Milliarden-Geschäft statt Volkssport: Turbokapitalismus im Fußball
Der Fußball ist die beliebteste Sportart der Welt. 300 Millionen Menschen weltweit jagen aktiv in Vereinen dem runden Leder nach. Auch in Deutschland handelt es sich um den Volkssport Nummer eins. Viele Liebhaber des Sports üben ihn nicht nur selbst aus, sondern sind auch Anhänger eines größeren Vereins. Doch hier verteilt sich die Aufmerksamkeit in den letzten Jahrzehnten immer ungleichmäßiger. Während früher noch eine starke Verwurzelung mit dem regionalen Verein als Vertreter des eigenen Viertels, der eigenen Stadt, der eigenen Region stattfand, konzentriert sich das Interesse heute zunehmend auf Spitzenvereine.
Dieser Prozess ist auch auf eine zunehmende Kommerzialisierung des Sports zurückzuführen. Der Fußball wird heute von profitgeilen Investoren als gewaltiger Wachstumsmarkt wahrgenommen. Insbesondere die globale Strahlkraft von Vereinen weckt Begehrlichkeiten. Die zunehmende Einflussnahme von Investoren in den Sport führt unterdessen auch zu einem wachsenden Ungleichgewicht im Sport. Aufgrund astronomischer finanzieller Mittel stoßen Spitzenvereine heute in Sphären vor, in die andere Vereine nicht mehr gelangen können. So ist Erfolg heute vorwiegend vom Geld abhängig.
Offenbar herrscht in den Vorständen der Vereine daher eine maßlose Gier. Deshalb werden Funktionäre stets von einer Frage beherrscht: Wie kann man den Profit maximieren? In der logischen Konsequenz wollten nun die Eliten des europäischen Fußballs eine Liga gründen, in der sie unter sich bleiben. Sowohl in den nationalen Ligen als auch in der Champions League mussten die Top-Vereine noch gegen verhältnismäßig „kleine“ Vereine antreten. Naheliegend war daher die Gründung einer eigenen Liga.
In der Super League sollten 15 Vereine fester Bestandteil sein, fünf weitere sollten sich nach einem nicht näher benannten Modus qualifizieren können. Bei den beteiligten Vereinen fällt auf, das viele bereits ausländische Mehrheitseigner haben. So der FC Chelsea (russischer Jude Roman Abramowitsch), der AC Mailand (Elliott Management Corporation, Hedgefonds des amerikanischen Juden Paul Elliott Singer), Tottenham Hotspur (ENIC-Group, auf den Bahamas registrierte Investment-Firma des jüdischen Tavistock-Eigentümers Joe Lewis) oder Manchester United (Glazer-Familie, Familie des amerikanischen Juden Malcolm Glazer). Die Vereine sollten in zwei 10er-Gruppen je ein Hin- und ein Rückspiel austragen. Anschließend wäre eine K.-o.-Phase gefolgt. Insgesamt sollten 193 Spiele stattfinden, allesamt unter der Woche. Das Motto der Liga sollte „Die besten Klubs. Die besten Spieler. Jede Woche“ sein.
Direkter Finanzier sollte die amerikanische Bank JPMorgan Chase sein. Die größte Bank der USA hat einen Jahresumsatz von mehr als 115 Milliarden US-Dollar. Jährlich sollten 3,5 Milliarden Euro von der New Yorker Bank an die Super League fließen. Um Steuern zu vermeiden, sollten Einnahmen der Liga nach Luxemburg transferiert werden, das als Steuerparadies gilt. Die beteiligten Vereine sollten sich verpflichten, für 23 Jahre fix in der Liga zu spielen. Inklusive Zinsen hätte JPMorgan Chase einen Gewinn von 6,1 Milliarden Euro aus dem Projekt gezogen. Für die Vereine wären Schätzungen zufolge bis zu 700 Millionen Euro pro Saison herausgesprungen.
Zu durchsichtig: Projekt nach Protesten vorerst auf Eis
Unmittelbar nach der Ankündigung der Liga erhob sich massiver Protest. Nicht nur Fans der beteiligten Klubs, sondern auch führende Fußballfunktionäre protestierten. Das Projekt hätte selbstverständlich massive Auswirkungen auf die bestehenden Ligen gehabt und für ein weiteres Ungleichgewicht im Fußball gesorgt. In England blockierten beispielsweise Fans den Anfahrtsweg des FC Chelsea vor einem Liga-Spiel. Verbände wie die UEFA, die Premier League, die italienische Serie A und die deutsche Bundesliga veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung, in der sie bekundeten, das „zynische Projekt stoppen zu wollen“. Den beteiligten Vereinen wurde sogar ein Ausschluss aus den bestehenden Ligen und den beteiligten Spielern ein Verbot, an Länderspielen teilzunehmen, angedroht. Selbst Politiker wie der italienische Ministerpräsident Mario Draghi verurteilten die Pläne.
Aufgrund dieser unerwartet heftigen Gegenreaktion traten zunächst die englischen Vertreter von den Plänen zurück. Dem schlossen sich sämtliche Vereine bis auf Real Madrid und der FC Barcelona an, sodass das Projekt nur 48 Stunden nach seiner Bekanntgabe schon wieder Geschichte war.
Doch die Macher hinter der Liga geben offenbar nicht auf. In einer Erklärung spricht man von „Weiterentwicklung“ und von „Ressourcen und Stabilität für die gesamte Fußballpyramide“.Weiter heißt es: „Die European Super League ist davon überzeugt, dass sich der aktuelle Status Quo des europäischen Fußballs ändern muss. Wir schlagen einen neuen europäischen Wettbewerb vor, weil das bestehende System nicht funktioniert.“ Die Erklärung endet mit einer klaren Ansage: „In Anbetracht der aktuellen Umstände werden wir die am besten geeigneten Schritte zur Neugestaltung des Projekts überdenken, immer mit dem Ziel vor Augen, den Fans das bestmögliche Erlebnis zu bieten und gleichzeitig die Solidaritätszahlungen für die gesamte Fußballgemeinschaft zu erhöhen.“
Das Projekt ist also noch nicht am Ende und die Pläne könnten in anderer Form wieder aufgenommen werden. Unabhängig davon, ob diese neue Fußball-Oligarchie kommt, wird sich an der generellen Entwicklung des „modernen Fußballs“ nichts ändern. Das bestehende System ist krank und ein Abbild des Kapitalismus. Der wahre Fußball lebt von seiner Basis und kann nur durch diese eine bessere Zukunft erfahren.