Stimmen der Kurve: Die Lage bei Eintracht Braunschweig

Home/Kultur, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft/Stimmen der Kurve: Die Lage bei Eintracht Braunschweig

Heute im Gespräch mit Robert und Stefan vom Braunschweiger Turn- und Sportverein Eintracht von 1895 e. V., besser bekannt als Eintracht Braunschweig.

Der III. Weg: Hallo, magst du eingangs kurz ein paar Worte zu dir sagen und wie lange du bereits zum Fußball fährst?

Robert: Sport Frei! in die Runde. Ich bin 29 Jahre jung und bin mit 16 Jahren zum ersten Mal mit Fußball in Berührung gekommen.
Stefan: Hallo zurück und vielen Dank für das Interview. Ich fahre seit circa 25 Jahren zum Fußball und kann sicherlich schon aus ganz reichhaltigem Erfahrungsschatz schöpfen. Ich gehöre der Hoolfraktion an.


Der III. Weg:
Was hältst du davon, dass mit “Türkgücü München” nun ein türkischer Verein im Profifußball angekommen ist?

Robert: Wenn man die Entwicklung des Fußballs über die Jahre beobachtet hat, ist dies in unterklassigen Ligen ja kein neues Phänomen. Durch die Kommerzialisierung des Fußballs war es nur eine Frage der Zeit, dass auch solche Vereine die Chance ergreifen, sich im Profifußball zu etablieren.
Stefan: Nun ja, es ist ja nicht der erste Verein der etwas höherklassiger spielt, in Berlin gab es ja auch schon Türkiyemspor, die es bis in die Regionalliga geschafft hatten. Allgemein sieht man aber daran, wie die Gesellschaft im Wandel ist und in welche Richtung diese Entwicklung (soll).

 

Der III. Weg: Wie sieht es in der Fanszene eures Vereins vor Ort aus? Ist das ein Thema?

Robert: Es wäre schwierig zu beantworten, da ich nicht für eine ganze Fanszene sprechen kann.

 

Der III. Weg: Unsere nächste Frage wäre, wie ist die Fanszene des Eintracht Braunschweig politisch aufgestellt oder spielt Politik gar keine Rolle in der Fankurve?

Robert: Die Fanszene ist politisch sehr neutral, da hier niemand Politik ins Stadion bringt. Ich selbst kann das nur befürworten.
Stefan: Die erlebnisorientierte Szene ist sicherlich politisch eher deutsch eingestellt. Die sogenannten Ultras verhalten sich unpolitisch bis leicht links orientiert. Man kann sagen, dass dies in Braunschweig kein anderes Gefüge hat wie in den meisten anderen Großstädten. Dies hat vermutlich auch etwas mit der Lebenseinstellung zu tun. Das kämpferische, heroische passt eher zu den Hools, anstatt zu den Ultras, die auch ihre Daseinsberechtigung haben.

 

Der III. Weg: Um nochmal näher auf den politischen Aspekt einzugehen, linke Ultras erobern sich immer mehr Raum in den jeweiligen Fanszenen und geben bei vielen Vereinen den Ton an. Ist das bei euch in Braunschweig auch so?

Robert: Eintracht Braunschweig wird kein zweites Werder Bremen.
Es gab mehrere Versuche, den Verein von linker Seite zu unterwandern, auf dies ließ sich die Fanszene aber nicht ein und blieb ihrem unpolitischen Weg weiterhin treu. Politik wird im Stadion nicht ausgelebt.
Stefan: Die Ultras haben natürlich durch ihre eher gemäßigteren Themen einen weitaus besseren Kontakt zum Verein und sind dadurch auch in der Öffentlichkeit weitaus akzeptierter, als die erlebnisorientierte Szene. Man kann sich sicherlich sagen, dass man mit diesem Hobby keine große Lobby in der Gesellschaft bekommen wird. Männer, die sich im Kampf messen, sind heutzutage einfach nicht gern gesehen und werden schnell als Schläger abgestempelt.

 

Der III. Weg: Vor Kurzem hat sich euer Verein von einem Nationalisten distanziert, der Fotos vor dem Stadion geschossen hat. Wie wurde das in der Fankurve behandelt?

