Von Untergang und Unterwerfung – Oswald-Spengler-Preis erstmals verliehen

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Von der Öffentlichkeit und auch rechten Medien weitgehend unbemerkt wurde bereits Ende Oktober zum ersten Mal der Oswald-Spengler-Preis von der jüngst gegründeten Oswald-Spengler-Gesellschaft verliehen.

Vor 100 Jahren war Spenglers epochales Werk „Der Untergang des Abendlandes“ erschienen, dessen Titel längst zum geflügelten Wort geworden ist und angesichts des andauernden Niedergangs der weißen Völker nichts an Aktualität eingebüßt hat.

Auch wenn sich Spengler in späteren Werken von einigen Aussagen seiner „Morphologie der Weltgeschichte“ teilweise distanziert hat, zeugt das Werk von einer nahezu prophetischen Gabe. Nach Ende des ersten Weltkriegs standen die weißen Völker auf dem Zenit ihrer Macht. Trotz der Millionen Toten konnten Großbritannien und Frankreich ihren Kolonialbesitz weiter vergrößern und die USA waren auf ihrem, bereits 1898 begonnenen Weg zur dominierenden Weltmacht, ein deutliches Stück nähergekommen. Kaum ein Flecken Erde, über den nicht eine der weißen Mächte herrschte.

Vor diesem Hintergrund mahnte Spengler, dass Geschichte kein kontinuierlicher und zwingend notwendiger Fortschritt der Menschheitsgeschichte zu einem magischen Endzustand ist, sondern dass Völker und Kulturen auch verschwinden können bzw. in der Spenglerschen Diktion zwingend dem Untergang geweiht sind, wenn sie ihr Endstadium erreicht haben. Die Weltgeschichte wird so zum zyklischen Prozess und Aufstieg und Niedergang. Hieran angelehnt wagte er zum ersten Mal den Versuch, Geschichte vorherzusagen und es sei gerade das Abendland, das trotz seiner zeitgenössischen Machtentfaltung seinem Schicksal des Untergangs auf Dauer nicht entkommen könne.

Spenglers Blick ist dabei der des abstrakten Betrachters. Das Abendland hat für ihn keinen Wert an sich: Sein Absterben werde eben durch etwas anderes ersetzt, das sei der ganz normale Weg der Geschichte. Hierin liegt für rechte Kreise, die sein Denken rezipieren wollen, eine gewisse Gefahr. Wenn man in seiner eigenen Kultur nicht mehr das Absolute sehen kann, wenn man seine Werte nicht für überlegen oder zumindest unentbehrlich hält, dann kann man das Eigene nicht mehr mit voller Überzeugung und ganzer Kraft vertreten.

In „Jahre der Entscheidung“ aus dem Jahr 1932 wird Spengler noch deutlicher. Europa trete ins Zeitalter der Weltkriege ein, mit dem die Entwicklung seiner Kultur unwiderruflich schließen werde, es habe aufgehört, politisch-militärischer Weltmittelpunkt zu sein. Nahezu prophetisch muten seine Aussagen zu den kommenden Kämpfen der Großmächte um die Weltherrschaft und dem daraus resultierenden Niedergang Europas auf allen Gebieten an. Frankreich und England zeichneten sich zunehmend durch eine innere Schwäche aus, vor allem England steige von seinem Rang als Weltmacht ab.

Wir stehen vielleicht schon dicht vor dem zweiten Weltkrieg mit unbekannter Verteilung der Mächte und nicht vorauszusehenden – militärischen, wirtschaftlichen, revolutionären – Mitteln und Zielen.

Russland beginne, sich von der westlichen Pseudomorphose zu befreien. Auf der anderen Seite des Globus stellen die USA für Spengler eine aufstrebende Macht dar.

Gleichzeitig sieht er die Heraufkunft eines neuen Selbstbewusstseins bei den „Farbigen“ (Dritte Welt), die nicht länger die Vorherrschaft der Weißen ertragen wollen. Die elementare Fruchtbarkeit der nicht-weißen Völker überflügle längst den Geburtenstand der Europäer. Westliche Dekadenz drücke den Kinderwunsch auf ein unerträgliches Maß herab. Der Verfall der weißen Familie sei in vollem Gange, wodurch das Abendland seine Zukunft verspiele. Noch beängstigender ist für Spengler die rassische Aufrüstung ehemals faustischer Völker wie der Franzosen durch Millionen Schwarzafrikaner – womit die Geschichte des 20. Jahrhunderts und die absehbaren Entwicklungen des 21. Jahrhunderts bereits 1932 skizziert wurden.

Höchste Zeit also, Spenglers Werk dem Dornröschenschlaf zu entreißen. Umso mehr Dank gilt dem Wirtschaftswissenschaftler Max Otte („Der Crash kommt“) für die Stiftung des Preises.

Erster Preisträger ist der französische Schriftsteller Michel Houellebecq, der vor allem durch Romane bekannt geworden ist, die sich mit den kulturellen Auflösungserscheinungen moderner Gesellschaften beschäftigen. Vor allem der 2016 erschiene Roman „Unterwerfung“ beschreibt exemplarisch am Werdegang der Hauptfigur den – noch fiktiven – Untergang des europäischen Frankreichs und seine Transformation in eine islamisch dominierte Gesellschaft. Ähnlich wie in der Spenglerschen Vision erfolgt die Auflösung des Bisherigen weniger durch die islamische Aggression als vielmehr durch die geistige Leere und Dekadenz der sogenannten westlichen Welt, die mangels einer „großen Erzählung“ keine ausreichende Widerstandskraft mehr aufbringen kann.

