Ein Erlebnisbericht
Aktivisten unseres lokalen Stützpunktes und weiterer umliegender Stützpunkte trafen sich im Juli 2022 zu einer ganz besonderen Tour durch die fränkische Heimat: Mit unseren Familien stiegen wir in Kanus und erlebten auf der Fränkischen Saale die heimische Natur an einem Sommertag einmal aus einer ganz anderen Perspektive.
Die Fränkische Saale windet sich etwa 140 km vom Fuße der Haßberge durch die Vorrhön und mündet in Gemünden im Spessart in den Main. Für die Kanutour wählten wir einen Abschnitt von etwa 20 km, dessen Befahrung aber durchaus tagesfüllend war.
Auf geht’s
An diesem Sonntag hieß es für manchen von uns früh aufstehen, um Brotzeit vorzubereiten und auf der Hinfahrt Kameraden einzusammeln; es stand ein langer, aber wundervoller Tag bevor.
Die Fahrzeuge wurden am Endpunkt abgestellt und wir fuhren mit dem Zug zur Einstiegstelle, die nochmal einen kurzen Fußmarsch vom Bahnhof entfernt war. Die Zugfahrt verschaffte uns bereits einen flüchtigen Eindruck über die Strecke, die uns an dem Tag noch bevorstand.
Die erfahrenen Kanuten unter uns hatten bereits Badekleidung an, andere wählten sportliche Alltagskleidung. Dass die Badekleidung die bessere Wahl darstellt, stellte sich im Verlauf des Tages noch mehrfach heraus.
Eine wackelige Angelegenheit
An der Einstiegstelle wurden die Habseligkeiten in vermeintlich wasserdichte Säcke und Tonnen verstaut, in die Kanus verladen und diese dann ins Wasser gesetzt. Der Einstieg gestaltete sich nur für die Kinder leicht, die fröhlich in die Kanus hüpften. Für viele andere war es eine sehr wackelige Angelegenheit, der Einstieg erfolgte gefühlt in Zeitlupe.
Als nun alle sicher in den Paddelbooten Platz genommen hatten, startete die vergnügliche Tour. Wir wollen die Fränkische Saale auf Talfahrt nehmen, wie die Flussschiffer es nennen. Doch die vermeintlichen Kapitäne und Matrosen mussten erst einmal ein Gefühl für die Steuerung der Wasserfahrzeuge gewinnen. Die Bewältigung der ersten Flussmeter war ein Zickzackkurs, der für manche Besatzung mehrfach durch eine unaufhaltsame Fahrt ins Ufer abrupt gestoppt wurde. Hier musste das Kanu dann wieder durch beherztes Abstoßen und Rückwärtsrudern aus dem weichen Uferbereich befreit werden.
Als dann nach einiger Zeit zumindest das Kanu nicht ins Ufer gefahren wurde, ließ es sich auf Grund der beschränkten Fahrkünste nicht vermeiden, den ein oder anderen in den Fluss hängenden Baum zu unterqueren. Dies lies so manchen die Äste ins Gesicht peitschen oder gar den Strohhut vom Kopf reißen, der (zum Glück an der Wasseroberfläche schwimmend) wieder eingesammelt werden musste.
Erstes Kräftemessen
Nach einiger Zeit hatten dann die Besatzungen ihre Boote im Griff und es entbrannte immer wieder ein Wettstreit, welche Mannschaft die schnellere ist. Vielfach endeten aber diese Wettrennen in den Uferbereichen, da durch das schnelle Paddeln die Steuerung vernachlässigt wurde.
Nach ein paar Flusskilometern kamen die ersten Stromschnellen, in die sich so mancher tollkühn stürzte. Doch das ein oder andere Boot kenterte kurz nach Passierung der Stromschnelle, da die Besatzungen das Gleichgewicht nicht halten konnten. Die Stromschnelle endete damit in einem ungewollten, kühlen Bad. Nass von Kopf bis Fuß musste die Besatzung die verlorenen Gegenstände schnell wieder einsammeln, damit sie nicht davongetrieben wurden. Hier zeigte sich schnell, wie gut sich Badekleidung für eine Kanufahrt eignet. Und natürlich löste das ungewollte Bad bei allen anderen ein herrliches Gelächter aus.