Robert: Es gibt bestimmt den ein oder anderen, der sich daran stört, aber es ist nur ein Bild…
Stefan: Auch hier gab es natürlich wieder geteilte Meinungen. Die Hoolfraktion hat diese Aktion des Vereins eher als lächerlich empfunden, da mit diesem Foto gar kein Zusammenhang zu dem Verein Eintracht Braunschweig hergestellt werden konnte. Jeder kann sich doch vor dem Stadion ablichten lassen und dabei würde niemand auch nur auf die Idee kommen, jemanden von der Fraktion der Linken aufgrund dessen ein Hausverbot zu erteilen. Nur eben bei dieser Person wurde solch ein politischer und medialer Druck aufgebaut, dass man einfach nur darüber lachen konnte und sich stirnrunzelnd gefragt hat, warum nicht mehr Rückgrat bewiesen wurde.

 

Der III. Weg: Haben nationalgesinnte Fangruppen zu lange nach dem Motto agiert „Fußball und Politik zu trennen“ und nicht gemerkt, wie linke Fangruppen das Ruder übernehmen?

Robert: Durch immer wieder stattfindende Generationswechsel und die Ausweitung der Fanprojekte mit ihrer Arbeit gegen Rechts wird scheinbar „links sein“ immer salonfähiger. Dies überträgt sich bemerkbar auch immer wieder auf viele Fangruppierungen. Presse und Rundfunk tragen ihren üblichen Teil dazu bei, dass „links sein“ immer mehr zur Mode wird.

 

Der III. Weg: Im Bereich der erlebnisorientierten Anhängerschaft (Hooligans) gibt es noch viele nationalgesinnte Trupps. Diese sind aber kaum noch im Stadion anzutreffen. Ist da bei euch auch ein Unterschied zwischen Ultras und Hools festzustellen?

Robert: Es herrscht nach wie vor eine gesunde Einstellung.

 

Der III. Weg: Hat sich in den letzten 10 Jahren bei euch die Fanszene elementar geändert? Oder ist alles wie vorher? Was waren früher die bestimmenden Fangruppen?

Robert: Na klar, in 10 Jahren tut sich einiges. Früher war alles etwas lockerer, heutzutage wird aus einer Mücke ein Elefant gemacht. Die einflussreichste Gruppe waren die Alte Kameraden.

 

Der III. Weg: In der Zeit der totalen Kommerzialisierung des Fußballs, ist da überhaupt noch Platz für Patriotismus und Deutschsein? Oder ist der Fußball nicht schon längst vollends für das normale Volk verloren gegangen?

Robert: Der Fußball macht sich selbst kaputt. Viele Fans überlegen sich, sich vom Produkt Fußball abzuwenden oder haben schon ihre eigenen Fanvereine gegründet. Das Stadion war schon immer ein Treffpunkt vom “kleinen” Arbeiter bis hin zum “großen” Manager und das hat den Fußball über die ganzen Jahre ausgemacht. Das sollten die Verantwortlichen des Fußballs einfach nicht vergessen. Der Fußball lebt von seinen Fans.

 

Der III. Weg: Bei den Coronaprotesten in Leipzig haben auch viele patriotische Fußballfans Flagge gezeigt, in anderen Ländern (Türkei, Ukraine, Ägypten) haben Fußballfans oft regierungskritische Proteste stark unterstützt und vorangebracht. Wie bewertest du das?

Robert: Die Bewegung beim Fußball, angefangen bei den Hools bis hin zu den Ultras, ist heutzutage immer noch eine der größten Jugendbewegungen Deutschlands. Fußballfans haben in der Vergangenheit immer wieder regierungskritische Demonstrationen organisiert. Umso unverständlicher ist es, dass bis jetzt nur so ein kleiner Teil weiterhin für ihre Freiheit und ihre Rechte kämpft.

 

Der III. Weg: Denkst du, ein Bündnis nationalgesinnter Fußballfans wäre eine Idee, die Lage in und außerhalb der Kurven positiv zu verändern?

Robert: Ich persönlich bin ein Freund davon, dass sich Gruppen zusammenschließen und für das gleiche Ziel kämpfen.

 

Der III. Weg: Auf Ebene der Nationalmannschaft findet man ja gerade bei Auswärtsspielen noch viele Nationalgesinnte. Wieso ist dem so und wird das aus deiner Sicht so bleiben?

Robert: Hooligans besuchen seit Jahrzehnten die Spiele der Nationalmannschaft. Das hat sich zu einer gewissen Tradition entwickelt. Ob das so bleiben wird, kann ich schwer sagen. Ich denke, da werden in Zukunft mehrere Faktoren eine Rolle spielen. Unter Anderem könnte es durch personalisierte Tickets schwieriger werden, dann geschlossen ein Stadion zu besuchen.

 

Der III. Weg: Vielen Dank für das Gespräch.

×

Schneller und einfacher Kontakt über WhatsApp - Einfach auf den unteren Button klicken!

 

Kontakt über Threema unter der ID:
Y87HKB2B

×