Wo es keinen überzeugenden Grund für die Verteidigung des Eigenen mehr gibt, fällt die Unterwerfung leicht.

In der Eröffnungsrede erläuterte zunächst der Althistoriker David Engels die Berührungspunkte zwischen dem Geschichtsphilosophen und dem Romancier. Die Gemeinsamkeiten in der Beschreibung von Untergangsszenarien seien teilweise erstaunlich: Die zerstörerischen Auswirkungen von Individualismus, Materialismus und Kapitalismus, die Konsumgesellschaft als letzte Stufe eines Verfallsprozesses, die den Einzug der Demagogie im Verhältnis zwischen Masse und Politik herbeiführt und schließlich die Abwesenheit eines allgemein verbindlichen Wertesystems, die einen Prozess der Selbstzerstörung einleitet. Vor allem die Unausweichlichkeit dieses Prozesses scheine Spengler und Houellebecq zu einen.

In seiner Dankesrede sieht Houellebecq den Niedergang Europas auch als Folge seiner Abwendung vom Christentum. Historische Vorbilder würden jedoch Anlass zur Hoffnung geben, dass auf dem Höhepunkt der Krise die Möglichkeit einer religiösen Erneuerung Europas aus dem Geist des Christentums bestehe – eine Sichtweise, die man so nicht unbedingt teilen muss. Treffender wäre als Ursache die Abwendung von jeglicher Religion oder Weltanschauung, die der Vergötzung des Individuums Einhalt gebietet.

Houllebecq zufolge begehe Europa gegenwärtig zusammen mit dem Rest der weißen Welt einen kulturellen Selbstmord:

„Ich würde sogar sagen, dass der Begriff „Niedergang“ (…) noch zu sanft ist. Die westliche Welt in ihrer Gesamtheit bringt sich um, soviel ist sicher, und übrigens werden meine Bücher auf genau dieselbe Weise in der Gesamtheit der westlichen Welt verstanden.“

In dieser Hinsicht knüpft der Autor an das Denken des Soziologen Auguste Comte an, der die Religion als den entscheidenden Faktor zur Erklärung historischer und gesellschaftlicher Entwicklungen betrachtet.

Die Entwicklungen etwa innerhalb des Islam in den vergangenen Jahrzehnten würden jedoch zeigen, dass kulturelle und gesellschaftliche Krisen mit einem raschen und unerwarteten Erstarken religiöser Erneuerungsbewegungen verbunden sein könnten.

Noch vor wenigen Jahrzehnten sei auch der islamische Kulturraum von Säkularisierung und kultureller Auflösung geprägt gewesen.

„Wer kann allen Ernstes behaupten: „Was mit dem Islam geschehen ist, kann keinesfalls mit dem Christentum geschehen?“ Bescheidenheit scheint mir in solchen Fragen unumgänglich. Ein echter Katholik würde (…) sagen: „Gott wird vorsehen. Im letzten Moment wird Gott Heilige für uns hervorbringen.“

Im November 2017 hatte Houellebecq von katholischen Akteuren ausgehende Ansätze kultureller Erneuerung in Frankreich beschrieben.

„Es gibt eine bemerkenswerte Wiederkehr des Katholizismus in Frankreich. Die Demonstrationen gegen die Ehe für alle und das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare haben die Politik durch ihre Massenmobilisierung überrascht. Niemand hätte derlei für möglich gehalten. Das war wie eine unterirdische Strömung, die plötzlich zutage trat. Für mich einer der interessantesten Momente in der jüngsten Geschichte.“

Problematisch sei vor allem der Untergang der einzelnen Nationen. Sie würden von der Europäischen Union für ein inhaltsloses Konstrukt geopfert:

Innerhalb der westlichen Welt hat Europa eine besondere Form des Selbstmords ausgewählt, welche beinhaltet, die Nationen, die sie ausmachen, zu ermorden. Der Schuldige? Die Europäische Union.”

Dennoch sei eine Spur von Optimismus angebracht. Die Weltgeschichte sei anderen Gesetzmäßigkeiten unterworfen als den Regeln der Vernunft. Der Mensch reagiere auf historische Krisen vor allem mit trotziger Hoffnung. Zu keiner Zeit, so Houellebecq, pflanzten sich die Menschen so wenig fort wie in Zeiten der Zufriedenheit. Der gegenwärtige Mangel an Optimismus verleite die Europäer ja vielleicht gerade dazu, „Kinder zu machen, wie man ein letztes Mal die Würfel fallen lässt, wie man eine letzte Karte ausspielt, während man eigentlich überzeugt ist, das Spiel verloren zu haben“.

Und Spengler? Auch er sah noch Hoffnung. Zwar sei der Fortbestand Europas in seiner bisherigen Form ausgeschlossen. Wie sich jedoch das Schicksal des Abendlandes erfüllen werde, stehe nicht in allen Einzelheiten fest. Jedenfalls lasse sich der physische Untergang durch die Schaffung eines neuen Reiches analog dem römischen zumindest verzögern. Trotz aller Verfallserscheinungen bestehe noch die Hoffnung auf eine Aktivierung des europäischen Ur-Impulses, vor allem in den derzeit verschütteten „Wikingerseelen“ der Bevölkerung West- und Nordeuropas.

Gerade in der germanischen Rasse, der willensstärksten, die es je gegeben hat, schlafen noch große Möglichkeiten.“

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