Ein Besuch in Syrien (Teil 5): Eindrücke die fassungslos machen

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Am 23. Januar 2016 lud die „European Solidarity Front for Syria“ (ESFS) zu einem Vortrag in die bayerische Landeshauptstadt München. Zahlreiche Mitglieder der nationalrevolutionären Partei "Der III. Weg" kamen und lauschten den Worten über die Hintergründe des Krieges in Syrien und die aktuelle Lage vor Ort (siehe: Syrien – Zwischen Freiheit und Terrorismus). Für einen jungen Aktivisten unserer Partei sollte dies der Beginn für eine Reise sein. Zusammen mit der ESFS bereiste er das arabische Syrien und verschaffte sich dort mit eigenen Augen selbst einen Überblick. Hier nun der vierte Teil des Erlebnisberichts, welcher fortlaufend auf unserer Netzseite veröffentlicht wird.

Siehe hierzu auch:
Teil 1: Die Beweggründe
Teil 2: Reisebeginn mit Kulturschock
Teil 3: Zu Gast beim Informationsminister
Teil 4: Die „arabische Hölle

Frühmorgens brechen wir von der Hauptstadt Damaskus in Richtung Homs auf. Die zentrale Staatsstraße M5 hinauf geht es auch an Adra vorbei. Adra ist in unmittelbarer Nähe von Damaskus. Hier ereignete sich am 11. Dezember 2013 das Massaker von Adra. Die islamistische Terrormiliz Jaish-al-Islam eroberte die Stadt und führte Todeslisten mit sich. Darauf standen Angestellte des Staates, vorwiegend Alawiten, Drusen, Christen und Schiiten. Laut der syrischen Armee wurden hier mindestens 80 Menschen ermordet. Wie bestialisch dies vonstattenging, zeigt die Geschichte, wonach einige Arbeiter auf grausame Weise in einen Industrieofen geworfen und bei lebendigem Leib verbrannt wurden. Ende Dezember 2013 gelang es der Regierung, etwa 6.000 Menschen zu evakuieren. Im September 2014 konnte die Stadt von der Terrormiliz komplett befreit werden.

Homs: Ein Anblick des Krieges

Zügig geht unserer Fahrt nach Homs. Diese Stadt ist das absolute Kontrastprogramm zu Damaskus. Homs war eine der ersten syrischen Städte, in denen Unruhen ausbrachen. Schnell wurde es durch die Faruq-Brigaden erobert – eine Gruppe, die der sogenannten "Freien Syrischen Armee" zugerechnet wird. Als Anfang Dezember 2015 die letzten Viertel zurückerobert wurden, war der Terror dennoch nicht vorbei. Am 21. Februar 2016 verübte ISIS hier in alawitisch besiedelten Vierteln mehrere Selbstmordanschläge.

Erschreckende Bilder vom zerstörten Homs

Der erste Anblick von Homs ist bereits sehr verstörend. Völlig zerstörte Gebäude stehen im Stadtzentrum, die unschwer erahnen lassen, wie wirtschaftlich wichtig diese Stadt einst war. Hier besuchen wir zunächst den ehemaligen Gold-Souk. Dieser wurde von den Rebellen lange Zeit als Versteck genutzt, da man hier ungesehen von Gebäude zu Gebäude huschen kann und somit ein besonderer Schutz gegeben war. Aufgrund des historischen Wertes dieses Geländes wussten die Eindringlinge außerdem, dass ihr Lager nicht von der Regierung bombardiert werden würde.

Ein erschreckendes Bild: Wir kriegen Keller gezeigt, in denen Gefangene von der Miliz gefoltert wurden. Einschüchternd sehen wir dort Ketten, an welchen die Gequälten einst gefesselt waren. Wir sehen völlig ausgeraubte Läden und aufgebrochene Tresore. Die angeblichen Freiheitskämpfer hatten gestohlen, was sie stehlen konnten. Viele Händler verloren hier alles. Wir besichtigen auch eine zerstörte Moschee, in der die Rebellen gehaust haben.

