Die Bundesregierung und Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) haben angekündigt, bis 2030 diese Menge halbieren zu wollen. Hierzu wurde bereits im Februar die Kampagne „Zu gut für die Tonne“ ins Leben gerufen. Auf deren Internetseite wird unter anderem darüber informiert, wie man Lebensmittel richtig lagert und Reste verwerten kann. Zudem werden Unternehmen vorgestellt, die vermeintlichen Ausschuss weiterverarbeiten, so wie ein Bistro am Frankfurter Flughafen, das aus Backwaren-Retouren Brot-Pommes herstellt und erfolgreich verkauft. Anderen reichen freiwillige und informative Maßnahmen nicht und wollen den Handel mit entsprechenden Gesetzen in die Pflicht nehmen.
So sollen Supermärkte beispielsweise dazu verpflichtet werden, Lebensmittel, die sie ansonsten wegwerfen würden, die aber noch genießbar sind, kostenlos abzugeben. Auch die Möglichkeiten des Informationszeitalters sollen ausgeschöpft werden. Konkret soll hierzu eine App entwickelt werden, mit der Unternehmen ihre Lebensmittelreste direkt an Tafeln vermitteln können.
Während man bei in der BRD schon länger über Derartiges redet und doch Containern noch immer illegal ist, hat man in Tschechien schon Nägel mit Köpfen gemacht. Per Gesetz sind dort seit einiger Zeit Supermärkte verpflichtet, Lebensmittel, die gesundheitlich unbedenklich sind, aber nicht mehr verkauft werden, kostenlos an Hilfsorganisationen abzugeben. Eine in Prag ansässige Lebensmittelbank sammelt so jeden Tag rund 10 Tonnen Lebensmittel ein, die sie dann weiter an Suppenküchen, Obdachlosenhilfen und andere wohltätige Organisationen verteilt. 150 Hilfsorganisationen und über diese 22.000 Bedürftige werden so durch die Lebensmittelbank in Prag und Umgebung versorgt. Laut einer Sprecherin habe sich durch das Gesetz nicht nur die Menge der Lebensmittel erhöht, die nun Menschen in Not zugutekommen, sondern auch das Sortiment verbreitert, das man diesen bieten könne.
Auch wenn ein ähnliches Gesetz in Deutschland durchaus sinnvoll wäre, dürfen nicht nur die Supermärkte allein in die Verantwortung genommen werden. Ohnehin verkaufen beispielsweise REWE und PENNY 99 Prozent ihrer Lebensmittel im Markt und spenden das, was übrig bleibt, auch schon vielerorts an Tafeln, da dies auch steuerliche Anreize bietet. Supermärkte sind in dieser Hinsicht daher besser, als ihr Ruf es vermuten lässt, weshalb die Produktionskette vor den Märkten und natürlich der Endverbraucher in den Fokus rücken.
Erstere mag man noch mit wirtschaftlichen Anreizen dazu bewegen können, ihre Verschwendung zu reduzieren, indem sie beispielsweise zweit- und drittklassige Rohware nicht wegzuwerfen und stattdessen in günstigere Produkte zu verarbeiten. Doch beim Endverbraucher wird klar, dass es nicht reicht, an ein paar Stellschrauben zu drehen oder andere Wirtschaftsverhältnisse herzustellen. Die Verhältnisse in den Köpfen müssen sich ändern. Der Kapitalismus muss im Geistigen überwunden werden, denn er ist es, der vom Produzenten über die Märkte bis zum Endkunden, Lebensmittel zu einer Ware wie jede andere degradiert hat. Der in der Lebensgrundlage eines Volkes nichts anderes sieht als ein weiteres Produkt, mit dem man Geld verdienen kann, das scheinbar endlos vorhanden ist und das man nach Belieben in die Tonne wirft, wenn damit kein Geld zu machen ist oder man seiner überdrüssig wird.
Diesen Exzess der modernen Wegwerfgesellschaft zu bekämpfen, ist zudem mehr als nur ein moralisches oder ästhetisches Anliegen, und erst recht keins, das linken Ökos vorbehalten ist. Bedenkt man, wie sehr durch die Lebensmittelverschwendung die Umwelt unserer Heimat in Mitleidenschaft gezogen wird und vor allem, wie diese unsere ohnehin schon beträchtliche Abhängigkeit von ausländischen Importen weiter verschärft, wird klar, dass es sich bei diesem Thema um eines beträchtlicher nationaler Bedeutung handelt.
Auch wieder „der Verbraucher ist Schuld“. Ist er das wirklich?
Wer sortiert denn nicht korrekt gebogene Gurken aus, zu kleine Kartoffeln? Warum haben Bäcker 10 Minuten vor Ladenschluss noch volle Regale? Warum erhält selbst Mineralwasser ein MHD? Nicht zu vergessen, wer vom Supermarkt weggeworfene Lebensmittel aus dem Conntainer fischt, gilt hierzulande als Straftäter.
Die größte „Lebensmittelverschwendung“ aber sind Biogas und Biosprit! Angeblich entfallen darauf 20% der deutschen Ackerflächen. Ganz zu schweigen vom Abholzen und Abfackeln der viel zitierten Regenwälder in Südamerika und Asien für diesen ökologischen Unsinn.
Wenn die Bande mit scheinbar guten Ideen und Vorhaben kommt
ist besondere Vorsicht geboten.
Vielleicht gibt der Fernseher der Julia ja die Antwort.