Als das Boot wieder ausgeleert und aufgerichtet war, ging die Tour in durchnässter Kleidung weiter. Obwohl der Himmel von Wolken bedeckt war, schien die Sonne heiß genug, um die Kleidung am Körper oder im Boot ausgebreitet trocknen zu lassen.
Etwa auf der Hälfte der Strecke lag der erste Umstieg (ein Wehr musste umgangen werden), der zu einer ausgedehnten Pause genutzt wurde. Hier stellte die gekenterte Mannschaft dann fest, dass die angeblich wasserdichten Behältnisse nicht der Einschätzung entsprachen und der Inhalt teilweise triefend nass war. Das war es dann mit der trockenen Wechselkleidung. Glücklicherweise erlitten die elektronischen Geräte keinen Schaden.
Mit jedem Meter schwerer
Die Kanus mussten ca. 500 m bis zum nächsten Einstieg über eine Wiese gezogen werden und wurden scheinbar jeden Meter etwas schwerer. Von der „Wanderung“ erschöpft, kenterte eine Gruppe direkt am Einstieg und die in der Pause zum Trocknen aufgehängten Kleidungsstücke waren sofort wieder durchnässt. Für die im Wasser unangenehm, für die nicht Gekenterten umso amüsanter. Glücklicherweise konnte man an der Einstiegsstelle dann relativ bequem einsteigen.
Und es ging mit der zweiten Hälfte weiter. In diesem Abschnitt zeigte die Fränkische Saale nun ihren Abwechslungsreichtum von seichten Stellen mit reißender Strömung, die anschließend in seenartige, tiefe und breite Abschnitte aufgingen. Hier machten wir nicht so schnell Strecke, aber die durch die Baumwipfel scheinende Sonne erzeugte ein Schauspiel aus Licht und Schatten und die Strahlen glitzerten auf der Wasseroberfläche, die durch leichte Sommerbrisen in Bewegung gesetzt wurde.
Im Einklang mit der Natur
Dies lud uns zum Verweilen und Genießen. Hierbei konnten wir Vögel an den baumbesäumten Ufern sehen, die darauf lauerten, einen Fisch oder ein anderes Wassertier zu ergattern, und Fische beobachten, die in die Luft sprangen, wohl um Insekten zu schnappen. Knapp über der Wasseroberfläche sitzend, konnten wir der Schönheit der Natur auf Augenhöhe begegnen und fühlten uns als Teil von ihr. Mit der Natur in Einklang zu leben, ist die einzige Möglichkeit, diese zu erhalten und ihren Facettenreichtum zu bewahren.
Trotz der Genießerpäuschen mussten wir weiter kommen und nahmen paddelnd Kilometer für Kilometer. Mittlerweile hatten wir unsere Kanus im Griff, der ein oder andere konnte, ohne ins Wasser zu fallen, sogar im Boot stehen.
Aber Übermut kommt bekanntlich vor dem Fall: Natürlich versuchten wir immer wieder gegenseitig, unsere Kanus zum Kentern zu bringen. Ein Sprichwort sagt ja: „Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein“. Es war zwar keine Grube, aber das Wasser. Das andere Boot wurde zwar „versenkt“, allerdings kenterte gleichzeitig auch das eigene Kanu. Also doch eher ein Pyrrhussieg für das Enterkommando. Gemeinsam wurden dann die Kanus im tiefen Wasser, das nicht einmal ein Stehen im Fluss zuließ, aufwendig wieder einsatzbereit gemacht und bei beinahe nochmaligem Kentern vom steilen Ufer aus bestiegen.
Die letzten Kilometer waren die anstrengendsten und forderten auch die Ausdauer der Sportler heraus, denn die Bewegungen waren doch eher ungewohnt für die Kanuten. Kurz vor 18 Uhr wurde dann von allen der „Zielhafen“ erreicht, die Boote vom Uferschlamm der missglückten Lenkmanöver sauber gewaschen und wer noch trockene Kleidung hatte, zog sie sich an.
Bei einem gemeinsamen Essen ließen wir den wunderschönen Tag in starker Gemeinschaft und überwältigender Natur Revue passieren.