Der Streit um „Die Judensau“ ist so alt wie sie selber, könnte man meinen. In den letzten Jahren wurde unzählige Male diskutiert und gestritten, nicht selten vor Gericht. Was ist sie nun, die „Judensau von Wittenberg“? Mahnmal oder Schandmal?
Auf dem Marktplatz der Lutherstadt Wittenberg steht sie, die unter Denkmalschutz stehende Stadtkirche aus dem 13. Jahrhundert, die als Mutterkirche der Reformation bekannt ist und in der Luther predigte. Und an dieser wiederum befindet sich ein Relief aus dem 13. Jahrhundert. Und zwar nicht irgendeins, sondern eins von fast 30 in der BRD bekannten Darstellungen der „Judensau“.
Es zeigt zwei an ihren Zitzen saugende Juden und einen, der ihr in den Allerwertesten schaut. Der Gemeindekirchenrat entschied im Rahmen von Sanierungsarbeiten 1983, das Relief an Ort und Stelle zu belassen. Diese Entscheidung wurde damals übrigens mit der jüdischen Gemeinde gemeinsam getroffen. In Form einer Bodenplatte und einer erklärenden Tafel vor der Kirchenwand wurde das Relief einen einem Mahnmal ähnlichen Charakter gegeben. Nun sei dem Schuldkult genüge getan, sollte man meinen. Doch einem bereitet die Sau nach wie vor schlaflose Nächte, dem zum Judentum konvertierten Dietrich (Michael) Düllmann, seines Zeichens linker verurteilter Straftäter und Leiter einer jüdischen Gemeinde.
Der Fall um die Entfernung des fast 800 Jahre alten Reliefs landete nun vor dem Bundesgerichtshof, das sinngemäß wie folgt urteilte: Der Kläger könne nicht die Entfernung verlangen, weil es an einer „gegenwärtigen Rechtsverletzung“ fehle. Die Kirchengemeinde habe den ursprünglich rechtsverletzenden Zustand dadurch beseitigt, indem eine Bodenplatte sowie ein Aufsteller angebracht wurden. Die beklagte Kirche hat sich erfolgreich vom Inhalt des Reliefs distanziert. Isoliert betrachtet verhöhne und verunglimpfe das Relief das Judentum als Ganzes. Durch diese Darstellung werde direkt auch der Geltungs- und Achtungsanspruch eines jeden in Deutschland lebenden Juden angegriffen, denn „diese Personengruppe ist durch den nationalsozialistischen Völkermord zu einer Einheit verbunden, die sie aus der Allgemeinheit hervortreten lässt„. Kläger Düllmann indes hat schon angekündigt, vors Bundesverfassungsgericht zu ziehen.
Auf der anderen Seite müssen wir dem Juden Düllmann aber auch mal Danke sagen, da er mit seiner unnachgiebigen öffentlichkeitswirksamen Streitlust den Judensau-Reliefs zu einem gewissen Bekanntheitsgrad verholfen hat. Noch vor Jahren war deren Existenz nur ein paar wenigen Interessierten bekannt. So geht jetzt manch einer auf die Suche nach antisemitischen Reliefs an Kirchen im Heimatort oder anderswo. Diese kann man sehr einfach in unserem „Reiseführer Deutschland“ auf unserer Netzseite finden.
Nach dem „Dokumenta-Debakel“ hat es den Anschein, als müßte von nun an auch die BRD-Kulturkammer bei all ihren Veranstaltungen immer einen Stapel „Bodenplatten und Aufsteller mit erläuterndem Text“ dabeihaben. /X=D