Die große Freitags-Rabattschlacht ist vorbei und hat die unangefochtene Marktführerschaft des reichsten Mannes der Welt erneut unter Beweis gestellt. Amazon ist dabei kein Einzelfall: Coca-Cola, Facebook, YouTube, Google, McDonald`s u.v.m. – in der globalisierten Einheitswelt kann es nur einen an der Spitze der einzelnen Marktsegmente geben. Die Konkurrenz darf zwar noch formal mitspielen, soweit sie von den Monopolisten nicht längst aufgekauft wurde, muss sich aber mit den Krümeln des Kuchens begnügen. Monopolkapitalismus nannte Karl Marx diese Phase des Wirtschaftslebens, in der Oligarchen und Großkonzerne in den Schlüsselindustrien eine marktbeherrschende Stellung einnehmen – die richtige Analyse bei falschem Lösungsansatz.
Geld ist Macht
Jeff Bezos, Bill Gates, Mark Zuckerberg, Elon Musk, George Soros – eine Handvoll Superreicher hat inzwischen mehr Macht als die meisten Nationalstaaten und macht davon reichlich Gebrauch. Als Ausdruck liberalistischer Freiheit natürlich ohne jedwede Kontrolle. Dem Verbraucher ist es egal, solange er kritiklos konsumiert und scheinbar profitiert.
Doch wer aus der Reihe tanzt, bekommt zu spüren, welche Macht „Big Tech“ inzwischen hat, bis hin zur sozialen Vernichtung. YouTube-Kanäle und Facebook-Seiten werden gelöscht, Dissidenten von PayPal und crowd-funding Plattformen ferngehalten und auch Amazon verbannt mißliebige Verlage und Autoren von seinem virtuellen Marktplatz, was in der vernetzten Welt den wirtschaftlichen und sozialen Tod bedeuten kann. Denn wen oder was die Monopole aussortieren, existiert nicht mehr.
Eine Übertreibung? – Mitnichten. Laut GfK beträgt der jährliche Umsatz auf dem deutschen Buchmarkt rund vier Milliarden Euro mit gedruckten und elektronischen Büchern, davon entfallen allein auf Amazon 1,6 Milliarden Euro – damit hat der US-Riese rund ein Drittel des deutschen Buchmarktes in seiner Hand. Vor allem kleinere und mittelständische Verlage, die über keine eigenen Netzläden verfügen, vertreiben ihre Werke über Amazon – und müssen dafür Rabatte von bis zu 65 Prozent akzeptieren.
Der Buchmarkt ist kein Einzelfall. Im gesamten Onlinehandel in Deutschland entfällt fast die Hälfte der Umsätze auf Amazon. Dabei steht die Entwicklung erst am Anfang, doch zeichnet sich ab, wohin die Reise geht.
Versuchen Händler, der Marktmacht über eigene Webseiten zu entgehen, gibt es Schwierigkeiten mit der Sichtbarkeit, denn hinter den Ergebnissen der großen Suchmaschinen stecken häufig aufwändige Algorithmen, die nach Erfolg und Größe des Unternehmens sortieren.
Mit Strategie zum Monopolisten
Amazons Weg zur unanfechtbaren Nummer eins folgt einer mehrstufigen Strategie in Form von Firmenübernahmen und sozialer Kontrolle.
Die 1996 im Umfeld der Harvard Business School und dem Massachusetts Institute of Technology gegründete Firma PlanetAll war das erste soziale Netzwerk der Welt. Amazon kaufte die Firma und stellte den Dienst schon zwei Jahre nach der Übernahme ein, nachdem wichtige Funktionen des Start-ups in Amazon übernommen waren. Im Jahr 1998 kaufte Amazon Telebuch, den bis dahin führenden deutschen Onlinehändler für Bücher. Aus Telebuch.de wurde Amazon.de – und ein potenzieller Konkurrent verschwand von der Bildfläche.
Auch der Kauf von Kiva Systems fällt in das skizzierte Beuteschema. Seit der Übernahme des Spezialisten für automatisierte Logistik werden die dort entwickelten Technologien ausschließlich von Amazon genutzt und stehen Konkurrenten nicht mehr zur Verfügung. Ähnlich sieht es bei den digitalen Angeboten aus: Vier der fünf wichtigsten Produkte von Amazon lassen sich inzwischen auch digital innerhalb von Sekunden nach der Bestellung ausliefern: Musik, Videos, Software und Bücher – dank der Übernahme von wichtigen Firmen auf diesem Gebiet wie BookSurge, Audible und LoveFilm.
Zuckerbrot und Peitsche
Neben dem Ausbau der Marktherrschaft auf vielen Gebieten betreibt Amazon einen hohen Aufwand, um Mitarbeiter, Vertragspartner, Gewerkschafter und soziale Bewegungen zu überwachen. Sogar Diebe, Drogendealer und Umweltschützer können ins Visier des Konzerns geraten, selbst wenn sie gar nichts mit Amazon zu tun haben. Zu diesem Zweck gibt es bei Amazon die Abteilung „Global Security Operations“, mit der Aufgabe, taktische und strategische nachrichtendienstliche Produkte für die Führungsetage bereitzustellen.
Um auf dem Laufenden zu bleiben, sollen die „Analysten“ ständige Beziehungen zu Experten aufbauen, um Informationen über „Hass schürende Gruppen“, Initiativen für juristische Reformen, geopolitische Themen, Terrorismus, Rechtsdurchsetzung und gewerkschaftliche Organisation zu sammeln. Laut der US-Netzseite Motherboard, der interne Berichte zugespielt worden waren, verzeichnet Amazon nicht nur öffentliche Aktionen, vom Verteilen von Flugblättern bis zum Streik, genau mit Zeitpunkt, Ort, und Zahl der Teilnehmer, sondern auch nicht-öffentliche Treffen von Arbeitnehmern mit Gewerkschaftern.
Wichtige Informationsquelle sind zudem Äußerungen in Sozialen Netzwerken, sei es von Mitarbeitern oder Außenstehenden. Dabei bedient sich Amazon der Dienstleistungen Dritter, die sich Zutritt zu geschlossenen Foren verschaffen. Daneben können auch Händler überwacht werden, um sie zu besserer „Performance“ anzuhalten. Mit diesen sollen die „Analysten“ regelmäßig Kontakt aufnehmen und ihnen deutlich machen, was Amazon von ihnen erwartet und dass gegebenenfalls Maßnahmen eingeleitet werden. Laut Amazon geschieht das alles legal und mit Wissen der örtlichen Behörden.
Auf dem Weg zur totalen Kontrolle?
Ein weiteres Problem stellt der Umstand dar, dass Amazon sowohl Händler, als auch Anbieter einer Händler-Plattform ist. Immer wieder tauchen Gerüchte auf, dass der Online-Händler Amazon die Verkaufsdaten einzelner Produkte von Marketplace-Händlern dazu verwendet, um erfolgreiche Konkurrenzprodukte unter eigenem Namen zu entwickeln. Ein solches Geschäftsgebaren ist eigentlich von Amazon selbst untersagt, soll aber nach Berichten des Wall Street Journal von Amazon-Führungskräften selbst angewandt worden sein.
Übernahme, Verdrängung, Kontrolle – die schöne neue Welt globaler Monopolisten lässt hinter dem schönen Schein immer größer werdende Schattenseiten erahnen.
Wir lassen uns nicht mehr verarschen!
Würde Amazon auch nur spitzkriegen, dass ich mich HIER äußere, bin ich meinen Job los – so einfach läuft das.