrollen mir ihren Stempel geradezu in meinen Reisepass hämmern und auch mein „Hello“ nicht erwidern. Nun erwarte ich natürlich auf dem Flug nach Beirut selbst ein absoluter Exot zu sein. Aber weit gefehlt: überraschend viele europäisch aussehende Menschen, westliche Kleidung, wenige Frauen mit Kopftuch. Die Ankunft in Beirut war dann erst um 03:00 nachts. Auch hier stand noch eine Passkontrolle bevor und es musste eine Art Einreiseformular ausgefüllt werden. Glücklicherweise hat auch mein Gepäck den Weg in die libanesische Kapitale gefunden und so kann es beginnen – mein Abenteuer fern der geliebten Heimat. Zum Glück ist auf die Kameraden des ESFS Verlass und so werde ich gleich in Empfang genommen.

Eine Reise nach Syrien kann natürlich nicht einfach so angetreten werden. Der Besuch darf höchstens eine Woche dauern und das Visum wird äußerst knapp ausgestellt. Dieses erhält man innerhalb der BRD in Berlin, in der syrischen Botschaft. Wir haben einen "Tour-Guide". Auch wenn sich eine Syrerin in unserer Reisegruppe befindet, ist es dennoch beruhigend und auch notwendig, jemanden der hier lebt, an unserer Seite zu wissen. Mohammed arbeitete vor dem Krieg als unabhängiger Reiseführer. Heute hat er natürlich selten Reisegruppen. Er kommt ursprünglich aus Damaskus und hat vor den Unruhen eigentlich ein ganz normales Leben geführt. Er hat geheiratet, zwei Kinder kamen aus der Ehe zur Welt und konnte sich auch ein kleines Haus in einem kleinen Ort bei Damaskus kaufen. Seiner Frau konnte er Geschenke machen und auch große Haushaltsgeräte wurden zur Erleichterung des Haushalts angeschafft. Ein ganz normales Leben also, welches vieler Menschen in Europa ähnelt. Doch dann änderte sich alles. Als eine Terroristen-Gruppe, die der von den westlichen Medien euphemistisch als „Freie Syrische Armee“ bezeichneten Gruppe zugehört, seinen Ort erobert, versagten diese ihm die Heimkehr in sein Haus. Er wurde aus seiner Wahlheimat vertrieben. Er ist Sunnit, also angehöriger der größten Religionsgruppe des Islams. Die zweite große Gruppe ist die Schia, welche überwiegend in Syrien und dem Iran anzutreffen ist, zum Teil auch im Irak.

Er schildert uns bewegend, wie er den Ausbruch der Krise erlebt hat: Er besuchte gerade ein Freitagsgebet in seiner Moschee, als ihm schon vor dem Eingang Fremde ins Auge fielen. Diese schienen, zumindest dem Aussehen nach, aus dem Osten Syriens zu kommen und wirkten auf ihn äußerst unheimlich. Als er daraufhin das Sicherheitspersonal ansprach und diese auf die befremdlichen Männer hinwies, äußerten diese ebenfalls ein Unwohlsein deswegen, konnten jedoch nichts unternehmen. So begann das Gebet und Mohammed fand sich in der Moschee ein. Der predigende Imam war eher liberal und sprach wie so oft vom Frieden. Doch unmittelbar nach dem Gebet passierte etwas Ungewöhnliches. Die auffallenden Männer standen auf, beleidigten und beschimpften unehrenhaft den Imam, welcher nur unter dem Schutz seiner Anhänger hinausgelangte. Kurze Zeit später wurde ein Anschlag auf den Imam verübt und er verstarb.

In seiner Tätigkeit als Reiseführer führte Mohammed oft auch Gruppen ins nördliche Syrien, nach Aleppo. Diese Stadt blieb lange vom Krieg verschont und so war Mohammed sehr irritiert, als auch hier Unruhen begannen. Die Stadt war einst sehr reich und vor allem für ihren prächtigen Suqs (arabischer Markt) bekannt. Doch quasi über Nacht standen Rebellen in der Stadt und forderten die Händler auf ihre Geschäfte liegen zu lassen. Die Märkte wurden geräumt und viele Menschen verloren ihr Hab und Gut. Heute ist Aleppo eine der meist umkämpftesten Städte in Syrien.

Ein von Rebellen geplünderter Tresor, welcher einem Ladeninhaber im Goldsouk gehörte.

Unsere Fahrt – wir sind eine Gruppe bestehend aus sieben Belgiern, eine Syrerin, einem Polen, unserem Fahrer, Mohammed und mir, beginnt in einem weißen Mitsubishi-Minibus durch dicht besiedelte Gebiete des Libanons. Bereits an der Grenze dann ein großer Schreck für einen Kameraden aus Flandern: Der Pass ist weg! Ohne den gibt es keine Einreise nach Syrien, ohne den kommt man schlecht wieder raus und die belgische Botschaft hat ja auch nicht alle Tage offen … Zum Glück taucht dieser zwischen zwei Sitzbezugsritzen wieder auf – erst einmal Aufatmen für alle Reiseteilnehmer. Dieses Malheur bescherrte den vorübergehenden Passverlierer jedoch noch tagelang freundschaftlichen Spott, zumindest zur Freude der übrigen Reisegruppe.

Die Grenzkontrollen ziehen sich jedoch auch so wie Gummi in die Länge. Wenn in Syrien eines funktioniert, dann ist es definitiv schon mal die Bürokratie. Nach geschlagenen eineinhalb Stunden dürfen wir endlich passieren. Neugierig beobachte ich die vorbeiziehenden Bilder und vergesse dabei die Müdigkeit nach einer schlaflosen Nacht. Als Erstes fällt mir am Blick durch das Fenster der Unterschied an den Straßenlaternen auf. Während diese im Libanon an beiden Straßenrändern zu finden waren, waren sie hier in Syrien in der Fahrbahnmitte angebracht. Auffallend sind auch die allgegenwärtigen Bilder von Präsident Baschar al-Assad. Doch diese werden schnell zur Gewohnheit, wie auch die ständig zu passierenden Militär-Checkpoints. Das Wetter hier ist mit etwa 20 Grad sehr angenehm, allerdings mit geringer Luftfeuchtigkeit.

In Damaskus angekommen, bleibt erst mal keine Zeit zum Umziehen oder gar zum Schlafen. Unser erster Termin steht auf dem Plan – ein Besuch der syrisch-orthodoxen Kirche Mariamit im christlichen Stadtteil Bab Touma. Als ob wir es geplant hätten, kamen wir gerade richtig zum Osterfest, welches die syrisch-orthodoxen Christen an diesem Tag feiern. Freundlich werden wir zum Fest eingeladen. Eine Ehre wird uns zuteil, als der Patriarch Johann X. von Antiochia uns anschließend trifft. Allgemein fällt uns in Damaskus zu unserem Erstaunen auf, dass hier wenig an Krieg erinnert. Insbesondere bei der Feier waren die Anwesenden feinst säuberlich herausgeputzt. Diese Bilder werden sich in den nächsten Tagen jedoch stark ändern.

Schon jetzt habe ich zahlreiche Eindrücke erlebt, über welche ich jedoch nur kurz nachdenken kann. Zu müde bin ich, als ich am ersten Reisetag ins Bett falle.

Mehr lesen Sie morgen im dritten Teil unserer einwöchigen Reihe „Ein Besuch in Syrien“.

 

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