Unfassbar: hier wurden Gefangene angekettet und gefolter

Mühselige Aufbauarbeiten in einem verbrannten Gebiet

Nachdem ein friedlicher Abzug ausgehandelt wurde, konnten die verschanzten Rebellen Ende 2015 abziehen. Sie wendeten jedoch die Taktik der "verbrannte Erde" an und zerstörten das Gebiet fast vollständig. Aufbauarbeiten sind deshalb extrem erschwert. Dennoch können wir bereits erste Arbeiter sehen, welche die Geschäfte wieder sanieren. Mit Erfolg: In der verlassen scheinenden Markthalle haben bereits die ersten Geschäfte wieder eröffnet. So gehen wir in eine kleine Schokoladenmanufaktur. Ihr Besitzer führt den Laden bereits in der vierten Generation. Mit Hilfe von Spenden aus dem privaten Umfeld konnte er sein Geschäft wieder eröffnen. Wir kaufen selbstverständlich dort ein. Nicht nur, um etwas für die Lieben mit nach Hause mitzubringen, sondern auch um die lokale Wirtschaft etwas im Wiederaufbau zu unterstützen. Leider kann sich nicht jeder ehemalige Geschäftsinhaber die Neueröffnung leisten und so kommt die Wirtschaft nur langsam wieder in Schwung.

Eine wiedereröffnete Schokoladenfraktur in Homs

Weiter geht es zur stark umkämpften Chalid-ibn-al-Walid-Moschee. Auch hier sehen wir erste ausgeführte Reparaturarbeiten, allerdings befindet sich diese im wohl am meist zerstörtesten Viertel. Ein gespenstischer Anblick: Ruinen, wohin man blickt, keine Menschenseele ist zu sehen und der Wind pfeift wie in einem schlechten Western durch die einst belebten Straßen. Wir sehen explodierte Autos, eine ehemalige Schule mit einem Sportplatz, in dem das Gras bereits alles überwuchert. Ein paar Straßenschilder stehen noch, aber von den Bewohnern dieser Straßen bleibt nur noch ein Hauch einer Ahnung. Eindrücke, die nachdenklich machen! Eindrücke, die fassungslos machen!

Ein explodiertes Auto zeugt von dem Terror, der hier stattfand

Die stark umkämpfte und zerstörte Chalid-ibn-al-Walid-Moschee

Besichtigung der „Schule der Märtyrer“

Auf dem Plan steht nun die sogenannte Schule der Märtyrer in einem weiteren Stadtteil von Homs. Hier sprengten sich Al-Nusra Terroristen in die Luft und rissen damit 40 Menschen in den Tod, überwiegend Kinder. Es gab über 300 Verletzte. Ein freundlicher Nachtwächter der Schule gewährt uns Einlass auf das Gelände. Wir sehen eine sehr schöne und grüne Schule und haben zudem Glück: Der Nachtwächter ruft extra die Direktorin an, welche mit ihrem Mann kommt und uns voller Stolz durch die Schule führt. Auch eine Mutter, die dort als Lehrerin arbeitet, kommt mit ihren beiden Kindern vorbei.

Wir wollen wissen, wie die Kinder mit den traumatischen Ereignissen umgehen. Sie zeigt uns viele erschaffene Kunstwerke im Gebäude. Die Kinder haben aus Trümmerteilen neue Dinge gebastelt. Auch eine politische Note haben viele Kunstwerke, welche satirisch die Türkei, USA und Israel als Hauptverursacher anprangern. Die Zahl der Schüler ist mittlerweile wieder stark angestiegen und liegt derzeit bei etwa 1.600 Mädchen und Jungen.

Kritische Kunstwerke der Schüler

Nach einem Kaffee im Sekretariat und einem Gruppenfoto verlassen wir Homs und fahren zu unserem Nachtquartier ins christliche Tal. Die Region ist sehr grün und im Gegensatz zu Damaskus mit einer reichen Flora & Fauna gesegnet. So recht will ich aber nicht einschlafen, zu stark kreisen meine Gedanken über die bitteren Eindrücke des Tages. Ein Anschlag auf eine Schule: Wie feige müssen diese Rebellen eigentlich sein!

Es blieb noch Zeit für ein Gruppenfoto vor der „Märtyrer-Schule“

Mehr lesen Sie morgen im sechsten Teil unserer einwöchigen Reihe „Ein Besuch in Syrien“.
 

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