„Freie Sachsen“-Affäre: Quo vadis AfD?

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Die AfD hat die Partei „Freie Sachsen“ auf ihre Unvereinbarkeitsliste gesetzt. Zuvor wurde ein AfD-internes Dossier über die „Freien Sachsen“ im Stile eines Verfassungsschutzberichts bekannt. Der Vorgang hat den ohnehin offenen Konflikt zwischen radikalen und liberalen Kräften in der AfD noch weiter verschärft. Auch aus dem politischen Vorfeld dringt scharfe Kritik. Gelingt es den radikalen Kreisen in der AfD, die Partei unter ihre Kontrolle zu bringen? Oder bestätigt sich das, was Kritiker schon lange unterstellen und die AfD entwickelt sich weiter zu einer„CDU 2.0.“? Wir analysieren, welche Entwicklungen denkbar sind und was das für die nationalrevolutionäre Bewegung bedeutet.

 

Heftig umstritten: Die Unvereinbarkeitsliste

Erst sollten die „Freien Sachsen“ mit der AfD „unvereinbar“ sein, dann doch nicht und nun wieder schon. In der Frage um das Verhältnis zu der Partei hat die AfD einen Zickzack-Kurs eingeschlagen. Die „Freien Sachsen“ gehören zu den prominentesten Akteuren im Widerstand gegen die Corona-Diktatur. Auf Telegram folgen rund 150 000 Menschen der Partei. Prominente Gesichter sind der Rechtsanwalt Martin Kohlmann (Pro Chemnitz), Stefan Hartung (NPD) und Michael Brück (Ex- Die Rechte). Bekannt sind die „Freien Sachsen“ vor allem für ihre Telegram-Postings, die perfekt den Nerv der Demonstranten in Sachsen treffen. Egal ob humoristische Beiträge über Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) oder die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss über die Polizeigewalt gegen Spaziergänger, die Berichterstattung der „Freien Sachsen“ kommt an zwischen Vogtland und Muldental. Zahlreiche reichweitenstarke Telegramkanäle der politischen Rechten teilen Beiträge der Freien Sachsen.

Nun hat der Bundesvorstand der AfD ein Dossier über die „Freien Sachsen“ erstellt, das einem Verfassungsschutzbericht ähnelt. Darin beschäftigt sich die AfD unter anderem mit der Finanzierung der Freien Sachsen, Protagonisten der Partei und auch der Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Das Dokument lässt tief blicken in die Denkweise der verantwortlichen AfD-Apparatschiks. So wird kritisiert, dass die „Freien Sachsen“ zur Solidarität mit denen aufrufen, „die aufgrund staatlichen Terrors und Arbeit und Einkommen verlieren, oder in der Gefahr stehen, es bald zu verlieren.“ Generell stößt sich die „Alternative“ an der Rhetorik der „Freien Sachsen“. Auch Formulierungen wie „Mitarbeiter der Kretschmer-Miliz“ oder „Kretschmer-Söldner“ seien potenziell „staatsfeindlich“. In den Augen der neuen PC-Polizisten der AfD verwenden die „Freien Sachsen“ eine „militante Bürgerkriegsrhetorik“. Auch gegen den „III. Weg“ schießt der Bericht, der streckenweise einer Antifa-Arbeit ähnelt. Am Rande bemerkt strotzt das Dokument vor Fehlern, so wird beispielsweise behauptet, die „Freien Sachsen“ säßen in „Fraktionsstärke im Stadtrat der Stadt Cottbus“.

Am Ende ihres Dossiers kommen die Autoren zu dem Schluss, dass Mitgliedern der „Freien Sachsen“ die Mitgliedschaft in der AfD verwehrt werden müsse. Die „Freien Sachsen“ seien eine Konkurrenz und zudem staatsgefährdend. Die „Freien Sachsen“ müssten daher auf die Unvereinbarkeitsliste der Partei aufgenommen werden.

Dabei handelt es sich um eine lange Liste von Organisationen, die mit der Partei unvereinbar sein sollen. Wer bei einer dieser Organisationen Mitglied war oder ist, soll nicht in die AfD aufgenommen werden. Diese Liste hat schon in der Vergangenheit immer wieder für Diskussionen gesorgt. Erinnert sei hier an den Fall Andreas Kalbitz.  Zahlreiche Organisationen befinden sich auf der Liste, die eigentlich zum politischen Vorfeld der Partei gehören, wie beispielsweise die „Identitäre Bewegung“.

