Die irische Regierung wollte per Volksabstimmung zwei Verfassungsänderungen durchdrücken. Demnach sollten Familien als „dauerhafte Verbindungen“ gelten und das Wort „Mutter“ gestrichen werden. Doch das irische Volk hat sich deutlich dagegen ausgesprochen. Irlands Regierungspräsident Leo Varadkar ist offen schwul und der Sohn eines Inders. Seine Organisation „Fine Gael“ versteht sich als Partei der „progressiven Mitte“ und wird dem Liberalismus zugeordnet. Generell ist die herrschende Politik in Irland durch starke linksliberale Kräfte geprägt. In jüngster Vergangenheit hatte Irland jedoch auch durch militante Anti-Migrationsproteste für Aufsehen gesorgt.
Das irische Volk sagt „Nein“!
Am 8. März, dem Weltfrauentag, wollte die irische Regierung mit zwei Verfassungsänderungen für Aufsehen sorgen. Im geplanten Verfassungsentwurf sollte das Wort „Familie“ durch „dauerhafte Beziehungen“ ersetzt werden. Für Regierungspräsident Leo Varadkar eine „sehr altmodische Formulierung“. Kritiker der Verfassungsänderung sahen in ihr ein Einfallstor für die staatliche Förderung islamischer Vielehen und linker Beziehungsmodelle. Die Volksabstimmung zeigte nun, dass die Gegner der Verfassungsänderung das Volk auf ihrer Seite haben. 67,7 Prozent der Wähler stimmten gegen die Verfassungsänderung. Das entspricht mehr als einer Million Stimmen.
Im zweiten Änderungsantrag sollte der Begriff „Mutter“ neu definiert werden. So sollte die Passage „Durch ihr Leben zu Hause leistet die Frau dem Staat eine Unterstützung, ohne die das Gemeinwohl nicht erreicht werden kann“ gestrichen werden. Auch die Formulierung „Der Staat soll sich daher darum bemühen, sicherzustellen, daß Mütter nicht aus wirtschaftlicher Notwendigkeit gezwungen werden, Lohnarbeit aufzunehmen und dadurch ihre Pflichten im Haushalt vernachlässigen zu müssen“ sollte nach dem Willen der Herrschenden gestrichen werden. Dieser Antrag wurde sogar noch von einer deutlicheren Mehrheit abgelehnt: 74 Prozent der Wähler lehnten diesen Antrag ab.
Die Wahlbeteiligung bei den Abstimmungen lag bei 44 Prozent. In vorherigen Abstimmungen hatten die Iren bislang ihrer linksliberalen Regierung Gefolgschaft geleistet. So stimmten sie beispielsweise für die völlige Gleichstellung der Homo-Ehe mit der Ehe zwischen Mann und Frau und für die Abschaffung des Abtreibungsverbots. Regierungschef Leo Varadkar sprach daher in einer ersten Reaktion von einem „herben Schlag“ durch das Volk. Auch linksliberale NGOs gaben sich angesäuert. Orla O’Connor, Direktorin des Nationalen Frauenrates, nannte das Wahlergebnis eine „reaktionäre Botschaft, (…) welche die Realität nicht widerspiegelt“.
Die irische Regierungspartei „Fine Gael“ wird dem Liberalismus und der Christdemokratie zugeordnet. Sie versteht sich als Partei der „progressiven Mitte“ und unterstützt die EU-Integration ihres Landes. Auf europäischer Ebene ist sie Mitglied der Europäischen Volkspartei (EVP) und damit unter anderem Bündnispartner von CDU und CSU in der BRD sowie der ÖVP in Österreich. Regierungspräsident Leo Varadkar ist der Sohn eines in Bombay geborenen indischen Arztes und outete sich 2015 als erster irischer Minister als schwul.
Im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten gibt es in Irland kein relevantes Pendant zu AfD, Schwedendemokraten, VOX und Konsorten. Dennoch oder gerade deswegen sorgte Irland im vergangenen Jahr durch massive Anti-Migrationsproteste für internationale Schlagzeilen. Mit der Verteidigung der Verfassung gegen linksliberale Gesellschaftsdystopien hat Irland nun also erneut mit einer positiven Nachricht ein Ausrufezeichen gesetzt. Wann wird der nächste Schritt erfolgen und sich auch in Irland endlich eine nationalrevolutionäre Bewegung bilden, die den Willen des Volkes trägt, ohne dabei in die altbekannten bürgerlichen Muster populistischer Schaumschläger zurückzufallen?