Mit dem Bekanntwerden des „Freien Sachsen“-Dossiers ist ein Sturm der Entrüstung über die AfD hereingebrochen. Zahlreiche externe Kritiker aus der politischen Rechten haben sich zu Wort gemeldet, doch auch innerhalb der Partei regt sich Widerstand. So hat der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke angekündigt, die Unvereinbarkeitsliste auf den Prüfstand stellen zu wollen. Er kritisierte, „dass die Unvereinbarkeitsliste in ihrem Fokus zu sehr verengt“ sei und kündigte eine Überprüfung auf dem kommenden Bundesparteitag an. Dabei bemängelte Höcke unter anderem, dass beispielsweise ehemalige Mitglieder der „Grünen“ und aktive Mitarbeiter des Verfassungsschutzes und anderer Geheimdienste problemlos Mitglieder der Partei werden könnten. Die „Freien Sachsen“ stufen Höcke und Stefan Möller, Sprecher des Thüringer AfD-Landesvorstands, als „konkurrierende Partei“ ein.

 

Wie geht es weiter mit der AfD?

Mit dem Austritt des äußerst umstrittenen Ex-AfD-Vorsitzenden Jörg Meuthen haben die radikalen Kräfte innerhalb der AfD einen Sieg errungen. Doch offenbar war dieser Sieg weit weniger bedeutend, als von nationalen AfD-Sympathisanten erhofft. Der Beschluss, die „Freien Sachsen“ auf die Unvereinbarkeitsliste zu setzen, zeigt, dass die AfD weiterhin eher in Richtung einer CDU 2.0. neigt, denn tatsächlich zu einer „Alternative für Deutschland“ zu werden. Jedem radikalen Nationalisten muss die Unvereinbarkeitsliste die Zornesröte ins Gesicht treiben. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob sich substanzielle Veränderungen in der AfD ergeben werden, oder ob die Partei den bisherigen Kurs weiterfahren wird.

Gelingt es, die Unvereinbarkeitsliste abzuschaffen, verlieren Kritiker der Partei ein Argument. Doch danach sieht es momentan nicht aus. Die Aussagen von Björn Höcke und Konsorten können mehrdeutig interpretiert werden, auch dahingehend, dass die Liste im Ergebnis nur erweitert wird. Das Konzept einer Mischung aus radikalen und liberalen Kräften ist jedoch längst gescheitert. Immer mehr radikale Vertreter werden ausgeschlossen, immer mehr liberale Kräfte treten aus. Wenn die AfD so weiter macht und beispielsweise an der Unvereinbarkeitsliste festhält, müssen sich radikale Kräfte in der Partei die Frage stellen, ob die AfD weiterhin ihre politische Heimat darstellen kann.

Es darf nicht vergessen werden, dass es derzeit sehr wohl noch aufrechte Nationalisten in der Partei gibt. Hier sollte man sich die Frage stellen, ob man tatsächlich unter Menschen ist, denen es primär um das deutsche Volk geht oder ob nicht andere Interessen im Vordergrund stehen. Ab welchem Punkt ist auch dem Letzten klar, dass die AfD zur CDU 2.0. geworden ist?

Sollten sich die radikalen Kräfte innerhalb der AfD durchsetzen, wird es für die nationalrevolutionäre Bewegung noch schwerer, sich von der AfD zu emanzipieren. In jedem Fall muss es jedoch gelingen, eine eigene und tiefgreifendere Analyse des Kapitalismus vorzulegen und inhaltlich neue Antworten zu geben. Sollte der alte Parlamentarier-Geist und der Drang zu jedem staatlichen Futtertrog jedoch stärker sein, wird ein Exodus von Nationalisten aus der AfD und ihren Vorfeldorganisationen einsetzen. Hier liegen für die nationalrevolutionäre Bewegung Potenziale, die erfasst und aufgefangen werden müssen.

1 Kommentar

  • Es gibt aufrechte Patrioten in der AfD,ohne Zweifel.In der „West-BRD“ wird sie im Politnirwana verschwinden,ähnlich wie es den REP erging.Eines werd ich nie kapieren-und ich bin 25 Jahre politisch aktiv-: Immer diese „Selbstzerfleischung“ an und für sich gleichgesinnter Parteien.

    ewald ehrl 14.02.2022
  • 2/3 der AfD-Mitglieder sind in Systemparteien sozialisiert worden und weltanschaulich nicht gefestigt. Sie verstehen nicht mal ansatzweise nach welchen Mechanismen in der BRD Politik funktioniert und stolpern brav in jede Falle des Systems. Schlimmer noch, sie wollen das System erhalten und bloß „akzeptiert“ werden als CDU-Wurmfortsatz. Die strategische und taktische Dummheit und Lernunfähigkeit der AfD überrascht und ekelt mich immer wieder.

    Konrad 13.02.2022
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